Energiesystem gewechselt

Von E-Heizung zu Gas-Brennwert, Solar und Kamin

Elektroflächenheizungen waren in den 70er und 80er Jahren die haustechnische Avantgarde. Heute ist ihr Betrieb nur noch kostspielig. In Buchholz bei Büsum wurde deswegen ein Einfamilienhaus komplett neu ausgestattet, mit viel erneuerbarer Wärme und wirtschaftlicher Gas-Brennwerttechnik.

Das 160 m² große Einfamilienhaus im ländlichen Buchholz (Schleswig-Holstein) ist typisch für seine Epoche: Anfang der 90er Jahre entworfen und erbaut bietet es großzügiges Wohnen auf einer Ebene mit dem speziellen Charme eines Walmdach-Bungalows. Allerdings konnte das bis dato unsanierte Objekt auch energetisch nicht verleugnen, dass es aus einer anderen Zeit stammt: Mit einem Wärmebedarf von etwa 100 kWh/m²a schon vergleichsweise gut gedämmt, war die Heiztechnik der eindeutige Schwachpunkt. Denn Ende der 80er Jahre waren Elektroheizungen besonders beliebt, die mit Heizschlangen unter den Fliesen für Wärme sorgten. Das war preiswert beim Bau und einzelraumgeregelt ausgesprochen komfortabel in der Wärmeverteilung. Nur die Achsen an den Stromzählern glühten jedes Mal vor Freude, wenn im kalten Winter der Sturm von der nahen Nordsee über das Land und damit die Wärme aus dem Haus zog. Für Familie Bohlmann stand deswegen schon vor dem Einzug fest, diese überaus kostenintensive Variante der Wärmeversorgung vom Netz zu nehmen und durch eine energetisch und ökologisch wirtschaftlichere Lösung zu ersetzen. Volker Streich vom Heizungsbauunternehmen Schlüter (Meldorf) kennt vergleichbare Aufgabenstellungen mehr als genug: „Bei den Häusern aus den 70er und 80er Jahren findet im Moment ein Generationenwechsel statt. Die ursprünglichen Erbauer, die damals die Technik ausgewählt haben, können damit in aller Regel gut leben – auch weil sie meist große Sorge vor zu massiven Eingriffen in die Haustechnik haben. Beim Besitzerwechsel aber wird ohnehin alles auf den Prüfstand gestellt – und die jungen Leute wollen ökologischer heizen, dabei zugleich die monatlichen Energiekosten möglichst gering halten.“

Perspektivisch wäre, räumt der engagierte Haustechniker ein, „die Weiternutzung der elektrischen Energie eigentlich gar nicht schlecht. Denn gerade hier im Norden steht über die vielen Windkraftanlagen ganzjährig mehr als genug Strom zur Verfügung.“ Was bleibt, ist aber die Tatsache, dass die windabhängige Bereitstellung des Stroms und die Nutzungsphasen nur in den seltensten Fällen direkt aufeinander passen. Investitionen in Speicher- und Regelungstechnik wären also in jedem Fall notwendig: „Außerdem bleibt dann immer das Restrisiko, in welchem Zustand die elektrischen Heizschlangen im Estrich tatsächlich sind.

 

Optimale Wirtschaftlichkeit

Streich umreißt die daraus resultierende Aufgabenstellung: „Letzten Endes musste hier, wie bei den meisten vergleichbaren Bauvorhaben, die optimale Kombination aus Zukunftssicherheit, Eingriff in die Bausubstanz, ökologischem Anspruch und Investitionsvolumen gefunden werden.“ Und diese Kombination ist anlagentechnisch ebenso unspektakulär wie in der Praxis überzeugend: Heizungsbaumeister Streich installierte zunächst eine neue Kellerverteilung für Vorlauf/Rücklauf Heizung, und zwar derart, dass die zimmerweise ebenfalls neu angebrachten Plattenheizkörper mit minimalen Anschlussstrecken durch die Kellerdecke über den Verteilerbalken an einen 800 l Multi-Funktionsspeicher angebunden werden konnten. Die notwendige Wärme für diesen Energiespeicher kommt in erster Linie von einer 12,5 m² großen thermischen Solaranlage auf dem ideal mit 40° Steigung nach Südwesten ausgerichteten Walmdach. Unterstützt wird die regenerative Wärmeerzeugung durch einen Kaminofen mit Wassertasche und 6 kW Leistung im Wohnzimmer der Bohlmanns.

Und erst, wenn diese beiden Quellen nicht ausreichend Wärme liefern, wie beispielsweise bei hoher Abnahme von Trinkwarmwasser, schaltet sich automatisch ein wandhängendes Gas-Brennwertgerät „ecoTEC exclusive“ von Vaillant (www.vaillant.de) zu. Es hat 19 kW Leistung, kann also im Ernstfall auch bei hohem Warmwasser- und Heizwärmebedarf ohne regenerative Ergänzungen die Versorgung des gesamten Hauses abdecken.

 

Gemeinsame Regelung

„Das alles Entscheidende aber ist“, so Streich, „die gemeinsame Regelung hinter diesen Komponenten. Deswegen wurden Gas-Brennwertgerät, Solaranlage und Multi-Funktionsspeicher auch ganz bewusst aus dem Systemverbund eines Herstellers genommen und gemeinsam auf einen zeit- und witterungsgeführten Solarsystemregler geschaltet.“

Das Ergebnis ist eine perfekt abgestimmte „Ertragssteuerung“, die die solaren und thermischen Wärmegewinne aus der Solaranlage und dem Kaminofen bevorzugt einspeist und dadurch für signifikant niedrigere Verbrauchskosten im 3-Personen-Haushalt sorgt.

Zudem kann am Regler mit einem simplen Knopfdruck in Echtzeit abgerufen werden, wie viel regenerative Energie schon „geerntet“ wurde.

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