Alternativen in der Flächenheizung gefragter denn je

Willi Lammering von herotec im SHK Profi-Gespräch

Die Märkte in der Bau- und SHK-Szene entwickeln sich dynamischer als je zuvor. Der Umbruch ist vielerorts spürbar und was jahrzehntelang galt, zählt in vielen Bereichen unserer Branche morgen anscheinend nicht mehr. Baubeteiligte setzen stärker auf alternative und umweltverträgliche Produkte. Beflügelt wird diese Entwicklung auch durch die aktuell Preis- und Liefersituation. Chefredakteur Fabian Blockus sprachen mit Willi Lammering über diese Themen. Er gilt als langjähriger Branchenkenner und ist Prokurist bei der herotec GmbH.

SHK Profi: Moin Willi – wir kennen uns ja seit vielen Jahren. Wie hast Du das Jahr 2021 in geschäftlicher Hinsicht erlebt?

Willi Lammering: Ja Fabian, das kann man sagen. Danke für die Frage und das Interesse. Trotz der bewegten Zeiten ist es uns gelungen die Absatzziele zu erreichen, die wir uns gesteckt haben. Zudem konnten wir neue Produktgruppen etablieren und sind damit in der Neuausrichtung unseres Portfolios ordentlich vorangekommen. Alles in allem also positiv – auch was die Zukunftsaussichten angeht.

SHK Profi: Du bist in der Flächenheizungs-Branche eine gesetzte Größe. Wie kam es dazu und wie kommst Du damit zurecht?

Willi Lammering: Ganz gut – denke ich zumindest. Ich bin etwa 30 Jahre in der Heizungsbranche und konnte 2021 meine 20-jährige Betriebszugehörigkeit bei der herotec feiern. Kollegen und Partner kennen mich als Vertriebsleiter bzw. Marketingexperten, somit als langjährigen Marktbegleiter. Man nennt mich scherzhaft auch mal Willipedia. Außerdem lasse ich mir – auch in stressigen Zeiten – den Humor nicht nehmen.

SHK Profi: Den Humor zu bewahren ist mit Sicherheit eine der Grundlagen für so eine langjährige, erfolgreiche Arbeit. Die stressigen Zeiten, von denen du sprichst, erlebt aktuell augenscheinlich wohl auch die gesamte Branche. Nachdem die Lieferengpässe bei den Rohstoffen starke Preisanstiege mit sich brachten, gehen jetzt die Logistik- und Energiekosten steil bergauf. Wie kommt Ihr damit zurecht?

Willi Lammering: Da hast du recht. Wir Hersteller leiden da genauso wie unsere Marktbegleiter und Kunden – ganz klar. Jammern hilft uns aber allen nicht weiter. Wir müssen echte Alternativen bieten, innovative Wege und Zielgruppen angehen sowie neue Märkte aktivieren.

SHK Profi: Es scheint, als gäbe es viel zu tun. Kannst du das bitte detaillierter aufschlüsseln? Welche Alternativen bietet herotec denn dem Handwerker an?

Willi Lammering: Nehmen wir beispielsweise die klassische Trittschalldämmung aus expandiertem Polystyrol, abgekürzt EPS, besser bekannt unter dem Markennamen Styropor. Aktuell stellt sich der Beschaffungsmarkt in diesem Bereich schwierig und kostenintensiv dar. Es gibt Abhängigkeiten, die sich durch den Erdölpreis, die eingesetzten chemischen Bestandteile sowie Fertigungskapazitäten ergeben. Daher sind Lösungen gefragt, die ohne diesen Werkstoff auskommen. Wie es auch ohne EPS geht, zeigen wir seit geraumer Zeit mit unserem Produkt „tempusROCK“. Der alternative Dämmstoff besteht aus trittfester Mineralwolle, lässt sich einfach verlegen und ist zu 100 % recyclebar und damit wesentlich umweltverträglicher. Darüber hinaus haben wir mit der Variante „tempusROCK TBS“ das weltweit erste Trockenbausystem aus diesem Werkstoff im Programm. Also echte Innovation mit Qualität Made in Ahlen.

SHK Profi: Verstehe ich dich richtig? Lieferengpässe gehören damit der Vergangenheit an?

Willi Lammering: Ja, das kann man so sagen. Zumindest ist das mit unserem Produkt ein weniger großes Thema. Immerhin setzen wir alles daran, das Handwerk zeitnah zu beliefern. Ein Versprechen, dass in unserer Firmenmentalität verankert ist. Kurze Lieferzeiten sind für uns ein Teil der Service- und Kundenorientierung. Aufgrund der hohen Nachfrage haben auch wir gelegentlich etwas längere Fertigungszeiten. Ganz klar! Deshalb haben wir in Einkauf und Logistik gezielt vorgesorgt. Wir sehen uns gegenüber treuen Marktbegleitern in einer nachhaltigen Lieferverpflichtung. Das hat für mich oberste Priorität; wir lassen sicherlich niemanden hängen!

