Building-Management-Systeme

Einsparpotentiale ausschöpfen …

… durch Fernmanagement

Ständig steigende Energiepreise sowie zunehmende gesetzliche Vorgaben rücken das Thema „Energieeffizienz von Gebäuden“ immer mehr in das Bewusstsein von Bauherren, Planern, Gebäudeeigentümern und -nutzern. Das größte Einsparpotential liegt laut dem EU-Aktionsplan der Europäischen Kommission [1] mit 27 bis 30 % bis 2020 in den Bestandsgebäuden. Dieser Artikel zeigt Möglichkeiten auf, das tatsächliche Einsparpotential zu bewerten und auszuschöpfen.

Zur Energieeffizienz eines Gebäudes tragen viele Faktoren bei. Hierzu zählen u.a.:

■ die Isolierung gegen Witterungseinflüsse und Sonneneinstrahlung. Hierzu gehört auch eine verbesserte Dämmung;

■ die bedarfsgerechte Produktion von Heiz- und Kühlenergie;

■ die effiziente Nutzung von Fremdwärme im Gebäude, bzw. die effiziente Nutzung vorhandener Kälte (z. B. durch freie Nachtkühlung);

■ die effiziente, möglichst verlustarme Verteilung von Heiz- und Kühlenergie im Gebäude;

■ die Nutzung regenerativer Energien falls möglich, bzw. ein möglichst hoher Wirkungsgrad auch bei der Nutzung fossiler Energien;

■ die optimale Einstellung/Parametrierung der vorhandenen HLK-Anlagen;

■ die Reduzierung des Strombedarfs in HLK-Anlagen (Umwälzpumpen, Ventilatoren etc.).

Ziel ist es, mit minimalem Energieaufwand maximalen Komfort zu erzeugen. Die Regelungstechnik spielt bei allen genannten Punkten eine direkte oder indirekte Rolle bei der Sicherstellung der Energieeffizienz. Auch im Bereich der „Gebäudeisolierung“ kann Regelungstechnik zum Einsatz kommen: Z.B. können zur Isolierung gegen Strahlungswärme elektronisch geregelte Sonnenblenden eingesetzt werden, die durch eine automatische Abschattung bei zu starker Sonneneinstrahlung die Kühlenergie im Gebäude reduzieren.

Vor jeder Optimierungsanstrengung bezüglich der Energieeffizienz steht die Bewertung des Einsparpotentials. Die Graphik [1] in Bild 1 aus einer europäischen Studie zeigt einen Vergleich verschiedener Gebäudetypen aus dem Nichtwohnbereich bezüglich ihres Heizenergieverbrauchs. Auch wenn die Daten aufgrund mangelnder Informationen aus den einzelnen EU-Mitgliedsländern bei weitem nicht vollständig sind, so kann man doch Rückschlüsse auf vorhandene Potentiale ziehen: Es ist z.B. deutlich sichtbar, dass pro Quadratmeter Bürofläche in den Niederlanden fast dreimal soviel Heizenergie benötigt wird wie in Deutschland.

Um das Einsparpotential eines existierenden Gebäudes zu bewerten, gibt es zahlreiche Ansatzpunkte. Mit Hilfe von Wärmebildkameras kann z.B. der Wärmeverlust eines Gebäudes visualisiert werden, wie Bild 2 [2] zeigt, um damit Rückschlüsse auf Einsparungen durch eine optimierte Wärmedämmung zu erhalten.

BMS-Systeme

Building-Management-Systeme (BMS), wie die „Arena“ von CentraLine (www.centraline.com), können helfen, konkrete Verbrauchswerte aufzunehmen und für deren Vergleichbarkeit sorgen: Z.B. können anhand von Gradtagzahlen Witterungseinflüsse und Heizkosten gegenübergestellt werden, um eine Vergleichbarkeit der Heizkosten in verschiedenen Monaten zu erhalten.

Von einem BMS-System protokollierte Verbrauchswerte lassen auch Vorher/Nachher-Vergleiche zu: Die Effektivität von Optimierungsmaßnahmen kann so nachverfolgt werden. Im Beispiel (siehe Bild 3) ist nach der erfolgten Optimierung eine Senkung des Heizenergieverbrauchs um ca. 30 % zu erkennen. Die vom BMS-System erfassten Daten liefern Informationen über das Optimierungspotential im laufenden Anlagenbetrieb, wobei nachgeschaltete Energiemanagementsys­teme die Datenauswertung und -aufbereitung automatisieren, so dass Entscheidungsgrundlagen in Echtzeit erzeugt werden. Hierbei kommen viele verschiedene Analyseformen zum Einsatz, wie z.B.:

■ die Grundlastanalyse, die Aufschluss über Verbrauchswerte während der unbelegten Gebäudezeiten gibt (Bild 4),

■ die Spitzenlastanalyse, die Aufschluss über Lastspitzen z.B. bei elektrischen Verbrauchern gibt (Bild 5),

■ verschiedene Tarifanalysen, die z.B. Auswirkungen eines Tarifwechsels bei einem Stromversorger anhand realer Verbrauchsdaten analysieren (Bild 6),

■ Vergleichsanalysen, z.B. Abweichungen im Verbrauch an verschiedenen Wochentagen oder bei verschiedenen Gebäuden (Bild 7).

