Chance nutzen bei Umbau
und Erweiterung

Regenwasser als wertvoller Partner

Eine Regenwassernutzung ist in den meisten Fällen zwar nicht Pflicht, dennoch kann es sich für Betriebe und Privatanlagen finanziell lohnen, sie mit der vorgeschriebenen Kreislaufführung von Waschwasser zu kombinieren. Im nachfolgenden Beitrag werden Details dazu exemplarisch anhand von zwei Waschstraßen beschrieben. Viele der Punkte lassen sich auf andere Bauvorhaben übertragen und sind damit sinnvoll in die Planung aufzunehmen.

Im nachfolgenden Beitrag werden die Betriebswerkstatt der Eisenbahngesellschaft HzL in Gammertingen und der Straßenbahnbetriebshof der Leipziger Verkehrsbetriebe LVB in Dölitz vorgestellt. Beide haben Gebäude modernisiert und neu erstellt – und dabei das Regenwasser in die betrieblichen Abläufe integriert. Auf fast 20 Jahre gute Erfahrungen mit ihren Waschanlagen blicken die Pioniere der HzL zurück. Dass eine zeitgemäße Regenwasserbewirtschaftung darüber hinaus noch Maßnahmen der Versickerung, Verdunstung und der gedrosselten Ableitung mit vorgeschalteter Reinigung haben sollte, zeigt das erst vor wenigen Jahren realisierte vorbildliche Konzept der LVB.

Durchfahrwaschanlage mit Regenwasser in Gammertingen

Die Hohenzollerische Landesbahn (HzL) bedient als Privatbahn im Süden Baden-Württembergs Bahnstrecken und Buslinien. Und sie betreibt drei Waschanlagen für ihre Fahrzeuge an verschiedenen Orten. Dabei anfallendes Abwasser muss in Deutschland laut gesetzlichen Vorgaben gereinigt und wiederverwendet werden. Das schreibt der Anhang 49 der Abwasserverordnung vor. Besonders bei der Zug-Waschanlage in Gammertingen ist, dass sie die normalen Wasserverluste im Kreislaufverfahren statt mit Trinkwasser durch Regenwasser ausgleicht. Damit erfüllt die HzL Forderungen des Wasserhaushaltgesetzes (WHG 2009) nach dezentraler Bewirtschaftung des Niederschlags und begann damit schon 9 Jahre bevor dieses Bundesgesetz am 1. März 2010 Gültigkeit bekam. Ausschlaggebend waren, außer den ökologischen, die betriebswirtschaftlichen Gründe.

Herbert Datz ist für die technische Leitung verantwortlich und erklärt: „Mit unseren 38 Fahrzeugen kommen wir auf 7 bis 10 Wäschen pro Tag und verbrauchen dabei durchschnittlich 8 m³ Regenwasser. Wenn die Zisterne mit 80 m³ Nutzvolumen voll ist, reicht das gut für eine 10-tägige Trockenperiode. Doch aus heutiger Sicht wäre ein größerer Regenspeicher sinnvoll und wirtschaftlich“. Die großen Dachflächen der Betriebsgebäude liefern mehr Wasser, als genutzt wird. Die Versorgung der Toiletten wäre mit einem größeren Sammelbehälter zusätzlich möglich gewesen. Damit hätten sich die Trinkwassergebühren weiter senken lassen. In der Umgebung von Gammertingen, auf der Schwäbischen Alb, ist Trinkwasser ohnehin kostbar, weil sich im karstigen Gestein kein Grundwasser sammelt und Oberflächen­wasser fehlt.

Abwasserrecycling ist Pflicht

Beim Errichten des Betriebsgebäudes 2001 war die bestehende Zug-Waschanlage nicht mehr sanierungsfähig und musste von Grund auf neu konzipiert werden. Damit bot sich der HzL erstmalig die Gelegenheit, für den letzten Spülgang das Regenwasser der Dachflächen vorzusehen. Bekannt war damals, dass die laut Abwasserverordnung Anhang 49 (Mineralölhaltiges Abwasser) vorgeschriebene Kreislaufführung des Waschwassers ca. 30 % durch Verschleppung, Benetzung der Hallenflächen und Verdunstung verliert. Diese Menge gleicht die HzL durch das gesammelte, gebührenfreie Regenwasser aus. Nicht bekannt war während der Planung Ende der 1990er Jahre, dass 20 Jahre später Baugenehmigungen gemäß örtlicher Abwassersatzung bevorzugt bei vollständiger Bewirtschaftung des Niederschlags erteilt werden – oder, falls ausnahmsweise die Ableitung in den Kanal erforderlich und zulässig ist, dies Gebühren kostet. Eine Möglichkeit, diese Kosten zu verringern, wäre die intensivere Nutzung mit dem von Datz empfohlenen größeren Regenspeicher.

