Hohe Hürden vor Erbschaftssteuer-Vorteilen

Unternehmensnachfolge

Steuerliche Begünstigung

Eine besonders umfangreiche und komplizierte Regelung des neuen Erbschaftsteuerrechts beinhaltet die Besteuerung von Betriebsübertragungen. Seit der Reform der Erbschaftsteuer zum 1. Januar 2009 werden Betriebsnachfolgen grundsätzlich begünstigt. Immobilien und Betriebsvermögen werden mit ihrem tatsächlichen Verkehrswert bewertet. Zum Ausgleich wurden die Freibeträge erhöht. Zum 1. Januar 2010 wurden die Voraussetzungen zur Vergünstigung bei der Erbschaftssteuer nochmals verbessert.

Übergabe von Betriebsvermögen

Als erbschaftssteuerlich begünstigtes Betriebsvermögen gelten Einzelunternehmen, Anteile an Personengesellschaften und Anteile an Kapitalgesellschaften. Auch wenn die Einkommensteuer nicht greift, ist bei einer Betriebsübergabe das Erbschaftsrecht sorgfältig zu prüfen. Der Artikel Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer auf Betriebsvermögen beinhaltet die Voraussetzungen für eine teilweise bis vollständige Freistellung.

Das Erbschaftssteuerrecht sieht zwei Optionsmodelle für eine Begünstigung vor, die Regel- und die Optionsverschonung.

Die Regelverschonung: Die Übergabe von Betriebsvermögen wird sofort mit 15 % versteuert. Das ist die meist gewählte Variante. Sie hat folgende Voraussetzungen:

1. Bindungsfrist von fünf Jahren, d.h. der Betrieb muss mindestens fünf Jahre durch den Erben oder Beschenkten fortgeführt werden.

2. Innerhalb dieser fünf Jahre muss ein Unternehmer mit über 20 Mitarbeitern eine Mindestlohnsumme von 400 % des Ausgangslohns im Durchschnitt der letzten fünf Jahre vor Erwerb erreichen.

3. In der Fortführungszeit darf das Unternehmen nicht veräußert werden oder in Konkurs gehen.

4. Der Anteil des Verwaltungsvermögens (nicht produktives Vermögen, wie z.B. Wertpapiere, vermietete Immobilien) im Betrieb darf nicht mehr als 50 % betragen.

Die Optionsverschonung: Als Alternative kann das übertragene Betriebsvermögen völlig freigestellt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Bindungsfrist sieben Jahre

2. Das Verwaltungsvermögen des übertragenen Betriebs beträgt maximal 10 %.

3. Die Summe der Löhne und Gehälter muss mindestens 700 % der Ausgangslohnsumme betragen.

 

Zusätzliche Hürden für die Steuervergünstigung

Viele Inhaber von Betrieben aus dem SHK-Bereich wiegen sich in der trügerischen Sicherheit, dass Betriebsübergeber seit der Erbschaftsteuerreform generell begünstigt sind. Das neue Erbschaftsteuerrecht errichtet aber neben den genannten Voraussetzungen noch weitere Hürden:

1. Die Wahl zwischen Regel- und Optionsverschonung muss mit Einreichung der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuererklärung unwiderruflich getroffen werden. Im Vorfeld muss also genau abgewogen werden, ob die Voraussetzungen des gewünschten Verschonungsmodells zu erfüllen sind.

2. Die Lohnsummenregelungen dürften für viele Betriebe über mehrere Jahre kaum einzuhalten sein. Kommt es nach der Unternehmensübergabe zu einer dauerhaften Verringerung der Mitarbeiterzahl, droht eine Nachversteuerung bei der Lohnsummensteuer.

3. Der erbschaftssteuerliche Wert eines nicht börsennotierten Unternehmens lässt sich nur schwer ermitteln. Er ist nicht der Verkehrswert, sondern eine Art Vertragswert, der auf Basis der Jahresgewinne der letzten drei Jahre ermittelt wird. Ein solcher erbschaftssteuerlicher Wert führt tendenziell zu einer deutlich höheren Unternehmensbewertung als in der Vergangenheit. Das kann zu einer drückenden Belastung für den Betriebsinhaber führen, zumal solche Bewertungen oft nur durch teure Sachverständigengutachten widerlegt werden können.

 

Voraussetzung für eine Verschonung von der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer ist die Fortführung des Unternehmens. Wenn allerdings bei einem Unternehmensverkauf innerhalb der Bindungsfrist der Veräußerungserlös binnen sechs Monaten reinvestiert wird, fällt die Verschonung nicht weg.

Wird ein schenkungsweise übertragenes Unternehmen und mit ihm der Beschenkte insolvent, so liegt eine „schädliche“ Betriebsaufgabe vor und der Verschonungsabschlag fällt zeitanteilig weg.

 

Gestaltungsmöglichkeiten bei Unternehmens­übertragungen

Gestaltungsansätze im Rahmen einer Unternehmensnachfolge ergeben sich auf der Zeit-, der Bewertungs- und der Begünstigungsebene:

Gestaltungsansatz auf der Zeitebene:

Es wird nicht erst abgewartet, bis der Erb- oder Schenkungsfall eintritt, sondern die Nachfolgeplanung auf eine kalkulierbar sichere Zeitspanne vor dem Übertragungsfall verlegt. Das bedeutet Planung und Durchführung der Nachfolge zu Lebzeiten des Betriebsübergebers. Bei Inanspruchnahme von steuerlichen Freibeträgen lässt sich die drohende Steuerlast reduzieren. Auf diese Weise kann zu Gunsten des Erwerbers die Liquidität geschont werden.

Gestaltung auf der Bewertungsebene:

Auch die Grundlagen zur Beeinflussung der Steuerhöhe lassen sich in gewissem Rahmen variieren. Durch eine günstige Bewertungsmethode lässt sich der Wert des Besteuerungsobjekts verringern. Der Steuerpflichtige hat bei der Ertragswertermittlung ggf. die Möglichkeit, zwischen den normalen Ertragswertmethoden und einem vereinfachten Ertragswertverfahren je nach dem steuerlichen Einzelfall zu optieren.

Gestaltung auf der Begünstigungsebene:

Hier geht es darum, steuerliche Begünstigungen in größtmöglichen Ausmaß in Anspruch zu nehmen. Dazu muss das zu übergebende Vermögen „sozialverträglich“ sein. Das bedeutet Erhalt von Arbeitsplätzen, maximal hälftiges Verwaltungsvermögen und Vermeidung von „steuerschädlichen“ Vermögen. Auch eine Unternehmensaufspaltung zur Nutzung der Optionsmodelle kann Vorteile bei Betriebsnachfolgen bringen.

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