Erdwärmesonden können mehr

Warmer Winter & kühler Sommer

System schafft angenehme Temperaturen

Wärmepumpenanlagen beheizen in Verbindung mit Erdwärmesonden und Flächenheizsystemen auch Mehrfamilienhäuser oder Gewerbebauten. Die Nutzung der Erdwärme bietet aber auch die Möglichkeit, im Sommer das Gebäude zu kühlen. Um angenehmere Raumtemperaturen zu erreichen, genügt oft bereits die passive Kühlung. Die Wärmepumpe bleibt dabei aus, die Wärme aus den Räumen wird über einen separaten Wärmetauscher in die Erde geleitet. Das Objektbeispiel eines Neubau-Mehrfamilienhauses zeigt, worauf es bei passiver Kühlung ankommt und wie sich die eingesetzte Wärmepumpe durch zwei getrennte Kompressoren dem Wärmebedarf anpasst.

In den Sommermonaten arbeitet die Fußbodenheizung in einem Mehrfamilienhaus in Berneck (Schweiz) als Flächenkühlsystem: Der im Jahr 2007 erstellte Neubau mit sieben Eigentumswohnungen wird über Erdwärmesonden in Verbindung mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe beheizt. Drei Erdsonden holen während der Heizsaison die Wärme aus 200 m Tiefe; im Sommer werden sie zur Kühlung des Gebäudes genutzt. Der Bauherr sparte sich damit die Investition in eine separate Klimatisierung, und die Wohnungseigentümer schätzen bei Sommerhitze angenehme Raumtemperaturen ohne zusätzliche Energiekosten.

Die energieoptimierte Bauweise des Mehrfamilienhauses bot günstige Voraussetzungen für die Nutzung erneuerbarer Energien. Großzügige Fensterflächen sorgen für solare Wärmegewinne. Dies führt im Sommer allerdings dazu, dass die Sonnenwärme nicht mehr über die gedämmte Gebäudehülle abgeleitet werden kann. Zur Planungsaufgabe gehörte deshalb auch, für die sieben Wohnungen eine Möglichkeit zur Kühlung vorzusehen.


Heizen und Kühlen mit einem System 

Eine monovalent betriebene Wärmepumpe hebt die Erdwärme auf ein für Gebäudeheizung und Trinkwassererwärmung nutzbares Temperaturniveau. Eingesetzt wurde eine Sole/Wasser-Wärmepumpe „Thermalia“ von Hoval (www.hoval.com) mit einer Heizleistung von rund 40 kW. Von Hoval wurde während der Planungsphase vorgeschlagen, über die Erdwärmeanlage das Gebäude im Sommer zu kühlen. Das Prinzip der Direktkühlung (auch als passive Kühlung oder Natural Cooling bezeichnet) besteht darin, bei hohen Außentemperaturen das im Verhältnis niedrigere Temperaturniveau des Erdsondenkreislaufs unmittelbar für die Kühlung zu nutzen. Dazu wird der Solekreislauf an der Wärmepumpe vorbei über einen zusätzlichen Wärmetauscher direkt in die Wärmeverteilung geführt. Die über insgesamt rund 950 m² Wohnfläche verlegte Fußbodenheizung dient damit während der Sommermonate als Flächenkühlsystem zur Senkung der Raumtemperaturen. Ohne zusätzliche Anlageninvestitionen in Kälte- und Klimatechnik ließ sich so der Komfort steigern.


Kühlung über separaten Wärmetauscher

Für die Erweiterung des erdgekoppelten Wärmepumpensystems um die passive Kühlfunktion waren nur wenige Zusatzkomponenten erforderlich. Das Hauptelement ist ein separater Plattenwärmetauscher, der zwischen Erdsondenkreislauf und Wärmeverteilung geschaltet wird. Ein motorbetriebenes Dreiwegeventil stellt bei Kühlbetrieb den Fließweg auf den Direktkühlungs-Wärmetauscher um. Über das Flächenheiz- und -kühlsystem wird so den Wohnräumen Wärme entzogen, an die Soleflüssigkeit abgegeben und über die Erdsonden ins Erdreich geleitet. Damit wird der Regenerationsprozess des Erdreichs unterstützt, damit für die nächste Heizperiode die thermische Entzugsleistung wieder gegeben ist. Der Energieverbrauch für die passive Kühlung beschränkt sich auf den Strom für die Umwälzpumpe des Solekreislaufs.


Passive Kühlung erfordert Festwertregelung

Aktiviert wird die Betriebsweise „Passive Kühlung“ durch manuelles Umschalten. An den Heizkreisverteilern bewirkt eine zusätzliche Steuerung, dass im Kühlbetrieb die Ventilstellantriebe in umgekehrter Regelfunktion arbeiten, somit also bei steigender Raumtemperatur die Durchflussmenge erhöhen. Bei passiver Kühlung ist der Kühlbetrieb an eine Temperaturuntergrenze für das Heiz-/Kühlmedium gebunden. Ein spezieller Regelungs-Systembaustein von Hoval zur Aufschaltung der Direktkühlung bewirkt, dass die Oberflächentemperatur nicht unter den Taupunkt absinkt, um Kondensatbildung auf den Fußbodenoberflächen und damit Schimmelbildung oder Feuchteschäden an Bodenbelägen zu vermeiden.

Die Kondensatbildung muss also auf regelungstechnischem Weg verhindert werden. Erreicht wird dies durch eine Festwertregelung im Vorlauf, die in dieser Anlage im Regelungsbaustein Direktkühlung integriert ist. Die Vorlauftemperatur wird damit auf die Untergrenze von 18 °C begrenzt. Oberhalb dieser Temperatur findet unter raumklimatischen Bedingungen im Regelfall keine Kondensation statt.


Zwei Kompressoren für

höhere Vorlauftemperatur

Im Heizbetrieb versorgt die installierte Wärmepumpe die Fußbodenheizung mit einer Vorlauftemperatur von 35 °C. Die Hoval-Wärmepumpe „Thermalia“ arbeitet mit zwei Kompressoren und zwei getrennten Kältemittelkreisläufen. Diese doppelte Aggregatbestückung passt die Heizleistung der Wärmepumpe in zwei Stufen an die jeweilige Wärmeanforderung an und sorgt gleichzeitig für eine höhere Betriebssicherheit. Die beiden Kältemittelkreisläufe arbeiten getrennt voneinander, dies jedoch mit einem gemeinsamen Wärmetauscher. Trotz des Doppelaggregates bleibt die Wärmepumpe damit installationsfreundlich: Sowohl auf der Erdsondenseite als auch zur Heizungsanlage ist jeweils nur ein Leitungspaar zur Verbindung mit der Anlage erforderlich. