Frische Luft braucht neue Wege

Kombination aus zentraler und dezentraler Lüftung Referenzprojekte in Dortmund und Frankfurt

Wenn es um den ausreichenden Luftwechsel in energetisch optimierten Wohngebäuden geht, mussten sich Bauherren oder Planer bislang zwischen zentralen und dezentralen Lüftungslösungen entscheiden. Ein neuer Ansatz aus der Schweiz vereint das Beste aus beiden Welten.

Auf einem 980 m2 großen Areal im Dortmunder Kaiserviertel entstehen zurzeit im Rahmen eines Bauherren-Projekts sieben hochwertige Eigentumswohnungen. Das 4-geschossige Wohngebäude wird die Maßgaben des Plusenergie-Standards erfüllen. Das gelingt im Wesentlichen durch ein eigenes Blockheizkraftwerk zur Wärme- und Stromerzeugung, einer Photovoltaik-Anlage und einer gut gedämmten und dichten Gebäudehülle. Intensive Gedanken haben sich Bauunternehmer Thomas Ahaus, Inhaber der Ahaus Bauunternehmung Greven, das Dortmunder Architekturbüro Post und Welters sowie der Mendener Planer Dipl.-Ing. Michael Heering im Vorfeld über die notwendige Lüftungstechnik gemacht, die das luftdichte Gebäude mit ausreichend Frischluftzufuhr versorgen soll. Entschieden haben sie sich schließlich für die „airModul“-Technologie, ein ursprünglich in der Schweiz entwickeltes und patentiertes Lüftungssystem des Aachener Unternehmens airFinity (www.airfinity.de).

Derzeit geht das Bauprojekt in die Endphase – der stressigste Abschnitt. Ahaus muss die verschiedenen Gewerke technisch und terminlich koordinieren, kontrollieren, ob alle rechtlichen Vorgaben wie z.B. Brandschutzvorschriften eingehalten sind, und natürlich die Kosten im Blick behalten. Die Entscheidung für airFinity bringt ihm in dieser Hinsicht große Entlastung, denn das Aachener Unternehmen liefert ihm ein Komplettpaket.

Alles aus einer Hand

Planung, Inbetriebnahme und spätere Wartung bietet airFinity seinen Kunden aus einer Hand. Die Ingenieure sind von Anfang an in das Projekt involviert. Sie erstellen ein individuell passendes Lüftungskonzept nach Norm und übernehmen auch die vollständige Brandschutzplanung für den lüftungstechnischen Teil. Später begleiten sie Planer und Bauunternehmer während der kompletten Bauzeit. Für Thomas Ahaus ein großer Pluspunkt: „Die sonst üblichen Kommunikationsprobleme, die sich durch Planung und Ausführung ergeben, blieben aus.“

Die Anlage selbst überzeugte Ahaus mit ihrer durchdachten und platzsparend zu installierenden Bauweise: Obwohl sich die Lüftung dezentral für jede Wohneinheit separat steuern lässt, sind alle aktiven Komponenten der Anlage samt Filter zentral auf dem Dach untergebracht. Die Luftführung erfolgt – ähnlich wie bei einer Kaminlüftung – für jede Wohnung getrennt über einen eigenen, in einem vertikalen Schacht platzierten Kanalwärmetauscher und endet in einer eigenen Dachzentrale. Kleingeräte in den Wohnungen entfallen dadurch. „Daher steht mehr Wohnfläche zur Verfügung, und wir haben mehr Gestaltungsfreiheit bei der Bauausführung“, beschreibt Ahaus.

