Trinkwasserhygiene (Teil 2)

Pseudomonaden

Die kleinen Unbekannten

Frage: Legionellen sind uns mittlerweile bekannt, aber immer wieder hört man von sogenannten Pseudomonadenkontaminationen. Was hat es damit auf sich?


Antwort: Pseudomonaden – in der Sprache der Hygieneexperten Pseudomonas aeruginosa und andere Vertreter der Gattung Pseudomonas – sind weitverbreitete, sauerstoffliebende Bakterien. Diese können sich überall dort ansiedeln, wo es Wasser gibt. Das Tückische – diese Bakterien können sich schon bei sehr niedrigen Temperaturen (Grundwassertemperaturen) vermehren. Sie sind damit im Vergleich zu Legionellen, die bei Temperatur > 20 C° Idealbedingungen haben, teilweise noch anspruchsloser (z.B. in den Übertragungswegen u.a. per Putzlappen, etc.). Gleichzeitig gibt es durchaus Parallelen im Vergleich der beiden Nasskeime.

Typisch für Pseudomonaden ist ihre ausgeprägte Fähigkeit, sehr resistente Biofilme zu produzieren. Pseudomonas aeruginosa gilt als Krankheitserreger. Die Bakterien sind im medizinischen Bereich, aber auch in allen Bereichen ambulanter Pflege (also auch zu Hause) als Verursacher schwerer Infektionen gefürchtet.

Infektionsrisiko

Die möglichen Infektionen (z.B. Wundinfektionen) bergen ein hohes gesundheitliches Risikopotential für den Menschen. Als besonders gefährdet gelten z.B.:

 

Kontaktlinsenträger, pflegebedürftige Personen auch in der ambulanten Pflege, ältere Personen über 70 Jahre

kranke, immungeschwächte Personen, Menschen, die mit Antibiotika behandelt worden sind, bzw. nach operativen Eingriffen

In allen Hoch-Risiko-Bereichen medizinischer Einrichtungen (ITS, Transplantation, Verbrennungsstation) besteht ein extremes Risiko.

Kontaminiertes Trinkwasser gilt als eine der Hauptquellen für Infektionen. Experten unterscheiden dabei eine endständige Kontamination (z.B. durch Rückspritzen von Abwasser aus dem Ablaufventil der Siphons) von einer systemischen Besiedlung ganzer Kaltwassersysteme. Dabei zeigt die Praxis immer wieder, dass die Keime von den besiedelten Entnahmestellen durch die Hände oder auch per Putzlappen an infektionsgefährdete Personen verschleppt werden können und hier zum Teil lebensbedrohende Infektionen zur Folge haben können. Zu den möglichen Quellen von Pseudomonaden im Trinkwasser der Hausinstallation gehören u.a.

besiedelte, teilweise auch fabrikneue Bauteile (z.B. Wasserzähler, Feinstofffilter, Magnetventile)

ungeeignete, ungewartete oder unsachgemäß installierte Komponenten (z.B. Panzerschläuche, Enthärtungsanlagen, Dosieranlagen) sowie komplexe Entnahmearmaturen.


In seltenen Fällen ist eine Kontamination des zentralen Versorgungsnetzes der Verursacher.

Es sind unterschiedliche Faktoren bekannt, die dabei die Besiedelung begünstigen können. Dazu gehören das Material, eventuelle Stagnationen, bzw. nicht durchströmte Bereiche, Nährstoffe, Temperatur sowie vorhandene Kontaminationen von Komponententeilen.

 

Wie erkenne ich Risiken in der Hausinstallation?

Die Risiken einer Pseudomonadenkontamination entsprechen z.T. den Risikofaktoren für Legionellen in der Hausinstallation. Werden Auffälligkeiten, bzw. Veränderungen des Trinkwassers, z.B. Ver­färbungen, Geruch, Geschmack, Leckagen, plötzlich sich verändernde Temperaturen, Fehlanschlüsse, etc., festgestellt, ebenso wie Verfärbungen oder Beläge an Entnahmestellen, kann dies eine ernstzunehmender Hinweis auf eine Kontamination sein. Auch Stagnationsbereiche oder eine seltene Verwendung des Wassers / der Armaturen sowie fehlende Wartungen oder die Nichteinhaltung von Wartungszyklen durch Fachfirmen sollten einen Hinweis darauf geben, das Leitungsnetz sowie die Entnahmestellen auf Pseudomonaden zu überprüfen. Grundsätzlich kann, wie auch bei Legionellen, das Risiko einer Pseudomonadenkontamination im Vorfeld maßgeblich reduziert werden. So sollte bereits bei der Planung, der Ausführung und beim Betrieb dafür gesorgt werden, dass Trinkwasserinstallationssysteme nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben werden.