Bei der Kreislaufführung des Waschwassers werden Schlamm und Feststoffe im Vorbehandlungsbecken entfernt, gelöste Salze jedoch nicht. Damit deren Konzentration die Wirkung der Reinigungsmittel nicht mindert, ist die Nachspeisung von entsalztem Trinkwasser oder, wie bei HzL in Gammertingen, von natürlicherweise weichem Regenwasser erforderlich. Empfehlenswert ist, die fehlende Wassermenge nicht in den Behälter der Betriebswasservorlage zu füllen und mit dem aufbereiteten Recyclingwasser zu mischen, sondern damit die gewaschenen Fahrzeuge direkt klarzuspülen. Dann kann die manuelle Nachbehandlung der Scheiben entfallen. Im ablaufenden Wasser kommen genutztes Betriebs- und Regenwasser zusammen, die Nachspeisung der Recyclingmenge findet dort statt.

Weiches Regenwasser zum Klarspülen optimal

In der Waschhalle fahren die Züge einmal vorwärts und einmal rückwärts an den auf der Stelle drehenden seitlichen Waschbürsten vorbei. Abschließend wird mit Regenwasser klargespült. Eine Dachwäsche findet an den Zügen nicht statt, die Frontwäsche wird von Hand erledigt. Die guten Erfahrungen in Gammertingen haben laut Mathias King, dem für Baumaßnahmen zuständigen Mitarbeiter bei HzL, dazu geführt, dass zwei Jahre später beim Neubau einer weiteren Betriebswerkstatt für Züge in Immendingen mit der moderneren Portalwaschanlage die Kombination von Kreislauf- und Regenwasser ebenfalls realisiert wurde.

Im Rückblick kann festgestellt werden, dass die Regenwassernutzung bei beiden Zugwaschanlagen der HzL nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz ist, sondern sich auch Jahr für Jahr als Einsparung von Betriebskosten auszahlt. Speicher, Filter- und Pumpentechnik amortisieren sich in wenigen Jahren. Die Wartung beschränkt sich auf die Reinigung des Regenwasserfilters und ist je nach Anlage drei bis fünf Mal im Jahr erforderlich. Der Pumpenstrom für das Regenwasser ist mit weniger als 100 € pro Jahr vernachlässigbar.

Doppel-Portalwaschanlage mit Regenwasser in Leipzig

Der 2016 vollständig modernisierte und funktional erweiterte Betriebshof leistet einen entscheidenden Beitrag zum öffentlichen Personennahverkehr in Leipzig im technischen und logistischen Zusammenspiel mit dem Betriebshof Angerbrücke und dem Technischen Zentrum Heiterblick. Die Projektplanung für den Um- und Neubau des jetzigen Straßenbahnhofs Dölitz inklusive der dortigen Haltestellen lief seit 2010. Die Baumaßnahmen begannen im ersten Quartal 2014, die Eröffnung fand Mitte 2016 statt.

Auf dem Gelände entstand unter anderem eine erneuerte Infrastruktur mit optimalem Gleisbild und Bahnstromversorgung, eine Frei-Abstellanlage für max. 31 Züge – das entspricht 75 Straßenbahn-Fahrzeugeinheiten zu je 15 m Länge – mit Umlauftechnologie, sowie eine multifunktionale Betriebswerkstatt mit 3 Arbeitsständen und einer Waschanlage. Hier wird ein Teil des Regenwassers genutzt. Die Planer von der Arbeitsgemeinschaft Staupendahl & Partner + VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH haben errechnet, dass von 6.135 m² Dachflächen bei 600 mm Niederschlag und Ertragsbeiwerten von teilweise 0,5 und teilweise 0,8 pro Jahr ca. 2.400 m³ Regenertrag anfällt. Dem gegenüber steht ein einmaliger Löschwasserbedarf von 100 m³ sowie ein jährlicher Betriebswasserbedarf von 2.500 m³, im Einzelnen für

