Optimierte Geschäftsabläufe

Science-Fiction ...

... trifft Realität

Die starke Reduzierung des Akquiseaufwandes ist ein wichtiges Ergebnis der Zusammenarbeit der Sanitär Bergmann GmbH und einem modernen Dienstleistungs-Forschungslabor des Fraunhofer-Instituts IAO in Stuttgart.

Ulrich Bergmann treibt heute einen dreimal so hohen Aufwand wie noch vor zehn Jahren, um einen Auftrag zu akquirieren. Hierfür wendet er im Schnitt zehn Stunden Arbeitszeit auf, weil der Kunde heute mehr Informationen einfordert und Preis-/Leistungsvergleiche nutzt. Gleichzeitig werden die Aufgaben komplexer, steigen die Anforderungen an Qualität und Vielfalt des Angebots. Die wichtigsten Geschäftsfelder seiner 1979 gegründeten Sanitär Bergmann GmbH in Mosbach im Odenwald sind die Klempnerei sowie die Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation. Zudem ist der Betrieb im Saunabau tätig, übernimmt Blechner-Arbeiten und verkauft Zubehör rund um die Tischkultur. Die Firma beschäftigt vier Monteure und vier Verkaufskräfte.

 
Bäder zum Festpreis

Das Unternehmen bietet Komplett-Bäder zum Festpreis an. „Damit haben wir ein neues Geschäftsmodell aufgebaut“, erklärt Ulrich Bergmann. „Ganz oben auf dem Wunschzettel vieler Wohnungseigentümer steht meist ein neues Bad“. Um hier wettbewerbsfähig zu bleiben, setzt er auf Standardisierung und Rationalisierung. Dazu gehört auch die Reduzierung des Aufwands bei der Auftragsabwicklung, um schneller zum Vertragsabschluss zu kommen.

Wie aber erkennt man, welche möglichen Konsequenzen eine Veränderung haben wird, wenn es sich dabei nicht um neue Produkte, sondern um unsichtbare Dienstleistungen handelt? Für Ulrich Bergmann stellte dies bisher eine unlösbare Aufgabe dar. Im Rahmen des vom Institut für Technik der Betriebsführung (itb) in Karlsruhe durchgeführten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Transfer-Projekts „Service Engineering – Innovationstreiber in KMU“ arbeiteten der Mosbacher Unternehmer und das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart zusammen, um völlig neue Möglichkeiten zur Analyse betrieblicher Prozesse und Abläufe zu nutzen.

Moderne Dienstleistung

Das ServLab des IAO bietet eine ganzheitliche Plattform zur Entwicklung und Gestaltung moderner Dienstleistungen. Hier gelingt es mit Hilfe einer Software und einem Tracking-System, die Handlungskonsequenzen in einer virtuellen Welt erlebbar zu machen. Kurz, hier werden unsichtbare Dienstleis­tungen einschließlich möglicher Auswirkungen sichtbar gemacht. „Meine Vorstellungskraft war da etwas überfordert“, gesteht Bergmann. Erst als er hörte, dass auch Schauspieler zum Einsatz kommen würden, die in die Rolle von Verkäufer und Käufer schlüpfen könnten, ahnte er die Vielfalt von Möglichkeiten, die das ServLab zur Analyse seiner Prozesse anzubieten hätte.

Im ServLab des IAO wurden die verschiedenen Kundenkontakte genauer untersucht und mit Hilfe von Schauspielern variiert. Jeder zweite Erstkontakt mit einem Kunden etwa kommt telefonisch zustande. „Hier kann besonders viel schiefgehen“, weiß Ulrich Bergmann. „Manchmal stört der Anruf mitten in einem Beratungsgespräch oder aber der Mitarbeiter, der das Gespräch entgegengenommen hat, weiß nichts mit den geäußerten Wünschen anzufangen, vertröstet den Anrufer oder wimmelt ihn ganz ab. Dieser mögliche Auftrag ist schnell endgültig verloren.“

 
Aufmaß als Herausforderung

Auch der zweite Kundenkontakt beim Aufmaß vor Ort stellt eine Herausforderung dar. Da sind die technischen Maße der Baustelle korrekt aufzunehmen. Zusätzliche Informationen über das Badezimmer müssen gesammelt werden, z.B. über alte Wasserrohre, Elektrokabel usw. Parallel dazu muss das Verkaufsgespräch mit dem Kunden geführt werden, um den Auftrag abschließen zu können. „Nicht der Zufall darf diesen Termin bestimmen“, sagt Ulrich Bergmann. „Das muss der Unternehmer tun. Also müssen alle Prozesse genau durchdacht und systematisch abgearbeitet werden.“ Aber es genügt eben nicht, lediglich die Prozesse zu durchdenken und sie den Mitarbeitern dann auch zu erläutern. Bekommt der keine Hilfsmittel an die Hand, kann er häufig die Prozesse nicht vollständig nachvollziehbar und auch nicht in der gleichen Qualität wiederholen.

