Trinkwasserhygiene sicherstellen

Präventive Maßnahmen helfen

Öffentliche Sanitärräume können heute nicht mehr allein unter den Gesichtspunkten des Diebstahl- und Vandalismusschutzes sowie geringer Wartungs- und Instandhaltungskosten geplant und eingerichtet werden. Die Trinkwasserhygiene im Sinne höchster Nutzersicherheit und -gesundheit darf keinesfalls vernachlässigt werden. Intelligente Armaturentechnologien tragen wesentlich zu einer Risikominimierung bei.

Die Planung und Ausführung öffentlicher, aber auch halböffentlicher und gewerblicher Sanitärräume hat eine Vielzahl von Anforderungen zu berücksichtigen. Neben Diebstahl- und Vandalismusschutz, Pflegeleichtigkeit, Sicherheit, Energieersparnis und Funktionssicherheit sind auch die Aspekte der Trinkwasserhygiene zwingend einzubeziehen.

Da solche Anlagen häufig nicht kontinuierlich betrieben werden, wie z.B. Sportstätten, Schulen, Campingplätze etc., sind diese besonders anfällig für die Ansiedlung von bakteriellen Kulturen. Die Risikofaktoren sind lange Stagnationszeiten in nutzungsfreien Zeiten oder bei selten genutzten Einrichtungen sowie längere Betriebsunterbrechungen wie z.B. in Ferienzeiten.

Abgesehen von Risiken innerhalb der Trinkwasserinstallation wie Totleitungen, wenig durchströmte Bypass-Leitungen, geringe Strömungsgeschwindigkeiten oder der Eintrag von Kontaminationen von außen sind vorwiegend Entnahmearmaturen im Luft-/Wasser-Grenzbereich gefährdet. Durch stagnierendes Wasser im Armaturenkörper oder durch die Ansammlung von Schmutz und Kalk in den Strahlreglern wird die Ansiedlung von Bakterien wie Legionella spp. oder insbesondere Pseudomonas aeruginosa begünstigt. Durch die Erwärmung des stagnierenden Wassers und die Zufuhr von Sauerstoff finden sie hier ideale Lebens- und Entwicklungsbedingungen. Um die Trinkwasserqualität dauerhaft sicher zu stellen, schreibt die Trinkwasserverordnung regelmäßige Probeentnahmen und mikrobiologische Kontrolluntersuchungen vor. Diese jährliche Kontrollpflicht betrifft Großanlagen (Speicher mit mehr als 400 l bzw. Rohrleitungen mit mehr als 3 l Inhalt), die Duschen oder sonstige Einrichtungen zur Vernebelung von Trinkwasser enthalten, sofern aus diesem Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben wird. In öffentlichen Gebäuden ohne Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen kann das Beprobungsintervall vom Gesundheitsamt unter bestimmten Bedingungen auf drei Jahre verlängert werden.

Richtlinien zur Trinkwasserhygiene

Normen und Richtlinien bezüglich Trinkwasser-Installationen werden fortlaufend geändert. Die VDI 6023 enthält konkrete Anforderungen für den Erhalt einer hygienisch einwandfreien Trinkwasser-Installation. So definiert sie den bei der Planung zugrundeliegenden bestimmungsgemäßen Betrieb und regelt die mikrobiologischen Kontrolluntersuchungen gem. TrinkwV. Der bestimmungsgemäße Betrieb stellt sicher, dass an jeder Stelle der Trinkwasser-Installation innerhalb von 72 Stunden ein Wasseraustausch durch Entnahme stattfindet. In Installationen mit fehlendem Wasseraustausch über mehr als 72 Stunden gilt der Betrieb als unterbrochen. In diesem Fall muss bei Wiederinbetriebnahme durch Öffnen der Entnahmearmaturen der vollständige Trinkwasseraustausch der Anlage oder Anlagenteile sichergestellt werden. Bei Trinkwasser-Installationen, deren bestimmungsgemäßer Betrieb mehr als 4 Wochen unterbrochen wird, müssen die Leitungen vor der Unterbrechung abgesperrt und bei Wiederinbetriebnahme regelkonform gespült werden. Und bei Trinkwasser-Installationen mit Betriebsunterbrechungen von mehr als 6 Monaten Dauer sind die vorher genannten Maßnahmen und zusätzlich mikrobiologische Kontrolluntersuchungen gemäß TrinkwV und auf Legionellen durchzuführen. Sollten die zulässigen Maßnahmenwerte dabei überschritten werden, so wird das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich durch das durchführende Labor informiert, so die Novelle der Trinkwasserverordnung vom Anfang dieses Jahres.