– Klarspülmenge Waschanlage (ca. 3,5 m³/Tag) = 1.300 m³

– Bewässerung von 5.000 m² Grünflächen (80 l/m²) = 400 m³

– Befüllen von 3 Gleispflegefahrzeugen (15,2 m³/Woche) = 800 m³

Gemäß DIN 1989-1 wurde die wirtschaftliche Regenspeichergröße ermittelt als Produkt aus dem kleineren Wert von jährlichem Regenertrag/Regenbedarf, multipliziert mit dem Faktor 0,06. Das ergibt aufgerundet 150 m³, was bei durchschnittlicher Wasserverwendung für ca. 3 Wochen reicht (52 Wochen x 0,06 = 3 Wochen). Zuzüglich 100 m³ Löschwasser im Dauerstau beträgt das eingebaute Behältervolumen 250 m³. Es liegt im Außengelände, nahe an der Waschanlage, um Leitungslängen und Saugrohrverluste zu minimieren. Bei leerem Speicher wird aus einem neu gebohrten Brunnen nachgespeist. Bei vollem Speicher, z. B. nach Starkregen, findet ein Überlauf in das nachgeschaltete Regenüberlaufbecken statt. Für den Fall extremer Ereignisse wurde von den Planern der Nachweis der schadlosen Überflutung gemäß DIN 1986-100 mit dem 30-jährigen Regen für das gesamte Areal des Betriebshofes geführt.

Kombinierte Regenwasserbewirtschaftung mit Solar-Gründach

Das Solar-Gründach der neu erstellten Betriebswerkstatt (Bauteil E) kann ca. 15 Liter Niederschlagswasser pro Quadratmeter speichern. Dadurch mindert es Abflussspitzen und entlastet die Kanalisation. Durch Verdunstungs- und Kühlungsvorgänge verbessert die Vegetation die Leistung der Photovoltaikanlage und trägt damit zur schnellen Rentabilität des Objektes bei. Das Substrat bildet die Auflast der Solar-Aufständerung, so dass Dachdurchdringungen vermieden werden. Die Kombination von Solar- und Gründach trägt zur Verbesserung der Energiebilanz von Gebäuden bei (Hitzeabschirmung und Wärmedämmung), reduziert Energieverbräuche sowie CO2-Emissionen, mindert Lärm und bindet Staub sowie Schadstoffe. Die Begrünung schützt zudem die Dachabdichtung, sodass eine Nutzungsdauer von 20 bis 25 Jahren ohne zwischenzeitliche Reparatur- bzw. Sanierungsarbeiten erreicht werden kann. Die bepflanzte Versickerungsfläche im Innenhof des Betriebshofs nimmt den Oberflächenabfluss der umliegenden Verkehrsflächen auf und reinigt diesen, gemäß der technischen Regel DWA-M 153 und DWA-A 138, durch eine mindestens 10 cm starke belebte Bodenzone. Der kf-Wert kennzeichnet die Durchlässigkeit des Bodens in gesättigtem Zustand, Einheit m/s. Als ausreichend wasserdurchlässig gelten kf-Werte von 10-3 bis 10-6, wie hier vorhanden. Zum Grundwasser ist der grundsätzlich geforderte Mindestabstand von 1,00 m ab Unterkante Versickerungsanlage gegeben. Für die Bemessung der Muldengröße wurde das 5-jährige Regenereignis herangezogen. Die Muldensohlfläche von 670 m² liegt mindestens 50 cm unterhalb der Verkehrsflächen. Die maximale Einstauhöhe beträgt 30 cm, reguliert durch die Lage des Notüberlaufs in das Regenrückhaltebecken. So wird ein Rückstau in die Verkehrsflächen vermieden und gewährleistet, dass der Einstau nicht länger als 24 Std. dauert. Im Zentrum der Sickermulde wurde Schilf gepflanzt, der eine jährliche Verdunstungsleistung von 1.500 l/m² hat. Das steigert die Kapazität der Anlage, verbessert die Luftfeuchtigkeit und kühlt – ein weiterer Beitrag zur Optimierung des Stadtklimas und der örtlichen Wasserbilanz in Leipzig.

Das Regenrückhaltebecken nimmt Überläufe der Versickerungsmulde und des Regenspeichers auf. Diese sind wenig belastet. Ebenfalls angeschlossene Gleis- und Verkehrsflächen müssen aufgrund ihrer Schmutzbelastung zunächst in eine Sedimentationsanlage entwässert werden, die dem Regenrückhaltebecken vorgeschaltet ist. Ihre Wirkung ist durch eingebaute Lamellenpakete optimiert, was eine kompakte Behälterform ermöglicht und zur Bezeichnung „Lamellenklärer“ führt.

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