 
Betriebswirtschaftliche Vorteile

Die Laborarbeit hat allerdings auch ihren Preis, denn eine individuelle Softwareentwicklung kann 10 000 € oder gar mehr kosten. In Fall von Ulrich Bergmann brachte sie jedoch handfeste betriebswirtschaftliche Vorteile, die eine derartige Investition rechtfertigen. Dreh- und Angelpunkt der künftigen Akquisearbeit ist die Herbeiführung der Auftragsentscheidung schon beim ersten Kundenkontakt. Dazu verwendet der Unternehmer ein Blatt Papier, das es ihm ermöglicht, schon zu diesem frühen Zeitpunkt Kosten und Leistungen in einer seriösen Schätzung zusammenzufassen und dem Kunden zu präsentieren. Das Informationsblatt enthält 15 preisrelevante Fragen zur Vorbereitung der Kalkulation. Zusätzlich wird auf Millimeterpapier eine Skizze des Bades angefertigt. So lernt er beim ersten Kundenkontakt die gesamte Bausubstanz der künftigen Baustelle kennen, indem er exakt die Informationen abfragt, die für eine Kalkulation notwendig sind. Grundlage dafür ist neben Skizze und Stichwortkatalog für die vollständige Bestandsaufnahme die Entscheidung des Kunden für eines der Komplett-Bäder des Unternehmers.
Ist die Leistung ausgewählt, kann Ulrich Bergmann dem Kunden in nur einer halben Stunde einen Richtpreis anbieten und so dessen Entscheidung über die Auftrags­erteilung herbeiführen. Lehnt der Kunde ab, entfallen automatisch weitere Kundenkontakte. Hochgerechnet auf die Akquise von zehn Neukunden reduziert sich so nach Schätzungen des Unternehmers der Zeitaufwand bis zur Auftragserteilung auf bis zu 80 %. Die Zeiteinsparung nutzt das Unternehmen jetzt zur schnelleren Abarbeitung seiner laufenden Aufträge. Ulrich Bergmann: „Die prinzipielle Neuerung für uns ist, dass wir bei jedem Termin immer die Auftragserteilung zum Ziel haben. Die Hilfsmittel dafür liegen vor und müssen jetzt konsequent eingesetzt werden.“

x

Thematisch passende Artikel:

Ehrung des Bäder-Stars 2012 auf der IFH/Intherm

Das Badezimmer avanciert immer mehr von der einfachen Nasszelle zur entspannenden Wellnessoase. Für die Umsetzung ist die Leistung der SHK-Handwerker von großer Bedeutung. Damit ein Bad aus einer...

mehr
Ausgabe 04/2019

Bäder im Traditionsgasthof

Designlinien führen Formensprache fort

Anfang 2017 begannen die Renovierungsarbeiten in den verschiedenen Gebäuden des historischen Gasthofes Stangl mit angeschlossenem Jugendstil-Hotel. Die fließenden Übergänge zwischen drinnen und...

mehr
Ausgabe 03/2023

Vorgefertigte ­­Sanitär­wände und -schächte

Wie große Wohnsiedlungen fit für die Zukunft gemacht werden können

Vorfertigung ermöglicht besondere Lösungen Wie Gebäude dieser Art zukunftsfähig gemacht werden, zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel der Sanierung zweier baugleicher 15-geschossiger Wohnbauten...

mehr
Ausgabe 07/2012

Design-Preis „Badkomfort für Generationen“

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) hat einen Design-Preis für barrierefreie Produkte ausgeschrieben. Mit diesem Wettbewerb will der Verband Badprodukte ins Blickfeld der...

mehr
Ausgabe 04/2015

Mit Wannen Bäder attraktiv gestalten

Mit acht Badewannen-Modellen in verschiedenen Außenkonturen bietet die Wannenserie „Koralle T200“, vom Markenhersteller Koralle Sanitärprodukte, eine Menge an Gestaltungsmöglichkeiten und...

mehr