Tipps von den Badplanungs-Profis

„Gesichtslose Räume gibt es schon genug“

Problembäder stellen eine besondere Herausforderung für Badplaner dar. Doch solche Bäder bieten – gekonnt geplant – auch die Möglichkeit,  individuelle Wohlfühl-Bäder zu gestalten. Ob Problem-Bad oder nicht, Lotte Li Benkert und Hanns-Christian Hofmann suchen sich in jedem Bad gerne die Herausforderung. Die beiden Innenarchitekten der Handwerkerkooperation SHK AG (www.shknet.de) geben im Interview mit SHK Profi-Redakteurin Marlene Klocke Anregungen zur Badplanung.

SHK Profi: Auf welche drei Dinge achten Sie als erstes bei einer Badgestaltung?

Benkert: Der Kunde bzw. die Menschen, die den Raum nutzen wollen, stehen für uns immer im
Mittelpunkt. Wichtig sind hier die Fragen, was sind das für Menschen und was passt zu ihnen. Es ist unumgänglich, diese Menschen kennenzulernen. An zweiter Stelle kommt der Raum: Welche Geometrien gibt die Bestandsarchitektur vor? Was sind deren Besonderheiten? Und wo können wir bei der Badgestaltung ansetzen? Nicht zuletzt ist die Atmosphäre wichtig: Welche Stimmung das Bad später vermitteln und welche Wirkungen es auf die Menschen haben soll.

Hofmann: Bei der Ausarbeitung wird es dann sehr individuell. Ein Raum gibt vieles vor. Der Kunde aber formuliert seine Wünsche und Ziele, die müssen wir berücksichtigen. Wenn mal was nicht geht, dann muss man das offen ansprechen. Sehr wichtig ist, dass man die Architektur des Raums versteht. Ein Raum hat einen Charakter und es ist nicht immer zielführend, gegen diesen zu arbeiten. Besser ist es zu schauen, wo die architektonischen Stärken sind, wie man die in Szene setzen kann und wie sich diese mit dem Kundenwunsch in Einklang bringen lassen.

SHK Profi: Welche Schritte bei der Badplanung sind für Sie dann von Vorneherein festgelegt und welche planen Sie individuell?

Hofmann: Vorweg – es gibt keine Check-Liste, die man abarbeitet und wo man dann am Ende sagen kann: „Ich habe alle Punkte abgehakt, jetzt habe ich alles richtig gemacht.“ Eine Badplanung ist immer eine individuelle Sache.

Benkert: Wenn es um die technische Herangehensweise geht, steht an erster Stelle immer die Analyse der Raumsituation. Wo liegt das künftige Bad? Wie ist es an andere Bereiche angegliedert? Dann schauen wir uns den Grundriss ganz genau an und suchen nach Bezugslinien – was gibt die Architektur vor und welche technischen Voraussetzungen sind gegeben? Es ist ein individueller Prozess, der die innenarchitektonischen Aspekte mit den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden verbindet.

Hofmann: Spannend wird es meist an dem Punkt, an dem man sich nicht mehr auf Standardlösungen verlässt. Dann entstehen einzigartige Bäder, die nicht zu vergleichen sind. Ein guter Badgestalter lässt verschiedene Einflüsse zu. So kann eine Lösung entstehen, die nicht im Produkt liegt, sondern beispielsweise im Trockenbau. Sich aus einem anderen Gewerk eine Inspiration zu holen, bringt unkonventionelle Lösungen. Dann bekommt der Kunde auch das Gefühl, das ist jetzt mein Bad und nicht mehr nur die Serie XY.

SHK Profi: Computergestützte Badplanung oder Planung auf dem Papier – wie gehen Sie vor?

Benkert: Es ist eine Mischung, die sich gegenseitig ergänzt. Oftmals bekommen wir Pläne, die von Hand gezeichnet sind. Dann nehme ich als erstes die Linien und raumbildenden Elemente, die für mich wichtig sind und zeichne am Computer einen schlichten Grundriss. Den drucke ich mir aus und fange an, von Hand zu skizzieren. Ich notiere Planungsansätze und Konzeptideen. Dann geht es relativ schnell wieder an den PC. Dort probiere ich räumlich noch einmal viel aus. Gerade wenn es um die Atmosphäre geht: Das Zusammenspiel von Farben, Oberflächen oder verschiedene Lichtverhältnisse.

