Portrait

Elefantengras und Kooperationen

Erfolgskonzept eines Hand werksbetriebs

Was macht einen Handwerksbetrieb so besonders, dass ihm der Buchautor Dr. Franz Alt und der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer einen Besuch abstatten? Dass ihm der Hamburger Solarpreis verliehen wurde? Dass er auf der Hannover Messe zu einer Podiumsdiskussion mit Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander eingeladen wurde? Die Firma Stöver Haustechnik aus Himmelpforten ist ein Vorzeigebetrieb, der voll auf erneuerbare Energien setzt und damit einen beachtlichen Erfolg hat. Und das Beste daran – von dem erfolgreichen Konzept des Handwerksbetriebs können auch andere Handwerker bundesweit profitieren.

Rund 50000 SHK-Handwerksbetriebe gibt es in Deutschland, die sich den kleiner werdenden Kuchen der Aufträge im Bereich Sanitär- und Heizungstechnik teilen müssen. Die Wirtschaftskrise tut ein Übriges, um den Kuchen noch weiter schrumpfen zu lassen. Um überhaupt noch an Aufträge zu kommen, argumentieren daher viele Handwerker über den Preis – mit der Folge, dass die Wirtschaftlichkeit und leider auch so mancher Betrieb auf der Strecke bleibt. Bei Stöver Haustechnik (www.stoever.com) in Himmelpforten (westlich von Stade) hingegen denkt man gar nicht daran, die eigene Leistung unter Wert zu verkaufen. Der Betrieb, der auf eine fast 160jährige Tradition zurückblickt, hat sich zu einem Vorzeigeobjekt in der Region entwickelt, der mit kluger Führung, fundiertem fachlichen Know-how, cleverem Marketing, sinnvollen Netzwerken und vor allem mit den richtigen Argumentationsketten beim Kunden Erfolge erzielt und Projekte umsetzt, die weit über den Landkreis Stade hinaus Beachtung finden. Kunden kommen dabei ausschließlich aus dem privaten und gewerblichen Bereich. „Von Aufträgen der öffentlichen Hand, von Bauträgern oder Architekten lassen wir die Finger, denn da können wir unser Know-how und unsere ausgefeilten technischen Lösungen nicht in ausreichendem Maße einbringen. Da geht doch meist alles über den Preis“, weiß Firmeninhaber Dipl.-Ing. Ingo Stöver zu berichten. Und das Konzept scheint aufzugehen, denn trotz Wirtschaftskrise stehen die Zeichen für Ingo Stöver und seinen Vater Helmut Stöver auf Expansion. Zu den bereits 30 Mitarbeitern der Firma kommen in Kürze ein kaufmännischer Betriebsleiter, ein Vertriebsingenieur und zwei Profiverkäufer hinzu (Lesen Sie hierzu auch den Beitrag „Gewinn für alle Beteiligten“ in dieser Ausgabe des SHK Profi, denn selbst die Personalsuche mit Unterstützung des Personalberaters Ewald W. Schneider stellt etwas Besonderes dar.).

 

Aus der Vergleichbarkeit herauskommen

Aber damit nicht genug: Ingo Stöver möchte sein erfolgreiches Firmenkonzept auch anderen Handwerksbetrieben im Rahmen eines Franchisekonzepts anbieten. „Unser Konzept funktioniert schon im Kleinen. Und es kann mit anderen Betrieben noch deutlich ausgebaut werden. Alle würden von einer solchen partnerschaftlichen Zusammenarbeit profitieren“, behauptet Ingo Stöver zuversichtlich. „Das große Ziel in wirtschaftlich schwierigen Zeiten muss für Handwerksbetriebe lauten, dass man aus der Vergleichbarkeit zu anderen Betrieben herauskommt. Uns ist dies bereits gelungen“.

Was macht nun die Besonderheit der Stöver GmbH aus? Von außen und auf den ersten Blick scheint der Betrieb sich nicht von anderen SHK-Betrieben zu unterscheiden. Wer das Firmengebäude betritt, den erwartet u.a. eine gut ausgestattete und ansprechende Badausstellung, wie es sie in vielen Betrieben – wenn auch nicht immer in dieser Größe – gibt. Das Geschäftsmodell „Komplettbad“ wird von Vater Helmut und Sohn Ingo Stöver schon seit vielen Jahren mit Erfolg betrieben und durch enge Kooperation mit anderen Handwerksbetrieben der Region effizient umgesetzt. Aber das allein ist noch kein Alleinstellungsmerkmal. Ungewöhnlicher ist es schon, dass man Kunden nicht nur im Bereich Bad die Vorteile einer Handwerkerkooperation anbietet. Wer z.B. die komplette energetische Sanierung eines Gebäudes von der Außenhautdämmung, über neue Fenster, ein Solardach bis zur Wärmepumpe wünscht, bekommt von der Stöver GmbH nach dem Motto „Handwerk Hand in Hand“ die Tätigkeiten von Maurern, Zimmerern, Tischlern, Raumausstattern, Gartenbauern, Malern und Fliesenlegern mit den eigenen Kompetenzen im Bereich SHK und Elektro koordiniert. Ingo Stöver ist auch zertifizierter Energieberater und bringt daher das erforderliche Fachwissen mit, um auch über den Tellerrand der Heizungstechnik hinausschauen zu können. Sogar der Bereich Farmtechnik mit Milchkühlanlagen findet sich im Portfolio der Himmelpfortner Allrounder.