SHK Profi: Das klingt vielversprechend. Du hattest auch etwas zu den neuen Wegen und Zielgruppen gesagt, um die angestiegenen Materialkosten und Lieferengpässe zu umgehen. Was können sich unsere Leser darunter vorstellen?

Willi Lammering: Das setzt sich aus zwei Entwicklungsphasen zusammen, die problemlos nachzuvollziehen sind. Zum einen sehen wir im SHK-Handwerk zunehmende Engpässe in der Personaldecke – die Betriebe haben zwar Aufträge, aber keine geeigneten bzw. zu wenig Fachkräfte. Wir haben hier mit einem gezielten Weiterbildungsprogramm, den Wärmebodentechniker, ins Leben gerufen. Das sind etablierte Handwerksbetriebe aus dem Estrich- und Fussbodengewerbe, die sich mit unserer Hilfe qualifiziert haben, um Flächenheiz-und kühlsysteme, bis zum Wärmeverteiler, fachgerecht zu verlegen. Derartige Partnerschaften vermitteln wir, um das SHK-Handwerk zu unterstützen. Wir sehen und betreiben das im kooperativen Miteinander – auf keinen Fall im Wettbewerb gegeneinander.

SHK Prof: Bitte entschuldige, aber für mich klingt es erstmal so, als ob Ihr der SHK-Branche Arbeiten wegnehmt und dem Estrichleger übergebt. Wo genau liegt die von dir erwähnte Unterstützung?

Willi Lammering: Grundsätzlich können wir dem Fachhandwerk keine Arbeiten wegnehmen und einem anderen Gewerk übergeben. Das wollen wir auch nicht. Allerdings müssen wir uns den aktuellen Gegebenheiten stellen. Die Schnittstellenkoordination zwischen den Gewerken stellt eine gewisse Herausforderung dar. Hier gilt es die Fehlerquote möglichst gering zu halten, da beispielsweise der Gebäudebestand, mit all seinen Facetten, immer höhere Anforderungen an eine fachgerechte Kon­struktion des beheizten Bodens stellt. In der Basis geht es um das Zusammenspiel der einzelnen Materialien. An dieser Stelle stößt der klassische SHK-Installateur in der Regel an seine Grenzen. Genau dort wollen wir von herotec eingreifen und eine Lösung bieten. Das Estrich- und Fussbodengewerbe ist im Bereich Materialzusammenspiel in seinem Element und sollte daher entsprechenden Handlungsspielraum bekommen. Wir wollen also lediglich zwischen den Gewerken vermitteln und uns dafür einsetzen, Regressansprüche durch Mängel im Bodenverbund zu verhindern. Die Hoheit hinsichtlich klassischer Teilaufgaben wie Hydraulik, Steuerung und Regelung wird immer beim SHK-Fachmann bleiben. Das steht für uns außer Frage.

SHK Profi: Wenn das funktioniert ist das sicherlich ein pragmatischer Weg, um Engpässe zu bewältigen und Schadensbilder abzuwenden.

Willi Lammering: Ganz genau. Wir arbeiten beispielsweise mit diversen Partnern aus der Bauchemie in Kooperationen – wir nennen das Industrieverbund – um spezielle Wärmeböden in Neu- und Altbauten zu realisieren, die nicht von der Stange sind. Wir können unseren Partnern damit Lösungen bieten, die sonst nicht so einfach zu finden sind.

SHK Profi: Das müsstest du bitte noch etwas genauer ausführen. Was genau steckt hinter dem Industrieverbund? Wie sehen solche Lösungen, die nicht von der Stange sind, aus?

Willi Lammering: Wie ich bereits angerissen habe, werden wir zukünftig noch mehr Bodenflächen im Gebäudebestand zu Heizflächen aktivieren müssen. Diese Tendenz ist bereits jetzt bestätigt durch ein massives Engagement der Sparte Bauchemie und Estrichtechnologie sowie der Fachsparte Fliesen und Bodentechnik für die Gesamtkonstruktion eines Wärmebodens. Aus diesem Grunde haben wir von herotec den Weg des Industrieverbundes eingeschlagen. Werksfreigaben für ein funktionales Zusammenspiel von herotec Produkten mit einer Großzahl von Anbieter in diesem Fachbereich und daher die logische Folge. Wir tragen damit Verantwortung und Weitsicht für diesen beschriebenen Wandel. Das meinte ich auch mit Lösungen, um Regressansprüche durch Mängel im Bodenverbund zu verhindern.

