KWK fürs Seniorenheim

Wirtschaftliche Wärmeversorgung

Eine Seniorenanlage am Rande von Augsburg erzeugt ihren Wärme- und Strombedarf dezentral selbst. Das seit Kurzem abgeschlossene Projekt zeigt beispielhaft, wie mit einer effizienzoptimierten KWK-Lösung eine wirtschaftliche und klimafreundliche Wärmeversorgung realisiert werden kann – und wie qualifizierte SHK-Fachbetriebe, Planer und Anlagenbauer den Weg frei machen für eine erfolgreiche Wärmewende im Gebäudesektor.

Rund 5 % des Jahresumsatzes von Alten- und Pflegeheimen fließen alleine in die Wärme- und Stromversorgung. Davon entfallen 70 % auf Heizung und Beleuchtung und 30 % auf elektrische Energie. Vorliegende Studien sehen ein Einsparpotential in Pflegeeinrichtungen von rund 30 % bei Strom- und rund 50 % bei Wärme.
Eine wirtschaftliche, stabile und zugleich umweltfreundliche Wärmeversorgung kann auf Basis hochentwickelter Blockheizkraftwerk-Lösungen (BHKW) und intelligenter Steuerungssysteme umgesetzt werden. Verbunden mit einer fachgerechten Installation, Betriebsweise und Betreuung der Anlagen ermöglicht die Technologie eine energieeffiziente Versorgung im Neubau und Gebäudebestand.
BHKW als Lösung
Spitzenlastfähige BHKWs erzeugen auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gleichzeitig Strom und Wärme und nutzen die eingesetzte Primärenergie entsprechend effizienter als herkömmliche Anlagen mit getrennter Produktion (siehe auch Infokasten: Prinzip Kraft-Wärme-Kopplung). BHKW können mit konventionellen aber auch mit regenerativen Brennstoffen betrieben werden. Mit Einbau einer KWK-Anlage werden zudem die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) erfüllt. Zusätzlich bestehen verschiedene Fördermöglichkeiten, die eine Investitionsentscheidung begünstigen können.
Einsparpotentiale steigen mit dem Energiebedarf
In Deutschland gibt es weit über 13.000 Senioren- und Pflegeheime. Der Betrieb der Einrichtungen ist mit hohen Energieaufwänden verbunden, die den ohnehin bestehenden Kostendruck empfindlich verstärken können. Tatsächlich profitieren insbesondere energieintensive Objekte, wie Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime oder Hotels von dem Effizienzprinzip der KWK-Technologie. Ihr gleichbleibend hoher Wärme- und Strombedarf sorgt für optimale Nutzungsgrade und einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb.
Das gilt auch für die seit 1995 von einer privaten gemeinnützigen Stiftung betriebenen Seniorenanlage in Stadtbergen bei Augsburg. Die Anlage bietet Wohnungen für Senioren, Wohngemeinschaften für betreuungsbedürftige Menschen, ein Altenpflegeheim sowie eine hausinterne Sozialstation und eine Tagespflege. Darüber hinaus gehören mehrere Gemeinschafts- und Speiseräume, ein Schwimmbad, Therapieräume sowie ein Restaurant- und Cafeteria-Betrieb zur Einrichtung. Diese Angebotsvielfalt geht mit einem überdurchschnittlich hohen Energieverbrauch einher: Der Verpflegungsbetrieb ist energieintensiv, Bäder und Badeeinrichtungen benötigen warmes Wasser, Gebäude und Flure müssen jederzeit gut beleuchtet sein und ältere Menschen benötigen eine höhere Raumwärme.
Eine umfassende energetische Modernisierung des Stifts wurde beschlossen, als die Wärmeerzeugungsanlage, eine extern mit Strom versorgte Gaskaskadenanlage mit einer Nennleistung von 900 kW, aufgrund des gestiegenen Wärmebedarfs im Pflegebetrieb an ihre Grenzen stieß. Gleiches galt für die Trinkwassererwärmungsanlage (TWE-Anlage). Die hygienetechnisch festgesetzten Betriebstemperaturen für die zwei bestehenden 1.500-Liter-Trinkwarmwasserspeicher konnten nur noch unter extrem hohem Energieaufwand erzielt werden. Eine bedarfsgerechte und zudem klimafreundliche Wärmeversorgung war auf Grundlage der veralteten Anlagentechnologie nicht mehr zufriedenstellend zu gewährleisten.
Energieeffizientes Versorgungskonzept
Vielen sozialen Einrichtungen liegen keine genauen Wärmeverbrauchswerte ihrer oft über Jahrzehnte gewachsenen Gebäudetrakte vor. Mitunter ist kaum nachvollziehbar, wo, wann und wie viel Energie innerhalb des Leistungsgefüges verbraucht wird. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind versorgungstechnische Sanierungen im Bestand oft komplex und erfordern umfassendes Fach- und Erfahrungswissen der planenden und ausführenden Gewerke.
In ihrer Stellung zwischen Industrie und Endkunde tragen SHK Fachbetriebe, Planer und Architekten wesentlich zum Gelingen der Wärmewende bei. Sie leisten die praktische Umsetzung wirtschaftlicher und energieeffizienter Versorgungsstrukturen der Zukunft. Zahlreiche erfolgreiche KWK-Projekte basieren auf der gut vernetzten Zusammenarbeit der verschiedenen beteiligten Akteure.
Beim Projekt in Stadtbergen setzte man auf die Expertise zweier hochspezialisierter Unternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich dezentraler Energielösungen. Als Planungs- und Ausführungspartner wurde die Bezler Sanitär GmbH aus Augsburg beauftragt. Die Entwicklung und Integration der Anlage übernahm die in Hoyerswerda ansässige Yados GmbH (www.yados.de), Spezialist für Energiezentralen mit hocheffizienten Blockheizkraftwerken.
Die Experten entwarfen eine bedarfsspezifische Lösung, die bei angemessenen Investitions- und Nutzungskosten zu einer deutlichen Verringerung des Energiebedarfs und der Betriebskosten beiträgt und die es der Senioreneinrichtung erlaubt, ihre benötigten Strom- und Wärmemengen eigenständig dezentral zu generieren und zu nutzen.
Yados setzte die Lösung mit einem wärmegeführten, auf 8.000 Betriebsstunden pro Jahr ausgelegten BHKW mit einer thermischen Leistung von 80 kW und einer elektrischen Leistung von 50 kW um. Ein Großteil der im KWK-Prozess gewonnenen Wärme sowie rund 400.000 kWh erzeugter Strom werden direkt am Standort verbraucht. Ein zusätzlicher Gas-Brennwertkessel mit einer Heizleistung von 260 kW unterstützt die Versorgung zu Spitzenlastzeiten oder bei einem Anlagenausfall.
Steckerfertiges Komplettsystem
Das BHKW-Aggregat, Kesselanlage, Pufferspeicher und Übergabestation sind als steckerfertiges Komplettsystem in einem mobilen, modular ausbaufähigen Anlagencontainer verbaut. Die modulierende Kesselanlage passt die Leistungsabgabe des Kessels automatisch an die tatsächliche Wärmeabnahme an, die abhängig von der Jahreszeit und wechselnden Warmwasser-Anforderungen schwankt. Eine stufenlose Verbrennungsregelung sorgt für eine geringere Anzahl an Brennerstarts und reduziert so den erforderlichen Energieeinsatz. Der ermittelte Normnutzungsgrad des Brennwertkessels liegt bei knapp über 109 %.
Das vorhandene Trinkwassererwärmungssystem wurde durch eine leistungsstärkere Anlage mit zwei 1000-Liter-Pufferspeichern und zweistufig kaskadierter Speicherladung ersetzt. Das ermöglicht die Nutzung hoher Vorlauftemperaturen und bewirkt heizwasserseitig sehr niedrige Rücklauftemperaturen mit weniger Heizwasservolumenstrom. Die geringere Durchflussrate reduziert den Strombedarf für den Pumpeneinsatz und vermindert Wärmeverluste in der Installation.
Nach Inbetriebnahme der neuen KWK-Anlage verfügt die Wohnanlage heute über eine langfristig flexible, stabile und wirtschaftliche Wärmeversorgung und leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur lokalen Energiewende.
Messe-Tipp