Das Verteilsystem wird innerhalb der tragenden Deckenkonstruktion eingebaut und mit dem jeweiligen Wärmetauscher verbunden. Diese sind aus Aluminium gefertigt und haben einen Querschnitt von 200/273 mm. In Dortmund wurden sie mit einem Abstand von 80 mm zueinander über das Dach in die vorgesehenen Schächte eingebracht. In zwei lufttechnisch voneinander getrennten Kammern werden die Fortluft und die Außenluft jeder Wohnung separat so geführt, dass es zu keiner Vermischung der Luftströme kommt. Die Lüftungsanlage erreicht einen Wärmebereitstellungsgrad von 84 % zzgl. der internen Wärmegewinne durch das Luftkanalnetz. Dies ist nicht zu verwechseln mit Wärmerückgewinnungsgraden von über 90 % von dezentralen Lüftungsgeräten, die nur die Effizienz des Kompaktwärmetauschers unter optimaler Luftkonditionierung angeben, aber nichts über die Wärmebereitstellung des Gesamtsystems aussagen. Der in Dortmund bereits in der Planung berücksichtigte – aber nicht zwingend notwendige – separate Schacht für den Wärmetauscher hat zudem den Vorteil, dass es die sonst üblichen Querabhängigkeiten mit anderen Gewerken minimiert.

Individuelle Lösungen

Knapp 200 km südlich, in Frankfurt am Main, kommt die neue Lüftungstechnologie bereits in zwei großen Wohnquartieren zum Einsatz. An der Hansa Allee im Frankfurter Westend wohnten früher die Arbeiter der Hoechst AG. Heute stehen auf dem fast 14 000 m² großen Areal sieben hochmodern ausgestattete 5- bis 7-geschossige Wohngebäude. Das kommunale Wohnungsunternehmen, die ABG Frankfurt Holding, hat das Ensemble als Modell für generationenübergreifendes Wohnen 2008 entwickelt. Das gesamte Quartier haben die Planer nach dem Passivhausstandard konzipiert: Der jährliche Heizwärmebedarf durfte 15 kWh/m2 nicht überschreiten. Das Objekt hat daher eine mehr als 30 cm dick gedämmte und dichte Gebäudehülle, dreifach verglaste Fester sowie ein ausgefeiltes Heizkonzept, das sich aus einem System aus Erdsonden, Sole-/Wasser-Wärmepumpen und Fußbodenheizung zusammensetzt.

Wie in Dortmund standen die Verantwortlichen vor der Herausforderung, ein Lüftungssystem auszuwählen, das den unterschiedlichen Anforderungen von Bauherrn, Planern, Architekten und den späteren Bewohnern gerecht wird. Mieter oder Eigentümer sollten die Lüftung bedarfsgerecht steuern können, die vier am Projekt beteiligten Top-Architektenbüros zugleich größtmögliche Gestaltungsfreiheit haben. Zuverlässigkeit in der Anwendung sowie eine einfache Wartung waren weitere wichtige Aspekte, die die ABG Holding die bei der Auswahl berücksichtigt haben. Und schließlich sollte natürlich das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Überzeugen konnte das airModul-Lüftungssystem die ABG und das Planungsbüro aber auch, weil es zu diesem Zeitpunkt bereits in einem anderen Passivhausprojekt der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in über 140 Wohneinheiten ein gesundes Raumklima sicherstellte und in zahlreichen Passivhaus-Projekten in der Schweiz zuverlässig arbeitete.

Einfache Wartung

Auch in Frankfurt wurde das Lüftungssystem modulweise eingebaut, was die Montagearbeiten erheblich verringerte. Im späteren Betrieb vereinfacht diese Bauweise zugleich die Wartungsarbeiten. Das gilt vor allem für den Wechsel der F7-Filter, die in den vorgesehenen Intervallen in den Zentralen auf dem Dach ausgetauscht werden können. Ein Zugang zu den Wohnungen ist hierfür nicht notwendig und vermeidet die aufwändigen Terminabsprachen mit den Mietern bzw. den Eigentümern. Ein gewichtiges Argument nicht nur für Wohnungsbaugesellschaften.

Da die Ventilatoren weit weg vom Bewohner auf dem Gebäudedach leise vor sich hin schnurren, brauchte es auch keine Schalldämpfer in den Wohnungen. Die separate vertikale Leitungsführung unterbindet zudem jegliche Geräusch­übertragung aus anderen Wohneinheiten über die Luftverteilung.