Überdimensionierungen der Rohrleitungen sind zu vermeiden, um die Einhaltung einer angemessenen Fließgeschwindigkeit sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig, um einen ausreichenden Wasseraustausch zu erreichen und so Biofilmwachstum zu begrenzen. Nur bei ausreichenden Fließgeschwindigkeiten werden die Rohrleitungen gleichmäßig durchströmt, sowohl in der Rohrmitte als auch im Bereich der Rohrwandung, wo Biofilme entstehen.

Die VDI 6023 weist ausdrücklich auf die Verantwortung des Betreibers für die hygienische Unbedenklichkeit des Trinkwassers hin und schreibt Schulungsmaßnahmen für das betraute Personal sowie eine Dokumentationspflicht für alle Parameter des Trinkwassernetzes vor.

Desinfektionsmaßnahmen vielfach wirkungslos

Werden im Trinkwasser bakterielle Kontaminationen nachgewiesen, sind nach dem für alle Trinkwasser-Installationen maßgeblichen DVGW-Arbeitsblatt W 551 sofortige Desinfektionsmaßnahmen durchzuführen. Die Maßnahme der ersten Wahl ist im Allgemeinen die thermische Desinfektion, d.h. die Aufheizung des gesamten Trinkwassersystems und Spülung der Entnahmearmaturen mit einer an allen Punkten einzuhaltenden Mindesttemperatur von 70 °C. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die thermischen Desinfektionen in vielen Fällen wirkungslos sind.

So deckt sich eine im American Journal of Infection Control veröffentlichte aktuelle Studie des Dr. Wisplinghoff Labors, Köln, mit einer vom britischen Gesundheitsministerium (NHS) herausgegebenen Information von 2006, die betont, dass bestehende Biofilme selbst durch Desinfektion der gesamten Trinkwasserinstallation (TW warm und kalt) nicht vollständig beseitigt werden können. Dies führt dazu, dass eine rasche Wiederverkeimung erfolgt, denn Biofilm ist sowohl Lebensraum als auch Nahrung für Bakterien.

Darüber hinaus sind thermische Desinfektionen mit weiteren Nachteilen belegt. Durch die hohen Temperaturen kommt es zu einer außergewöhnlichen Belastung und Korrosionsgefahr der verwendeten Installationsmaterialien sowie zu erhöhtem Kalkausfall. Gleichzeitig ist ein hoher organisatorischer Aufwand notwendig um die Sicherheit, z.B. vor Verbrühung an den Entnahmestellen, zu gewährleisten. Oft ist es aus technischen Gründen nicht einmal möglich, die erforderliche Temperatur am Leitungsende zu erreichen.

Auch die chemische Desinfektion ist mit einer Vielzahl von Risiken behaftet. Die oftmals langen Reaktions- bzw. Einwirkzeiten der Desinfektionsmittel können bis zu 24 Stunden betragen und die Nutzung muss in dieser Zeit vollständig unterbrochen werden. Die Desinfektionswirkung hängt zudem stark von der Konzentration, der Temperatur und dem pH-Wert ab, so dass eine hundertprozentige Eliminierung der Bakterien oftmals nicht gewährleistet ist, zumal Bakterien schnell eine Resistenz gegen die eingesetzten Mittel entwickeln. Die größtenteils stark oxidierenden Substanzen können schon bei einmaliger Anwendung eine Schädigung der in der Trinkwasser-Installation eingesetzten Werkstoffe (Metalle, Kunststoffe und Elastomere) verursachen oder im schlimmsten Fall ein Gesundheitsrisiko für den Nutzer darstellen, wenn Restchemikalien (z.B. in Gummi) verbleiben oder sich gesundheitsschädliche Verbindungen bzw. Desinfektionsnebenprodukte bilden.

Geeignete Lösungen

Geeignete Vorsorgemaßnahmen können die bei Befall vielfach wirkungslosen Maßnahmen wie thermische Desinfektion vermeiden.

Spülen

Die existierenden Regelwerke nennen Stagnation in Armaturen bzw. in der Trinkwasser-Installation als Faktor, der eine bakteriologische Kontamination fördert. Um zu vermeiden, dass der Nutzer Stagnationswasser entnimmt, werden Armaturen mit automatischer Spülfunktion empfohlen – vor allem in öffentlich-gewerblichen Bereichen. Dadurch lässt sich auch die Forderung der VDI/DVGW 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ erfüllen, die als einzige Richtlinie einen Wasseraustausch durch Entnahme innerhalb von 72 Stunden an jeder Stelle der Trinkwasser-Installation vorschreibt. Als unterstützende Maßnahme bietet sich die Begrenzung der Wasserspeicherung an – im Rahmen des Möglichen.

Demontieren

Als eine der präventiven Maßnahmen zur Begrenzung des Bakterienwachstums wird nachdrücklich die Nutzung leicht zu demontierender Armaturen empfohlen (vgl. u.a. die Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch Instituts), denn so kann eine Reinigung von innen erfolgen – ein mechanischer Eingriff, der sich vor allem in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen als äußerst effizient in der Beseitigung von Biofilm herausgestellt hat.