Hofmann: Auch ich nutze beides. Für mich ist die Entwurfs­phase auf dem Papier sehr wichtig. Da bin ich flexibler und nehme mir auch die dafür notwendige Zeit. Das Nachdenken funktioniert für mich so einfach besser. Spätestens in der Ausarbeitung und für die Präsentation ist es aber wirtschaftlich sinnvoller am Computer zu arbeiten. Eine rein von Hand gezeichnete Grundrissdarstellung kann oftmals nicht alle Aspekte aufzeigen. Es hängt ein bisschen vom Entwurf ab, aber wir müssen immer davon ausgehen, dass wir für jemanden präsentieren, der im Pläne lesen nicht geübt ist und deshalb müssen Fehlinterpretationen ausgeschlossen werden. Da ist ein CAD-Programm mit Fotorealistik klar im Vorteil.

SHK Profi: Spielt virtuelle Realität dabei auch eine Rolle?

Hofmann: Das ist genau der Knackpunkt. Realistische, virtuelle Darstellungen, die diese räumliche Wirkung erzielen und die Materialien erlebbar machen, sind sehr aufwändig. Ich muss mir über Lichtreflexionen und Lichtquellen Gedanken machen und das Material definieren – sämtliche Details sind zu beachten. Ich sollte mir dann auch die Frage stellen, zu welchem Zeitpunkt ich welche Informationen an den Kunden gebe. Für eine erste Entwurfsplanung ist es nicht zielführend fünf, sechs Stunden in die visuelle Darstellung einer Variante zu stecken, die womöglich noch nicht einmal vom Kunden abgesegnet ist. Ab einer gewissen Größenordnung oder bei einem sehr komplizierten Kunden kann virtuelle Realität zielführend sein, aber ich muss natürlich immer Kosten und Nutzen im Auge behalten. Und nicht jeder Kunde – denken wir mal an ein älteres Klientel – möchte das. Viele scheuen sich, eine VR-Brille aufzusetzen. Für diese Gruppe gibt es charmantere, vielleicht etwas altmodischere Möglichkeiten, um das gleiche zu transportieren. Letztendlich hängt es vom Kunden ab und natürlich auch vom Budget.

SHK Profi: Tipps für die Gestaltung von Problembädern gibt es viele. Wann weiß ich als Badplaner, dass ich die richtige Variante gewählt habe?

Hofmann: Es ist nicht sinnvoll zu behaupten, nur der eine Entwurf sei der richtige. Man sollte dem Kunden zwei oder manchmal sogar drei Möglichkeiten aufzeigen, so dass er sich positionieren kann. Aus der Reaktion des Kunden kann ich abschätzen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Sie können den richtigen Entwurf haben, aber wenn Sie dem Kunden nur einen zeigen, wird er immer im Hinterkopf haben, dass es vielleicht noch einen besseren gibt. Im Austausch mit dem Kunden merkt man, welche Punkte man weiter verfolgen muss und welche nicht. Spannend ist auch, wenn wir Gespräche mit Ehepaaren haben, die erst während des Gesprächs herausfinden, dass sie gar nicht die gleichen Vorstellungen haben. Oftmals müssen Kompromisse gemacht und Entscheidungen gegeneinander abgewogen werden. Nicht selten ist es so, dass der endgültige Entwurf eine Kombination aus Variante A und Variante B ist. Unsere Aufgabe ist es dann, alles zu einem stimmigen Bild zu verknüpfen.

Benkert: Generell zeigen wir aber keine Varianten, hinter denen wir nicht stehen, sondern nur Entwürfe, bei denen wir sagen, die sind gelöst und zu Ende gedacht. Auch wenn wir natürlich manchmal eine Variante mehr mögen, weil sie unserem persönlichen Geschmack entspricht. Der Kunde weiß vorher oft selber gar nicht, worauf es ihm wirklich ankommt. Man hat natürlich eigene Wünsche, aber zu erkennen, dass das eine vielleicht wichtiger ist als das andere, diese Erkenntnis kommt oftmals erst später. Man kann auch nicht bereits am Anfang von einem Kunden erwarten, dass er genau weiß, wie sein neues Bad aussehen soll. Konkrete Vorstellungen entwickeln sich während der Planung, wenn sich der Kunde beispielsweise in eine Armatur verliebt hat und sagt, die ist es mir wert. Das muss ich im Laufe der Entwurfsphase und der Gespräche herausfinden – am besten anhand konkreter Vorschläge.

