Geothermie für Einfamilienhäuser

Faktoren zur Systemauswahl Alternative zur Bohrung Heizen & Kühlen per Geothermie

Medienberichte über missglückte Bohrungen, aufwendige oder restriktive Genehmigungsverfahren der Behörden und die in einigen Bundesländern notwendige Beistellung eines Geologen bei der Bohrung haben die Geothermie in die Defensive gedrängt. Zu unrecht, wie der nachfolgende Beitrag aufzeigt.

Zu den bekannten Energiesonden und Horizontalkollektoren bilden kompakte und bereits vorkonfektionierte Erdwärmekörbe eine interessante Alternative. Bei der Systemwahl ist zunächst der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes entscheidend. Daneben gilt es eine Reihe von Rahmenbedingungen vor der Entscheidung zu prüfen:

Der Boden (Geologie und Hydrologie)

Nicht alle Böden sind gleichermaßen zur geothermischen Nutzung geeignet. Neben der Art des Untergrundes (Körnung, Dichte) spielt insbesondere der Feuchtegehalt (Wärmeleitfähigkeit) eine Rolle. Besonders geeignet sind deshalb alle wassergesättigten Böden, bei denen spezifische Entzugsleistungen von bis zu 40 W/m² erreicht werden können. Ungeeignet sind dagegen trockene, nichtbindige Böden wie Sand oder Kies. Zudem führt Grundwasser dem Kollektorrohr permanent Wärme zu oder transportiert diese im Kühlfall ab. Deshalb ist auch die Höhe des Grundwasserspiegels wichtig.

Bei der hydraulischen Leitfähigkeit wird der Untergrund aus Locker- oder Festgestein nach Poren- und Trennfugendurchlässigkeit unterschieden. Bei Lockergestein (Porengrundwasserleiter) ist vor allem die Korngröße und Kornverteilung und bei Festgestein die Häufigkeit und Öffnungsweite der Trennfugen entscheidend für die hydraulische Leitfähigkeit.

Informationen zu den geothermischen Eigenschaften bieten die Geoportale der Länder oder die örtlichen Bauämter.

Die Region (Klima und Lage)

Die klimatischen Verhältnisse der Region spielen eine große Rolle bei der Regeneration der geothermischen Anlage. Eine gute Durchfeuchtung durch versickerndes Regenwasser verbessert die Leistungsfähigkeit oberflächennaher Anlagen. Basis für die Planung und Auslegung der Anlagen ist die VDI 4640. Berücksichtigt werden dabei für Deutschland die 15 Klimazonen der DIN 4710.

Die Genehmigungslage

Die Genehmigungsverfahren sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Gemeinsam ist allen Ländern, dass in den Wasserschutzzonen I und II im Fassungsbereich und der engeren Schutzzone um Brunnen und Talsperren und Wassergewinnungsanlagen nicht gebohrt werden darf und in der Zone III (im weiteren Schutzgebiet) nur mit großen Auflagen. In diesen Zonen scheidet dann die Erdwärmesonde als Energiequelle häufig schon aus.

In fast allen Ländern ist der Bau von geothermischen Anlagen zumindest meldepflichtig. Ansprechpartner sind dafür zumeist die Unteren Wasserbehörden. Bei Bohrungen ab 100 m gilt in Deutschland das Bergrecht. Dann sind noch Genehmigungen bei den Bergbauämtern einzuholen.

Einige Kommunen beschränken auch die Bohrtiefe auf beispielsweise 60 m. Damit werden möglicherweise mehr Bohrungen notwendig, um den Wärmebedarf zu decken. Es ist deshalb zu empfehlen, vor der Auftragserteilung einer Bohrung eine Anfrage an die Untere Wasserbehörde zu stellen.

Grundstücksgröße und -lage

Nicht nur die geologischen und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen sind für die Auswahl eines Systems relevant. Häufiger stellt sich, vor allem bei Bestandsgebäuden, die Frage nach der Grundstücksgröße und -lage. Große Grundstücke mit möglichst wenig Neigung sind ideal für Horizontalkollektoren. Ein Horizontalkollektor benötigt etwa die 1,5 bis 2-fache Kollektorfläche im Verhältnis zur Fläche, die temperiert werden soll. Sprich: Bei einer Fläche von 150 m2 zum Heizen/Kühlen sind 225 bis 300 m2 Kollektorfläche notwendig.

Ein Erdwärmekorb hat schon einen deutlich geringeren Platzbedarf. Zu rechnen ist mit etwa 30 m² pro Korb inklusive des umschließenden Erdreichs und Abstandsflächen.

