Online-Auftragsbörsen

Ignorieren oder mitbieten? Geht es auch handwerkerfreundlich?

Kunden lieben sie, Handwerker weniger. Online-Auftragsbörsen vermitteln Handwerksleistungen häufig zu extrem knapp kalkulierten Preisen. Sollte man sie deshalb ignorieren – oder sind sie beispielsweise zur Neukundengewinnung manchmal auch nützlich?

Die Online-Vermittlung von Dienstleistungen hat sich inzwischen etabliert. Wer etwa einen Handwerker sucht, tut dies immer häufiger online über „MyHammer“, „Quotatis“, „Blauarbeit“, „Undertool“ & Co. Verbraucherstudien zufolge haben schon über die Hälfte der Befragten einen Handwerker im Internet gesucht und gefunden – über Google, zunehmend aber auch über Online-Vermittlungsdienste, Auftragsbörsen oder Handwerksauktionen.

Des einen Freud, …

Der Erfolg von Online-Auftragsbörsen hat mehrere Väter: Ein Faktor ist die wachsende Beliebtheit von Online-Diensten wie Amazon, Ebay, Travelzoo & Co. Warum also nicht auch Handwerksleistungen online ordern? Die Vorteile für Auftraggeber liegen auf der Hand: Sie müssen keine dicken Branchenbücher wälzen, Firmen am Telefon abklappern und Angebote einholen. Schneller und bequemer geht es per Internet. Da einige Online-Vermittlungsdienste nach dem umgekehrten Auktionsprinzip arbeiten – der billigste, zweit- oder drittbilligste Bieter erhält häufig den Zuschlag – kann der Auftraggeber dabei auch noch Geld sparen. Die ganze Bandbreite der Roh- und Ausbaugewerke kommt bei Auftragsbörsen unter den Hammer: Maurer-, Zimmerer-, Dachdecker- und Spengler-, SHK- und Elektro-, Metall- und Fensterbau-, Treppenbau-, Schreiner-, Bodenbelags- oder Malerarbeiten. Für etwa 20 bis 30 % unter der marktüblichen Auftragssumme und mehr gehen die Arbeiten teilweise über den virtuellen Ladentisch.

… ist des anderen Leid!

Auftragsbörsen-Kritiker sehen die Gefahr eines massiven Preis- und Qualitätsverfalls – insbesondere wenn Aufträge nach dem umgekehrten Auktionsprinzip öffentlich versteigert werden. Doch die Betreiber haben dazu gelernt. Während in den Anfangsjahren mit diesem Auktionsprinzip offensiv geworben wurde, veröffentlichen die meisten Betreiber die Angebote inzwischen nicht oder vermitteln lediglich Kontakte. Grundsätzlich muss ein Auftrag nicht unbedingt an den billigsten Bieter vergeben werden. Binnen einer bestimmten Frist kann sich der Auftraggeber für einen beliebigen anderen Bieter entscheiden – oder, wenn ihm kein Angebot behagt, den Auftrag zurückziehen. Doch auch wenn nach Betreiberangaben nur in rund einem Drittel aller Fälle der billigste Bieter den Auftrag erhält: die Angebotspreise liegen meist so nahe beieinander, dass sich selbst das zweit- oder drittgünstigste Angebot für einen Auftragnehmer unterm Strich nicht rechnet. Das umgekehrte Auktionsprinzip und ein häufig schon sehr niedriger Startpreis drücken die Auftragssummen meist soweit in den Keller, dass kein Handwerksbetrieb davon leben kann. Zudem kam und kommt es immer noch vor, dass fachfremde Unternehmen den Auftrag übernehmen, ohne über die nötige Erfahrung, Spezialwerkzeuge und einen Qualifikationsnachweis zu verfügen. Oder es ist schlicht Schwarzarbeit im Spiel. Wird aus diesen Gründen eine Handwerksleistung nicht fachgerecht ausgeführt oder gar mittendrin abgebrochen, gerät ein vermeintliches Schnäppchen für den Auftraggeber schnell zum Desaster…