Überdimensionierung vermeiden

Die Überdimensionierung der Trinkwasserleitung, die Bakterienwachstum durch niedrige Fließgeschwindigkeiten begünstigt, sollte laut der Richtlinie VDI/DVGW 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ vermieden werden. Generell sollten möglichst kleine Nennweiten gewählt werden, um die Fließgeschwindigkeit auf bis zu 2 m/s zu erhöhen. Diese Maßnahme verhindert eine übermäßige Biofilmentwicklung und hilft somit Kontaminierungsrisiken zu begrenzen, ohne dabei eine Lärmbelästigung zu generieren.

Armaturen für hygienisch einwandfreies Trinkwasser

Die genannten Empfehlungen lassen sich u.a. mit moderner Armaturentechnik umsetzen. Elektronische Armaturen sorgen für maximale Hygiene. Durch das automatische Schließen der Armatur ist kein Handkontakt nach dem Waschen nötig, was Bakterienübertragung über die Hände bzw. den Eintrag von Kontaminationen von außen unterbindet. Automatische Hygienespülprogramme sichern außerdem den regelmäßigen Austausch des Trinkwassers in Armatur und Leitung und verhindern so Bakterienbildung in stagnierendem Wasser.

Kleinere Nennweiten in der Trinkwasserleitung bzw. die Vermeidung von Überdimensionierung werden durch wassersparende Armaturen mit geringer Durchflussmenge ermöglicht. Für ausreichende Fließgeschwindigkeiten innerhalb der Armatur sorgen kleine Querschnitte der wasserführenden Teile. So wird außerdem die Menge stagnierenden Wassers im Armaturenköper möglichst gering gehalten und die Ansiedlung von Keimen vermieden. Glatte, ebene Armaturen-Innenflächen erschweren zudem das Anhaften von Biofilmen deutlich und vereinfachen ihre Entfernung wesentlich. So zeigt eine Studie des biologischen Instituts der Universität Jules Vernes in Amiens von Juni 2010, dass in statischem Zustand die Kontamination durch Pseudomonas aeruginosa auf Armaturen mit geglätteten Innenkörpern 14-mal geringer ist als auf herkömmlichen Armaturen mit rauen Innenkörpern. Es gibt sogar Modelle, bei denen der Auslauf oder sogar der gesamte Armaturenkörper für Reinigung und/oder Desinfektion abnehmbar ist.

Auch Strahlregler und Luftsprudler können einen Beitrag zur Trinkwasserhygiene an der Entnahmestelle leisten, da sie einem hohen Risiko für Erregerkonzentrationen ausgesetzt sind: als Luft-/Wassergrenzflächen sind sie besonders anfällig für bakterielles Wachstum. Luftsprudler sind dabei besonders kritisch zu sehen, da sie dem Wasser Luft beimischen. Und in den feinen Sieben der Luftsprudler sammeln sich Schmutzpartikel, die das Bakterienwachstum begünstigen. Strahlregler aus verkalkungsarmen Materialien und ohne Luftbeimischung und Sieb können daher das Bakterienwachstum wesentlich begrenzen.

Endständige Wasserfilter als Sofortmaßnahme

Kommt es im Trinkwasser-Leitungsnetz zu einer bakteriellen Kontamination, kann die Installation endständiger Filter als temporäre Lösung erfolgen. So wird die Versorgung mit bakteriologisch einwandfreiem Wasser sichergestellt und entsprechende bauliche, verfahrenstechnische oder betriebliche Anpassungen können in Angriff genommen werden. Die Standzeiten der Filter liegen, je nach Hersteller, in der Regel bei 31 oder 62 Tagen und es werden abhängig vom Einsatzbereich sterile und non-sterile Ausführungen angeboten.

Armaturen mit Hygienespülprogramm

Die elektronischen, berührungsfreien Armaturen von Kuhfuss Delabie unterbinden nicht nur die Keimübertragung über die Hände. Um Stagnation vorzubeugen, ist eine automatische Hygienespülfunktion integriert. Diese löst 24 Stunden nach der letzten Nutzung für 60 Sekunden aus und unterbindet wirksam die Keimansiedlung. Der Anbieter stattet seine elektronischen Armaturen überdies mit einem patentierten, membranfreien Magnetventil aus. Bei diesem Magnetventil mit Kolben entleert und erneuert sich das Wasser bei jeder Benutzung. Bakterien bleibt kein Rückzugsraum und damit keine Entwicklungsmöglichkeit. Darüber hinaus begrenzt seine selbstreinigende Funktionsweise die Ablagerung von Schmutzpartikeln.

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