SHK Profi: Vertuschen oder in Szene setzen – Manche Probleme im Bad lassen sich auch durch akribische Planung nicht beseitigen. Wie gehe ich am besten damit um?

Hofmann: Ein Raum kann Schwachstellen oder auch einen Charakter haben und es ist nie zielführend, diesen zu vertuschen. Wir müssen den Raum analysieren, Stärken und Schwächen erkennen und diese dann für die Individualität des Entwurfes nutzen. Ein schlauchförmiger Raum bleibt ein schlauchförmiger Raum. Ich kann natürlich seine Länge beispielsweise mit Licht durchaus inszenieren. Aber zu glauben, ich müsste einen langen Raum optisch verkürzen, indem ich die Stirnwandfläche betone, davon halten wir nichts. Gesichtslose Räume gibt es schon genug. Besser ist es immer einen Charakter geschickt herauszuarbeiten, so dass Schwächen zu Stärken werden.

Benkert: Genau, aber natürlich muss man auch versuchen auf Schwachstellen des Raumes einzugehen. Wenn es jetzt zum Beispiel hervorstehende Ecken oder ein ungünstiger Zugang sind, dann sollte man versuchen erst einmal eine gewisse Ruhe in den Raum zu bringen. Aber Vertuschen kann da natürlich nicht die Lösung sein.

SHK Profi: Viele Kunden wünschen sich ein „modernes Bad“. Was raten Sie dann?

Benkert: Da ist unsere erste Frage immer, was bedeutet modern? Den Begriff „modern“ hören wir tatsächlich ständig. Und viele möchten gerne etwas Modernes haben, aber wenn man dann mal nachfragt, was das eigentlich konkret bedeutet – ist das die Oberfläche, sind das moderne Produkte, die auf dem neusten Stand der Technik sind, ist es das Ambiente – dann ist man ganz schnell weg von einem „modern“-Begriff, sondern bei viel differenzierteren Aussagen. Natürlich gibt es immer auch bestimmte Trends, die so mitschwingen. Eine moosgrüne Badewanne möchte heutzutage auch fast keiner mehr haben. Aber das Ziel sollte  immer sein, dass man eine langfristige, gut funktionierende Lösung für den Kunden findet. In dem Sinne ist modern für uns eher zeitlos.

Hofmann: Bei einem Bad, das viele Jahre Gültigkeit haben sollte, ist eine schnelllebige Mode der falsche Ansatz. Vielmehr muss man sehr genau zuhören, was der Kunde möchte. Klare Definitionen gibt es in der Branche meist gar nicht. Wenn wir mal ein Beispiel wie Landhausstil nehmen, der vor Jahren oft als Begriff aufgetaucht ist, dann muss man immer genau fragen, von welchem Landhaus reden wir überhaupt. Reden wir von einem Haus in den schottischen Highlands oder einem in der Toskana. Das sind ganz andere Farben und Formen, aber der Kunde würde vielleicht beide Male von Landhaus sprechen. Das muss ich vorher sehr genau analysieren, um herauszufinden, was der Kunde meint.

SHK Profi: Sie sprechen von langfristigen Lösungen und zeitlosen Bädern. Provokant gefragt: Dann sind gar nicht alle alten Bäder schlecht?

Benkert: Man findet durchaus auch alte Bäder, die ihre Qualität haben. Es wurde ja auch vor zwanzig, dreißig Jahren hochwertig und gut gebaut. Wenn wir solche Bäder vorfinden, müssen wir auch offen darüber sprechen, dass zum Beispiel die Anordnung der Produkte sinnvoll ist, weil sie dem Raum entspricht. Dann mutwillig zu sagen, wir machen das komplett anders, nur damit es anders ist, ist nicht der richtige Weg. Man würde dann beispielsweise Oberflächen und Produkte austauschen und das Bad so modernisieren. Die Anordnung der Objekte ist bei einem gut geplanten Bad oftmals zeitlos.

SHK Profi: Frau Benkert, Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch!

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