Jede Auftragsvermittlung „tickt“ anders

Dass billig nicht unbedingt auch gut und Geiz nicht immer geil ist, hat sich mittlerweile bei Kunden, aber auch Portalanbietern herumgesprochen. Deshalb funktionieren inzwischen nur noch wenige Auftragsbörsen nach dem umgekehrten Auktionsprinzip. Stattdessen dienen sie ausschließlich oder zusätzlich der Auftragsvermittlung und als Online-Branchenbuch. Verstärkt wird auf fachliche Qualifikationen, Bewertungen und Referenzen geachtet. Vermittlungsportal-Betreiber schreiben die Vorlage von Berechtigungs- und Qualifikationsnachweisen (Gewerbeschein, Meisterbrief, Eintrag in die Handwerksrolle etc.) zwingend vor, empfehlen es oder stellen es Bietern mehr oder weniger frei, kennzeichnen aber deren Status. Erheblich sind die Unterschiede bei den Gebühren. Während die Registrierung, Auftragseinstellung und ‑vergabe für den Auftraggeber durchweg kostenfrei ist, wird in der Regel der ausführende Handwerker zur Kasse gebeten. Entweder wird eine am Auftragswert orientierte Provisionsgebühr (zwischen 2 und 5 %), ein monatlicher Mitgliedsbeitrag (z.B. ab ca. 50 €) oder es wird pro Anfrage im Rahmen eines Abonnements ein fester Betrag erhoben (z.B. 20 €/Anfrage). Unterschiedlich sind die Möglichkeiten der Bieterpräsentation: Je nach Anbieter ermöglicht eine kostenfreie oder kostenpflichtige Präsentation des eigenen Unternehmens eine Kurzdarstellung der Tätigkeit, von Berechtigungs- und Qualifikationsnachweisen, Gütesiegeln, Auszeichnungen etc., inklusive Firmendaten, Firmenlogo, Foto und Web-Adresse.

Online-Auftragsvermittlung im Vergleich

Aufträge werden im Internet nach verschiedenen Prinzipien vermittelt. Neben den hier vorgestellten Auftragsbörsen gibt es auch sogenannte Ausschreibungsportale oder Ausschreibungsdatenbanken (ADB) wie www.vergabe24.de. Auch diese vermitteln zwischen Auftraggebern und ‑nehmern. Dabei werden jedoch in der Regel Leistungen von öffentlichen Auftraggebern Position für Position in einem LV-Text beschrieben und teilweise beschränkt ausgeschrieben. Auch die Auftragsvergabe ist nicht öffentlich. Online-Auftragsbörsen dienen dagegen ausschließlich der privaten Auftragsvergabe. Zusätzliche Unterschiede gibt es hinsichtlich des Geschäftsmodells, den Gebühren und Kosten, den Präsentationsmöglichkeiten und so weiter. Entscheidend für eine erfolgreiche Vermittlung ist jedoch die Anzahl der monatlich eingestellten Aufträge und abgegebenen Angebote. Gibt es nur wenige Aufträge oder sind ganze Gewerk-Rubriken leer, entsteht kein „Traffic“ durch Auftraggeber/‑nehmer und beide Parteien gehen leer aus. Umgekehrt kann sich die Nutzungsfrequenz aber auch negativ auf die Antwortzeiten bei der Recherche bemerkbar machen. So kann es in Stoßzeiten vorkommen, dass es bei vielen Anfragen einige Sekunden dauert, bis das Ergebnis angezeigt wird. Wie unterschiedlich die einzelnen Vermittlungsportale arbeiten, zeigt der folgende Vergleich dreier Anbieter: Die klassische „Rückwärtsauktion“ gibt es bei „MyHammer“, ursprünglich dem prominentesten Vertreter von Rückwärts-Auktionen, nicht mehr. Wer Arbeiten zu vergeben hat, beschreibt diese möglichst präzise in Text und Bild. Ein Unterbieten ist nicht mehr möglich, da Angebote nur für den Auftraggeber sichtbar sind und auch keine Preisvorstellungen vorgegeben werden können. Angebote richten sich somit nach der Auftragsbeschreibung und nicht mehr nach einer Preisvorstellung. Die meisten Kontakte kommen so zustande, dass Handwerker per Suchfunktion Aufträge (z.B. „Dusche einbauen in 10117 Berlin“) finden und die Auftraggeber direkt kontaktiert werden. Für letztere ist das Ganze kostenlos. Der Auftragnehmer muss einen monatlichen Mitgliedsbeitrag zahlen (zwischen rund 45 und 70 €/Monat).  Einem ähnlichen Prinzip folgt „Quotatis“ schon seit Anbeginn: Nach einer Leistungsbeschreibung durch den Auftraggeber werden ihm bis zu fünf passende Fachbetriebe vermittelt. Anschließend melden sich bei ihm mit Hinweis auf „Quotatis“ bis zu fünf Bieter und geben ihre Angebote ab. Diese sind von konkurrierenden Unternehmen nicht einsehbar, was auch hier ein gegenseitiges Unterbieten ausschließt. Nach Erhalt der Angebote kann sich der Auftraggeber frei für ein Unternehmen entscheiden. Auch bei diesem Konzept werden lediglich für den Auftragnehmer Gebühren fällig. Anfragen erhalten Geschäftskunden nach Gewerk, Postleitzahlenbereich oder Anfrageanzahl sortierter Anfrage-Abonnements. Anfragen gibt es, je nach Gewerk, schon ab 14 €, wobei pro Abonnement mindestens zehn Anfragen pro Monat abgenommen werden müssen. Als „das Original der Unterbiet-Auktionen für Dienstleistungen“ präsentiert sich „Undertool“. Wer Arbeiten zu vergeben hat, beschreibt diese möglichst präzise und gibt dafür einen Höchstpreis an, den er zu zahlen bereit ist. Interessierte Handwerker versuchen darauf hin, sich gegenseitig zu unterbieten. Nach Ablauf der Auktionsfrist muss sich der Auftraggeber innerhalb einer Prüffrist von drei Tagen entscheiden: Gibt er dem günstigsten oder lieber dem etwas teureren, dafür aber qualitativ besser arbeitenden Handwerker den Zuschlag? Die Kosten trägt auch hier der Dienstleister. Sobald eine Auktion gewonnen wurde, wird je nach Auftragssumme eine Provisionssumme zwischen 2 und 4 % fällig.