Wird eine Kontamination mit Pseudomonaden in der Hausinstallation festgestellt, ist es dringend notwendig, die Ursachen abzuklären. Zum Umfang einer Ursachenklärung gehört eine mikrobiologische Untersuchung. Bei auffälligen Untersuchungsergebnissen muss unverzüglich ein Fachunternehmen, bzw. Fachplaner zur Klärung der Ursache und Maßnahmen zur Abhilfe, bzw. Einleitung von Sanierungsmaßnahmen hinzugezogen werden. Grundsätzlich muss bei positiven Befunden mit gesundheitlicher Relevanz das Gesundheitsamt informiert werden.

Bei Untersuchungen ist sicherzustellen, dass eine systemische Kontamination in einer Hausinstallation sicher ausgeschlossen werden kann. Nur dann kann man davon ausgehen, dass auch einzelne Wasserentnahmestellen kontaminationsfrei sind. In Situationen, wo besonders pflegebedürftige und gefährdete Personen versorgt werden müssen, z. B. auch innerhalb der ambulanten Pflege – wie bei der Versorgung von Wunden – empfehlen Mediziner und Hygieniker, die für diese Zwecke genutzten Entnahmestellen zu überprüfen und gegebenenfalls nur bakterienfrei filtriertes Wasser zu verwenden.


Ursachenbestimmung

Zur Ursachenbestimmung ist es unbedingt wichtig, die Kontaminationsquelle(n) zu finden. Durch die Untersuchung muss sich mindestens feststellen lassen, ob eine systemische oder eine lokale Kontamination besteht. Dabei kann nur durch eine komplexe Untersuchungsreihe festgestellt werden, wie der Kontaminationszustand eines Trinkwasserinstallationssystems ist.

Der Erfolg eingeleiteter Maßnahmen im Falle einer Pseudomonadenkontamination (im Allgemeinen werden zur Beseitigung von Pseudomonaden chemische Desinfektionen durchgeführt) muss unbedingt engmaschig mikrobiologisch kontrolliert werden. Der Arbeitskreis Trinkwasserinstallation & Hygiene empfiehlt im Falle einer festgestellten Pseudomonadenkontamination eine enge Zusammenarbeit von Betreiber, Nutzer, Fachinstallationsunternehmen und Experten des Gesundheitsamtes, bzw. des Beauftragten, bzw. kooperierenden Hygieneinstituts. (www.ak-wasserhygiene.de). Weitere Informationen gibt die Homepage www.kuhfuss-sanitaer.de.


x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2013

Wann kommt es zu Kontaminationen?

Legionellen und Pseudomonaden Problematik von außen und im Leitungsinneren Gesundheitliche Folgen

Im Trinkwasser der Leitungsnetze sind oft Bakterien wie Legionellen in einer sehr geringen, gesundheitlich völlig un- bedenklichen Anzahl gegeben. Allerdings vermehren sie sich in der...

mehr
Ausgabe 02/2012

Stagnationen

Nicht auf die leichte Schulter nehmen

Frage: Warum sind Stagnationen in der Hausinstallation so gefürchtet und wie kann man sie vermeiden? Antwort: Wasser muss fließen. Und gerade wenn es um unser Lebensmittel Nr. 1 geht, rücken...

mehr
Ausgabe 09/2011

Privat oder öffentlich?

Wasser muss immer sauber sein!

Frage: Sind Kontaminationsprobleme vor allen Dingen ein Thema des öffentlichen Raumes und vielleicht sogar vornehmlich der klinischen Bereiche? Antwort: Immer wieder hört man aus der Praxis des...

mehr
Ausgabe 08/2018

Legionellen-Kontamination vorbeugen

Wärmedämmung zur Prävention von Legionellen

Legionellen sind Bakterien, die über die zentrale Wasserversorgung in Trinkwas­sersysteme von Gebäuden gelangen können. Sie vermehren sich bevorzugt in stagnierendem Wasser bei Temperaturen...

mehr
Ausgabe 05/2009

Detektivarbeit Hygiene

Mikroskopisch kleinem Gegner auf der Spur

Kontaminationsursachen gestalten sich vielseitig. Es gibt auch kein „Standardrezept“ für die Wiederherstellung einwandfreier hygienischer Bedingungen. Vielmehr sind fast schon detektivische...

mehr