Studie „Wärmewende 2030“

Womit werden die Häuser im Deutschland des Jahres 2050 geheizt, wenn Energieträger wie Öl und Erdgas nicht mehr verwendet werden dürfen, weil sich damit das deutsche Klimaziel – 80 bis 95 % weniger CO2 als 1990 – nicht erreichen lässt? Und was muss schon bis zum Jahr 2030 getan werden, damit der Pfad in Richtung 2050 überhaupt eingeschlagen werden kann? Diese Fragen beantwortet Agora Energiewende mit der jetzt vorgestellten Studie „Wärmewende 2030“.

Heizen per Wärmepumpe

Demnach werde bis 2030 der Anteil von Erdgas zum Heizen ähnlich hoch bleiben wie heute. Für eine klimaschonende Wärmeversorgung sei es aber nötig, dass der Gebäudewärmeverbrauch durch Effizienzverbesserungen bundesweit um ein Viertel gegenüber heute sinke. Die größten Verschiebungen ergeben sich bei Heizöl, Umweltwärme und Wärmenetzen: Für Heizöl sei in einem klimaschonenden und kosteneffizienten Wärmesystem 2030 kaum Platz mehr. Wärmepumpen werden hingegen zur tragenden Säulen, sie müssen rund zwanzigmal mehr Wärme liefern als gegenwärtig. Bei der Versorgung über Wärmenetze, die sich aus einem Mix von Wärmequellen speisen, stehe eine Verdoppelung an.

Die derzeitige Entwicklung bei der Gebäudewärme sei allerdings nicht so, dass ein solcher Wärmemix von alleine erreicht werde. Vor allem der Zubau der Wärmepumpen sei deutlich zu gering – nur 2 Mio. Wärmepumpen werden nach derzeitigem Stand bis 2030 installiert werden, nötig seien jedoch 5 bis 6 Mio. Stück. „Um dort hinzukommen, sollten Wärmepumpen künftig auch in Altbauten eingesetzt werden, zum Beispiel als Hybrid-Modelle in Kombination mit Gaskesseln, die an besonders kalten Tagen zusätzlich anspringen“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Ähnlich sehe es bei der Gebäude­dämmung aus: Anstatt 1 % müssten künftig jährlich 2 % des Gebäudebestands energetisch saniert werden. Bei den Wärmenetzen gehe es darum, den Ausbau frühzeitig zu ermöglichen und den Anteil von Erneuerbarer-Energien-Wärme stetig zu erhöhen.

Anforderungen
an das Stromsystem

Die Studie hat auch untersucht, welche Anforderungen die zusätzlichen Wärme­pumpen an das Stromsystem stellen. Demnach ändere sich die jährliche Spitzenlast kaum, wenn die heutigen veralteten Nachtspeicherheizungen durch effiziente Heizungen ersetzt und die Wärmepumpen flexibel gesteuert werden. Um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, sei es allerdings nötig, dass der Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien schneller wachse als bislang geplant. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bereits 2030 mindestens 60 % des Stroms aus Erneuerbaren stammen müssen; bislang ist dieses Ziel für 2035 gesetzt.

Für eine klimafreundliche und kosteneffiziente Wärmeversorgung müsse die Rolle der Wärmepumpen bis 2050 noch weiterwachsen: Etwa 10 bis 17 Mio. Wärmepumpen werden in dieser fernen Zukunft gebraucht, zeigt die Studie. Die Wärmepumpen werden dann unterstützt durch solarthermische Heizungen und Biomasse-Heizungen sowie zu einem kleinen Anteil auch durch Gas, das mit Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Fossile Energieträger können aufgrund ihres CO2-Ausstoßes im Jahr 2050 allenfalls noch in wenigen Ausnahmefällen genutzt werden.

„Mit unserer Studie zeigen wir, wie der Weg hin zu einer klimafreundlichen Gesellschaft und Industrie aussehen kann und wie die Weichenstellungen im Gebäudewärmesektor aussehen müssen. Es ist klar, dass dieser Prozess viele Jahre, sogar Jahrzehnte dauern wird. Er kann aber auch so lange dauern, denn wir müssen nichts überstürzen“, so Patrick Graichen.

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