Weitere Informationen zu flexiblen KWK-Lösungen, zu sicherheits- und hygienetechnischen Vorgaben bei der Neuerstellung von Trinkwasser-Erwärmungsanlagen oder zu staatlichen Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten bietet Yados interessierten Installateuren, Planern und
Architekten vom 10.-13.04.2018 auf der IFH/Intherm
(Halle 5; Stand 5.015) in Nürnberg.

Prinzip Kraft-Wärme-Kopplung

Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird vorwiegend in Blockheizkraftwerken (BHKW) umgesetzt. Ein mit fossilem oder regenerativem Brennstoff (Primärenergie) betriebener Verbrennungsmotor treibt einen Synchrongenerator zur Stromerzeugung an. Die dabei anfallende Wärme, gebunden in Abwärmemedien wie Abgase oder Kühlmittel, wird über einen Wärmetauscher in einen sekundären Wasserkreislauf übergeben und kann dann als Heizwasser mit Vorlauftemperaturen zwischen 90 und 95 °C eingesetzt werden. Durch zusätzliche Kopplung mit einer Absorptionskältemaschine (KWKK: Kraft- Wärme-Kälte-Kopplung) lässt sich die Abwärme auch zur Erzeugung von Kälte nutzen. Die mehrfache Nutzung der eingesetzten Primärenergie sorgt für eine hohe Anlagenwirtschaftlichkeit und eine umweltfreundliche Strom- und Wärmeversorgung.

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