Brandschutz inklusive

Beim Brandschutz brachte airFinity sowohl in Dortmund als auch in Frankfurt finanzielle und planerische Erleichterungen. Die geschlossene Anlagentechnik und die umlaufende Isolierung der Wärmetauscher aus feuersicherer, mineralischer Einblasdämmung liefern die zu treffende Vorsorge quasi frei Haus. Auf Brandschotten und wartungsintensiven Brandschutzklappen, die normalerweise erforderliche sind, sobald Installationen die Decke durchdringen, konnten die Planer verzichten. In Dortmund z.B. hat die Firma Pfeil Bauservice den Hohlraum des Schachts mit Rockwool Fire Safe (Dichte von 100 kg/m³) komplett verfüllt. Pfeil bescheinigte dem Bauunternehmer Thomas Ahaus die Einhaltung aller Bestimmungen des allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses. In anderen Projekten, in denen die airModul-Wärmetauscher in einem Mischschacht untergebracht sind, hat diese Brandschutz- und Dämmtechnik zudem den Charme einer zusätzlichen Wärmeisolierung zwischen sonstigen Medienleitungen.

Interview mit Olaf Leisten, Geschäftsführer
der airFinity GmbH, Aachen

„Unser Zielmarkt ist der hochwertige urbane Wohnungsbau“


SHK Profi: Herr Leisten, Sie wollen die airModul-Technologie im deutschen Markt für Wohnungslüftungsanlagen etablieren? Wie sieht ihre Strategie aus, um sich gegen die etablierten dezentralen und zentralen Lüftungslösungen durchzusetzen?
 
Olaf Leisten: airModul schließt eine Marktlücke und kombiniert die Vorteile einer zentralen Installation und Wartung mit den Vorteilen einer bedarfsgesteuerten Nutzung in jeder Wohnung. Unsere Zielgruppe liegt im hochwertigen urbanen Wohnungsbau. Dort bieten wir Wohnraumlüftung mit Kompetenz und  erstklassigen Vernetzungslösungen bzw. Fernwartung. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir „alles aus einer Hand“ bieten, von der Planung über die Installation bis zur Wartung. Unsere Branche kennt bisher typischerweise nur dreistufige Vertriebswege und ist somit weit weg von der Applikation.
 
SHK Profi: Welche konkreten Vorteile bringt das airModul dem umsetzenden Handwerk? Nehmen Sie denen durch ihre „All-in-one“ Lösung nicht lukrative Aufträge weg?
 
Olaf Leisten: Wir müssen unterscheiden zwischen den SHK-Fachbetrieben, die sich in der Regel wenig mit Lüftung beschäftigen und diese Arbeit gerne weggeben, und den HLK-Fachbetrieben, die die Chancen im Lüftungsmarkt für sich nutzen. Für sie arbeiten wir in der Regel als SUB oder bilden Arbeitsgemeinschaften mit den HLK-Handwerkern. Die Betriebe übernehmen dann in der Regel in der Umsetzungsphase die horizontale und vertikale Luftverteilung inkl. Kondensatabführungen.
Möglich sind auch Systempartnerschaften mit größeren Handwerksbetrieben. Sie werden von uns ausgebildet und können dann selbst Projekte akquirieren. Für sie ist das airModul ein Alleinstellungsmerkmal und gibt ihnen die Möglichkeit, außerhalb des klassischen dreistufigen Vertriebsweges zu agieren.
 
SHK Profi: Wie sind Ihre weiteren Wachstumspläne in Deutschland? 
 
Olaf Leisten: Deutschland ist insgesamt noch ein Entwicklungsland was die Nutzung von Lüftungsanlagen im häuslichen Bereich angeht. Aufgrund der steigenden Zahl von luftdichten Wohngebäuden sehen wir aber viel Potential. Wir konzentrieren uns mit airModul und unseren Warmluftheizungen auf den hochwertigen Wohnungsmarkt. Menschen mit hohen Ansprüchen an Energieeffizienz und Komfort sind unsere Zielgruppe. Dass wir in den letzten zwölf Monaten insbesondere in den Großstädten sehr viele Neuaufträge generieren konnten, bestätigt, dass wir die richtige Strategie verfolgen.

Weitere Infos:

www.airfinity.de, www.ahaus-bau.de und www.abg-fh.de

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