Mitmachen oder ignorieren?

Das Internet ist eine zunehmend wichtige Kommunikations- und Kontaktplattform, die man nicht einfach ignorieren kann. „Mitmachen oder nicht“ ist also nicht die Frage, sondern eher „wo“ – und das ist Einstellungssache. Für den Einstieg oder als Kompensation in mageren Auftragszeiten können am Auktionsprinzip orientierte Adressen wie Blauarbeit oder Undertool interessant sein. Problematisch ist das niedrige Preisniveau im Hinblick auf die Neukundengewinnung: Hat sich der Kunde erst einmal daran gewöhnt, dürfte es für den Handwerker schwer sein, davon loszukommen. Wer mitmacht, sollte in jedem Fall Mobilität und Schnelligkeit, aber auch die Bereitschaft mitbringen, sich kritischen Kundenbeurteilungen zu stellen. Wer lieber Qualität zu fairen Preisen anbietet, wird sich eher bei Vermittlungsbörsen wohlfühlen. Neben dem Geschäftsmodell (Auktion oder Vermittlungsbörse) sind sowohl aus Auftraggeber- als auch Auftragnehmersicht die Nutzungsfrequenz und die Anzahl der monatlich eingestellten Aufträge entscheidend – und hier hat Branchenprimus „MyHammer“ die Nase vorn. Wer hier oder bei anderen Anbietern mitmacht, sollte in jedem Fall einige Punkte beachten.

Worauf sollte man achten?↓

Auftragsportale arbeiten nach unterschiedlichen Prinzipien und Konditionen. Diese sollte man sich vorher genau anschauen.

Wer mitbietet, muss flexibel, schnell und bereit sein, sich auch kritischen (manchmal unfairen und meist öffentlichen) Bewertungen der Auftraggebern zu stellen.

Leistungsbeschreibung genau anschauen und ggf. per Forum/E-Mail Rückfragen stellen und/oder Besichtigungstermin vereinbaren.

Nur mitbieten, wenn der Auftrag fachlich, zeitlich und personell auch erledigt werden kann, sonst gibt es schlechte Bewertungen.

Aufträge genau kalkulieren (Leistungsumfang, Entfernung etc.), denn mit einem Zuschlag kommt ein verbindlicher Vertrag zustande.

Anfragen mit unrealistischem Startpreis sollte man ignorieren – oder ein realistisches Angebot unterbreiten und dieses auch begründen.

Das Internet lebt von kurzen Reaktionszeiten. Reagieren Sie auf Anfragen prompt und verbindlich bzw. werden Sie von sich aus aktiv.

Auch der Auftraggeber wird meist bewertet. Bevor man bietet, sollte man sich dessen Bewertung anschauen, sofern vorhanden.

Auftragsportale sind auch gut frequentierte Werbeplattformen – das sollte man für eine attraktive Selbstdarstellung nutzen.

Auswahl: Anbieter-Adressen

www.blauarbeit.de www.doozerzone.de www.jobdoo.de
www.my-hammer.de www.pushtheprice.de www.quotatis.de
www.undertool.de www.work5.de

(Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit!)

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