Hochwertige Rohre reduzieren Kollektorfläche

Auch die Rohrqualität hat Einfluss auf den Flächenbedarf. Kollektorrohre aus hochwertigem, hochdruckvernetzem Kunststoff PE-Xa, wie diese z.B. Uponor (www.uponor.de) verwendet,  müssen nicht in Sand eingebettet werden. Dies reduziert nicht nur die Kosten und die Zeit bei der Verfüllung, sondern erhöht auch gleichzeitig die Energieeffizienz des Kollektors, denn das Erdreich hat in aller Regel einen deutlich höheren Wärmeleitwert als Sand. Damit kann die Kollektorfläche gegenüber Lösungen mit anderen Rohren reduziert werden.

Die Fläche über Horizontalkollektoren und Erdwärmekörben sollte möglichst nicht überbaut werden. Eine Regeneration des Erdreichs ist sonst weitgehend ausgeschlossen. Parkplatzflächen oder Gehwege können aber beispielsweise mit wasserdurchlässigen Rasengittersteinen ausgeführt werden.

Kollektorflächen können bepflanzt werden

Eine Bepflanzung der Flächen ist problemlos möglich. Bäume oder Sträucher mit tiefen Wurzeln sind dabei jedoch nicht geeignet. Die Wurzeln könnten das Kollektorrohr zerstören und sie würden außerdem auch zu einer Beschattung der Anlage führen, was die Regeneration erschwert. Es müssen also ausreichend freie Flächen wie Rasen zur Verfügung stehen.

Die betrachteten Systeme unterscheiden sich im Verlegeaufwand ganz erheblich. Horizontalkollektoren werden mit einem Bagger eingebracht. Dazu werden entweder Gräben gezogen, in denen die Rohre verlegt werden, oder es wird direkt eine größere Grundstücksfläche vollständig beräumt und die Anlage ähnlich einer Fußbodenheizung als Fläche eingebracht. Die Rohrschlaufen werden in einem Abstand von 0,5 bis 1,5 m verlegt.

Um je nach örtlicher Frostgrenze eine Bodenüberdeckung von 1,2 bis 1,5 m zu gewährleisten, ist bei Erdwärmekörben eine Einbautiefe von 4 m bis 5 m notwendig. Auch dabei müssen einige Kubikmeter Aushub zwischengelagert werden.

Nutzungsart

Eines der wichtigsten Entscheidungskriterien ist die geplante Nutzungsart der Anlage: Grundsätzlich wird zwischen den Nutzungsarten Heizbetrieb, Kühlbetrieb (aktiv), Kühlbetrieb (passiv), aber auch Wärme- und Kältespeicherung unterschieden. Die Wärmepumpe muss natürlich zum Kühlen geeignet sein oder es muss eine zusätzliche Station zur passiven Kühlung (Free Cooling) installiert werden.

Im energieeffizienten Neubau ist eine Flächentemperierung meist bereits geplant, in Bestandsgebäuden kann diese nachgerüstet werden. Der Markt bietet hierfür geeignete Renovationssysteme wie z.B. „Uponor Renovis“, „Siccus“ und „Minitec“.

Passive Kühlung als Zusatznutzen

Viele Neubauten haben heute nur noch einen geringen Heizwärmebedarf in den Wintermonaten. Durch die starke Dämmung der Gebäudehülle entweicht kaum mehr Wärme. Was im Winter ein großer Nutzen ist, kann in den Übergangszeiten und im Sommer als unbehaglich empfunden werden.

Wohl fühlt sich ein Mensch nur bei einem Temperaturbereich bis maximal 26 °C. Bei darüber liegenden Raumtemperaturen machen sich die meisten Nutzer über eine Kühlung Gedanken. Die passive Kühlung des Gebäudes über eine geothermische Anlage ist dazu eine einfache und kostengünstige Alternative. Viele Wärmepumpen bieten bereits die Kühlfunktion. Es gibt aber auch Möglichkeiten der passiven Kühlung ohne eine entsprechende Funktion der Wärmepumpe. Dieses System ist auch bei den meisten älteren Anlagen, die mit Öl- oder Gaskesselanlagen betrieben werden, nachrüstbar. Voraussetzung ist eine Flächenheizung, die mit einer entsprechenden Regelung für den Kühlfall und einer Taupunktüberwachung ausgerüstet ist oder nachgerüstet werden kann.

Auswirkungen auf die Raumtemperatur

Die passive Kühlung steigert das Wohlbefinden der Bewohner und den Wohnwert des Gebäudes. Erdwärmekörbe und Erdwärmesonden bieten bei kleineren Anlagen die Möglichkeit zur passiven Kühlung.

Online
Plus

In der Online-Ausgabe dieses Artikels finden Sie ein Berechnungsbeispiel als PDF zur Auslegung von Erdwärmekorb-Anlagen.

Quellen: Technische Information Geothermie Uponor und VDI 4640

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