 

Solarspezialist

Der Schwerpunkt liegt allerdings im Bereich Erneuerbare Energien und es gibt sicher wenige Handwerksbetriebe in Deutschland mit einem so breit gefächerten und in die Tiefe gehenden Know-how in diesem Segment. So ist die Stöver GmbH z.B. BUSO-Gründungsmitglied. BUSO (www.buso.de ) steht für Bund Solardach eG und die Mitglieder sind auf Solar- und Energietechnik spezialisierte Betriebe, die mit dem BUSO-Solardach eine Spezialkonstruktion zur Dachintegration anbieten. Hinzu kommen spezielle Solar-Wärme-Übertragungsstationen, Pufferspeicher, Frischwassermodule und die erforderliche Regeltechnik. Weiter ist die Stöver GmbH eines von 150 Mitgliedern im Sonnenhaus-Institut e.V. (www.sonnenhaus-institut.de), das die Entwicklung und Verbreitung weitestgehend solar beheizter Gebäude vorantreibt und das mit der Sonnenhaus-Architektur und dem Sonnenhaus-Heizkonzept die Wärme für ein Gebäude zu 100 % regenerativ erzeugt.

 

Spezielles Fach-Know-how für Wärmepumpen und Festbrennstoffe

Doch nicht nur die Solartechnik, sondern auch die Wärmepumpentechnik beherrschen die Stövers aus dem Effeff. Und auch in diesem Segment haben sie es geschafft, aus der Vergleichbarkeit zu anderen Betrieben herauszukommen. Zwar haben sie hier Standardprodukte bekannter Hersteller im Programm, aber in Kooperation mit dem ebenfalls auf erneuerbare Energien spezialisierten Handwerksbetrieb Gemeinhardt aus Bayern (www.gemeinhardt.ag) wird auch das Wärmepumpensystem „EVI“ angeboten. „EVI“ ist eine neue Generation leistungsfähiger und sparsamer Wärmepumpen-Heizsysteme (Luft/Wasser) und wurde mit technischen Komponenten der Firma Mitsubishi Electric (www.mitsubishi-electric-aircon.de) extra für unsere kalte Klimaregion weiterentwickelt. Übergabestation und Regelung sind von Gemeinhardt selbst entwickelt und optimal aufeinander abgestimmt. Was beim Know-how-Transfer im Bereich Wärmepumpentechnik von Bayern Richtung Norddeutschland funktioniert, klappt in Gegenrichtung im Bereich Festbrennstoffheizung. Hier wiederum ist Stöver Haustechnik – bzw. die hierfür gegründete eigene Firma IBS Engeneering – absoluter Profi und für den Hersteller Hargassner (www.hargassner.at) Vertriebspartner in Norddeutschland. „Dies sind alles intelligente Produkte mit einer hohen Wertschöpfung für unsere Kunden“, so Ingo Stöver.


Brennstoff vom eigenen Feld

Und bei allem geht man mit gutem Beispiel voran und sorgt auch dafür, dass dies möglichst vielen bekannt gemacht wird. Das eigene Firmengebäude in Himmelpforten ist ein Musterbeispiel für die intelligente Verknüpfung erneuerbarer Energien. Hier sorgen eine 50 m² große Solaranlage (aufmerksamkeitsstark installiert auf einem Haus direkt an der dicht befahrenen Landstraße), ein Pelletkessel (23 kW), ein Hackgutkessel (100 kW) und ein Puffer (1000 l) für die nötige Wärme in Ausstellung, Büros und Lager. Kunden, die den Betrieb besuchen, können sich die Anlage anschauen und im Internet-Auftritt findet man unter „Referenzen“ eine Kurzbeschreibung und ein Schema der Anlage mit dem besonderen Clou, dass die aktuellen Werte der Solaranlage und des Heizkessels online einzusehen sind.

Ein medienwirksames Highlight der Anlage ist jedoch vor allem der verwendete Brennstoff. Die Stövers ernten auf einem gepachteten Acker selbst gepflanztes Elefantengras (Miscanthus) und haben so die völlige Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen geschafft. Buchautor Dr. Franz Alt war vor einiger Zeit eigens vor Ort, um den Stövers symbolträchtig den Gashahn abzudrehen. Das schnell wachsende Elefantengras wird in unseren Breiten drei bis vier Meter hoch und kann drei Jahre nach dem ersten Anbau zum ersten Mal mit einem normalen Mähdrescher geerntet werden. Die nun erstmals eingefahrenen 260 m³ Hackgut (Ertrag eines Hektars entspricht dem Brennwert von ca. 6000 l Heizöl) liefern genug Energie, um den Betrieb ein Jahr zu heizen. Das gehäckselte Elefantengras besitzt eine Restfeuchte von ca. 15 % und kann direkt in der eigenen Hargassner-Heizung verfeuert werden. Sollten weitere Anbauflächen in der Region hinzukommen (bislang gibt es 26 Hektar im Landkreis Stade), ist sich Helmut Stöver sicher, dass bald ein Lohnunternehmer eine elefantengrasgeeignete Brikettpressanlage anschafft, um so das Lagervolumen zu reduzieren (um den Faktor 5). Nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ trägt Ingo Stöver die Botschaft jedenfalls in die Lande, sorgt für Veröffentlichungen, hält Vorträge und begeistert immer mehr Kunden für seine Konzepte.