SHK Profi: Wenn ich deinen Ausführungen so folge, scheint einiges im Wandel zu sein, wenn man den Bereich Flächenheiz-und -kühlsysteme betrachtet.

Willi Lammering: Dass sich unsere Branche auf andere Spieler einstellen muss, zeichnet sich bereits seit einer Weile ab. Gute Ideen zur Auflösung des Montageengpasses sind gefragt. Das ist unser Auftrag. Dabei sind allerdings notwendige Veränderungen in den Rahmenbedingungen unerlässlich, beispielsweise der Handwerksordnung. Die Flächenheizung entweicht der SHK-Fachschiene schon jetzt allzu häufig beim Sanierungsmarkt im Gebäudebestand. Das geht so wie früher bei der Dachrinne – weg vom Klempner hin zum Dachdecker. So erleben wir auch heute schon die Deckenkühlung, die oft erst gar nicht in der SHK-Branche ankam. Wir begrüßen diese Situation nicht immer, aber wir können sie auch nicht ändern. Es gilt also Konzepte zu erarbeiten, die für alle Beteiligten Vorteile bieten.

SHK Profi: Ihr seid ja bekannt dafür, dass Ihr euch gezielt mit den Problemstellungen eurer Kunden auseinandersetzt. Durch den von dir beschriebenen Weg wird das nochmal deutlich. Wie schlägt sich dieser Weg in eurem Portfolio nieder?

Willi Lammering: Die Sparte ist vielseitig geworden. Das muss sich natürlich auch im Portfolio wiederfinden. In der Planung sowie der Montage von Flächenheizungs- und -kühlsystemen geben zusehends zudem neue Spieler mit den Ton an. Eine dieser Zielgruppen sind beispielsweise die Fliesenleger. Speziell in der Badsanierung sind elektrische bzw. niedrig aufbauende Systeme gefragt, die nicht zwingend wassergeführt sein müssen. Auch das Elektrohandwerk hat ein vitales Interesse an diesen Möglichkeiten, die sich bei uns im Programm „tempusVOLT“ vereinen. herotec hat immerhin drei elektrische Flächenheizungs-Systeme im Sortiment: „tempusVOLT“/“tempusVOLT AL“, „tempusVOLT PRO“ und „tempusVOLT OUT“. Letzteres wurde für die Beseitigung von Schnee sowie Eis auf Wegen, Rampen, Einfahrten und anderen Außenflächen konzipiert. Eigens dafür gibt es bei uns in Ahlen eine eigene Fertigungsstrecke für die elektronischen Varianten.

Nicht zu vergessen sind die Trockenbauer, die sich schon seit Jahren verstärkt mit der Montage von wärmeführenden Wand- sowie Deckensystemen beschäftigen, und die wir mit zahlreichen Trockenbausystemen bedienen. „tempusROCK TBS“ hatte ich ja schon erwähnt; außerdem gibt es zusätzlich die Trockenbausysteme der Baureihe „tempusDRY“ mit einer Aufbauhöhe des Bodens ab 23 mm.

SHK Profi: Worauf kommt es euch bei der Produktherstellung an? Gibt es da beispielsweise einen Leitsatz, der verfolgt wird?

Willi Lammering: Ich nenne da gern drei Faktoren: Qualität, Nachhaltigkeit und Montagefreundlichkeit. Unser Fertigungsprozess wird stets von strengen Qualitätskontrollen begleitet. Nachhaltigkeit bedeutet Langlebigkeit und das ist nur mit Präzision und hohen Gütestandards möglich. Unterstrichen wird dieser Ansatz durch unsere Funktionskontrollen. Des Weiteren müssen sich Produkte problemlos und handwerkergerecht montieren bzw. verlegen lassen – da legen wir enormen Wert drauf.

Mit unserem Portfolio sehen wir uns gut gerüstet, auch für die zukünftige Marktsituation. Zudem ergeben sich damit aktuell für uns auch Expansionsmöglichkeiten im europäischen Ausland. Alles in Allem sind wir auf einem guten Weg in Richtung Zukunft.

SHK Profi: Da bleibt mir nur noch euch weiterhin viel Erfolg und gute Geschäfte zu wünschen. Dank dir, für das wie immer angenehme Gespräch.

Willi Lammering: Sehr gerne, Fabian. Ich möchte den Dank gern an Dich zurückgeben – für so ein Interview stehe ich Dir immer gerne zur Verfügung!

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