 

Fernzugriff auf BMS-System

Um notwendige Daten für das Energiemanagement von einem lokal installierten BMS-System zu erhalten, muss die Möglichkeit des Fernzugriffs gegeben sein: Aus verschiedenen Liegenschaften können Verbrauchsdaten über Fernzugriff ausgelesen und analysiert werden, um die Notwendigkeit von Optimierungsmaßnahmen zu bewerten, oder um die Effektivität von Maßnahmen zu überprüfen.

BMS-Systeme erlauben jedoch nicht nur die Datenbeschaffung, sondern – die entsprechende Berechtigung vorausgesetzt – den aktiven Eingriff in die Regelung jeder Anlagenkomponente, vom Kessel bis zum Raumregler. Somit können von einem Servicepartner Optimierungen durchgeführt werden, ohne dass hierzu eine Fahrt zur Anlage notwendig ist. Zeitprogrammeinstellungen oder Regelparameter können im laufenden Betrieb an veränderte Gegebenheiten angepasst werden. Das Einsparpotential durch eine optimal eingestellte Regelung ist dabei enorm: „Wir konnten in einem Wohnbauprojekt in Eberswalde bei Berlin Energiekosteneinsparungen von 25 % nachweisen. Dieses Einsparpotential wurde ausschließlich durch ein neues, optimal eingestelltes „CentraLine“-Regelungssys­tem realisiert. Am Gebäude selbst wurde nichts verändert. Als „CentraLine“-Servicepartner überwachen wir die Liegenschaften ständig und stellen einen gleich bleibend optimalen Betrieb der Anlage sicher. Hierzu ist ein Fernzugriff auf alle Anlagendaten, wie ihn die „Arena“ bietet, unabdingbar.“, berichtet Marco Reinicke von der R&T Gebäudeanlagentechnik GmbH (Bild 8).

Regelparameter prüfen

Schlecht eingestellte Regler gehen nicht nur zu Lasten der Energieeinsparung. „Kriecht“ der Regler zu langsam auf seinen Zielwert, so hat dies negative Auswirkungen auf den Komfort: Der vorgegebene Sollwert wird nicht oder zu spät erreicht. Schwingt der Regler über, geht dies nicht nur zu Lasten des Energieverbrauchs, sondern auch zu Lasten der Lebensdauer von Anlagenkomponenten: Tango tanzende Ventile (bzw. deren Antriebe) verbrauchen nicht nur mehr Strom, sondern sind einer höheren mechanischen Belastung ausgesetzt, was die Lebensdauer entsprechend verringert. Über spezielle Funktionen eines BMS-Systems können fehlerhaft eingestellte Regelparameter schnell lokalisiert und die Einstellungen entsprechend angepasst werden: direkt vom Büro des Service-Partners aus.

Regelkreis spielt zentrale Rolle

Energieeffizienter und damit kostensparender Betrieb von Anlagen ist ein „Regelkreis“, in dem BMS-Systeme eine zentrale Rolle spielen:

■ Verbrauchs- und andere Betriebsdaten der Anlage müssen zunächst erfasst werden, um auf Fakten basierende Entscheidungen treffen zu können. Die Rolle des BMS-Systems geht hier über die reine Datenerfassung hinaus. Meist dient es auch als Zwischenspeicher, in dem Daten gepuffert und aggregiert werden, sowie als „Datenverteiler“, um die gewünschten Daten verschiedenen Nutzern über Fernzugriff zur Verfügung zu stellen. Die Nutzer können hierbei sowohl menschliche Nutzer (z.B. Servicepartner) als auch Computer sein, die die Daten weiterverarbeiten.

■ Die Rohdaten werden – automatisch oder manuell – ausgewertet, um das Optimierungspotential qualitativ und quantitativ bewerten zu können. Die automatische Auswertung kann hierbei das BMS-System selbst vornehmen, oder durch ein nachgeschaltetes, spezialisiertes Energiemanagementsystem vornehmen lassen. Da die Analysen verschiedenen Benutzern zur Verfügung stehen müssen, ist auch hier ein Fernzugriff, z.B. über einen Internetbrowser wünschenswert.

■ Wird Optimierungsbedarf festgestellt, so kann die Optimierung durch Fernbedienung des BMS-Systems über Browser direkt vorgenommen werden, ohne dass hierzu an die Anlage gefahren werden muss.

■ Nach erfolgter Optimierung wird das Ergebnis überprüft. Hierzu müssen vom BMS-System erneut Daten erfasst und analysiert werden, um sie mit dem vorherigen Zustand zu vergleichen.


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