Legionellen – eine oft unterschätze Gefahr

Rechtliche Risiken für Installateure

Wohnungsbau ist aktuell en vogue: Der Bedarf an Wohnungen in den Städten ist angesichts der Nachfrage hoch, das Angebot ist klein – deswegen winken Investoren respektable Renditen. Städte und Unternehmen versuchen, dem Andrang Herr zu werden. Angesichts hoher Grundstückspreise, vor allem in den Innenstädten, ist die Tendenz zu erkennen, in die Höhe zu bauen. Bei Wohntürmen tritt jedoch immer wieder eine Problematik auf: Legionellen.

Lange Leitungen in großen Wohnanlagen und Wohntürmen begünstigen die Entstehung von Legionellen. Hinzu kommt, dass Wohnungen immer häufiger über eine längere Zeit leer stehen, weil die Bewohner sich nur zeitweise vor Ort aufhalten, auch noch andere Lebensmittelpunkte aufweisen oder sogar nur einige Tage im Jahr in der entsprechenden Stadt und Wohnung verweilen. Die regelmäßige Spülung bleibt dann aus, was ebenfalls die Entstehung von Legionellen begünstigt.

Rechtliche Risiken für TGA-Gewerke

Das Phänomen erscheint immer öfter und die Folgen können einschneidend sein. Gesundheitsämter können regelmäßige Spülungen anordnen, Dusch- und Badeverbote erteilen oder sogar die Nutzung untersagen. In jedem Fall erfolgt eine länger andauernde Überprüfung des Objektes. Das alles geht selbstverständlich mit entsprechenden Kosten einher. Angesichts des Umstandes, dass die Erscheinung „relativ“ neu ist, werden existierende Gegenmaßnahmen bei der Planung häufig nicht berücksichtigt. Diese reichen von automatischen Spülanlagen bis hin zur thermischen oder gar chemischen Desinfektion des Wassers. Unterlassen es die Planer, derartige Maßnahmen vorzusehen oder sie zumindest dem Bauherrn vorzuschlagen, um seine Entscheidungen abzuwarten, so können hieraus Schadensersatzansprüche resultieren.

Der ausführende Unternehmer ist aber nicht außen vor, denn auch ihn können die Folgen treffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintritt, ist gar nicht so gering, was folgender Fall zeigt: Der Investor sieht sich wegen Legionellenbefall mit Gewährleistungsforderungen der Eigentümer oder Mieter konfrontiert, die durchaus Summen im mittleren fünfstelligen Bereich erreichen können. Diese Summe wird von den Restkaufpreisen oder den Mieten einbehalten, sie fehlen dem Bauherrn also. Den Planer konfrontiert dieser mit den Forderungen, weil entsprechende Maßnahmen schlicht versäumt wurden. Das Planerhonorar ist jedoch längst bezahlt, die hinter dem Planer stehende Versicherung verzögert die ganze Angelegenheit und entsendet eigene Gutachter, führt das Argument von Sowieso-Kosten an etc. Der einzige Beteiligte, bei dem sich der Bauherr noch schadlos halten und Einbehalte machen kann, ist das ausführende TGA-Gewerk. Denn: Die Schlussrechnung ist noch nicht beglichen und in solchen Fällen werden gerne noch offene Werklohnforderungen zurückgehalten.

Bedenken- und Hinweispflicht

Der Einwand des Unternehmers, man habe doch nur nach dem Plan gebaut, hilft nicht, denn dem ausführenden Unternehmer obliegt natürlich auch eine Bedenken- und Hinweispflicht. Sind also entsprechende Gegenmaßnahmen nicht vorgesehen, obliegt es (auch) dem Unternehmer, hierauf hinzuweisen. Nur dann wird er nach § 13 Abs. 3 VOB/B von seiner sonst verschuldensunabhängigen Mängelhaftung frei. Die ­Erfüllung dieser Hinweispflicht ist umso wichtiger, als der Bauherr natürlich auf die Idee kommen könnte, den Unternehmer in Anspruch zu nehmen, obwohl der Planer mit ihm vorher die Situation besprochen, er sich aber aus Kostengründen gegen die Ergreifung von Gegenmaßnahmen entschieden hat. In diesem Entscheidungsprozess hat aber der Auftragnehmer gar keinen Einblick, so dass er unter Umständen einem Beweisproblem zum Opfer fällt. Bei Legionellen gilt, wie im Baurecht generell: Hinweise auf zukünftige Probleme sind schriftlich zu erteilen und zu dokumentieren. Eine Reaktion des Bauherrn muss im Übrigen nicht abgewartet werden. Die Erteilung des Hinweises reicht aus, um der Gewährleitungshaftung zu entgehen.

Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB ist eine Anwaltspartnerschaft, die hohe Spezialisierung und wissenschaftlichen Anspruch in der Beratung mit mittelständischer Effizienz und individueller Betreuung der Mandanten verbindet. Seit der Gründung ist Kapellmann und Partner eine der führenden Kanzleien im Bau- und Immobiliensektor. Dr. Thomas Jelitte berät sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer außergerichtlich und gerichtlich in allen Fragen im Bereich des Architekten- und privaten Baurechts. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Betreuung von Großprojekten und komplexen Verfahren.

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