Die Botschaft hinaustragen

Die intelligente Kombination ausgereifter Produkte ist aber nur das eine – wirtschaftlicher Erfolg stellt sich nur ein, wenn man diese als Handwerksbetrieb mit geschultem Verkaufsgeschick vermarktet. Ingo Stöver ist sich sicher: „Wir müssen die Botschaft hinaustragen. Auf uns kommt sonst keiner von sich aus zu, um eine Anlage installiert zu bekommen.“ Logische Konsequenz ist daher die Einstellung von zwei Profiverkäufern, die gezielt Gewerbekunden angehen sollen. Die so akquirierten Aufträge sollen dann von dem neu eingestellten Vertriebsingenieur – unterstützend zur Ingenieurleistung von Ingo Stöver – umgesetzt werden. Und die bislang umgesetzten Projekte können sich wahrlich sehen lassen und wurden auch schon entsprechend gewürdigt. Für eine intelligente Kombination aus Solartechnik und Hackgutheizung erhielt Ingo Stöver vor zwei Jahren den Hamburger Solarpreis. Ihm war es gelungen, die Heizkosten eines Industriekunden um stolze 79 % zu reduzieren. Ein Energiekonzept für die bekannte Firma Edding, das gerade ausgearbeitet wird, bringt dem Kunden satte 62 % Energieeinsparung (entspricht 95 000 € Kostenreduzierung) pro Jahr. Diese Zahlen sprechen für sich und das Gespräch bei Kunden ist daher ganz schnell weg von den Kosten für Produkte und Arbeitslohn und dreht sich fast nur noch um künftige Energiekosteneinsparungen.

 

Keine Perlen vor die Säue werfen

„Wenn das so gut funktioniert, warum machen das dann nicht mehr Firmen?“, wollte jüngst der Niedersächsische Umweltminister Heinrich Sander auf der Hannovermesse von Ingo Stöver wissen. Wer zum Ziel will, muss allerdings auch den Weg kennen. Ingo Stöver kennt den Weg und ist bereit, andere Betriebe auf diesem Weg mitzunehmen: „Das Zusammenspiel der verschiedenen technischen Komponenten habe ich tiefgehend durchstrukturiert und aufeinander abgestimmt. Man muss nur noch die objektspezifischen Gegebenheiten kennen. Hierfür habe ich eine eigene Simulationssoftware entwickelt, die für einen Kunden in kürzester Zeit aussagekräftige Präsentationsunterlagen erstellt – inklusive Schema, Stückliste und parametrierter Regelung. Das ist ein Klacks! Und dann könnte ich mit dem Konzept in die Massenproduktion gehen und Hunderte Projekte abwickeln. Ausführen kann ich natürlich nicht alle.“ Hierfür benötigt er Unterstützung durch andere Betriebe, die im Rahmen eines Franchisevertrags die Produkt- und Verkaufsstrategie adaptieren wollen. „Einzige Gegenleistung, die ich erwarte, ist, dass das Franchise-Konzept auf fruchtbaren Boden fällt und ich nicht Perlen vor die Säue werfe. Partner müssen bereit sein, das Konzept intensiv umzusetzen, sich schulen zu lassen und in eine Verkaufsmannschaft zu investieren.“ Kundenklientel der Partnerbetriebe sollten einerseits Gewerbekunden – wie oben beispielhaft beschrieben – sein, andererseits Endkunden, denen Einfamilienhäuser errichtet werden könnten, die mit 40 € Jahresheizkosten auskommen. Ingo Stöver hat schon mit einigen anderen Handwerksbetrieben in der Region zusammengearbeitet und das Feedback war überaus positiv. „Die Vorarbeit, die ich geleistet habe, kam diesen Betrieben sehr zugute und deren Margen sind hervorragend gewesen. Wir stellen z.B. für Solaranlagen alle Komponenten zusammen – ein Karton mit Regelungstechnik und Sensorik, ein Karton mit Solarhydraulik und einer mit Heizungshydraulik. Das ist dann nur noch so wie der Zusammenbau eines Lego-Autos nach Anleitung“, argumentiert Ingo Stöver. „Mit anderen Betrieben funktioniert die Vorgehensweise im Bereich Festbrennstoffheizung – oder als Kombination aus beidem. Es läuft alles schon im Kleinen und könnte bundesweit ausgebaut werden. Profitieren würden alle Beteiligten.“

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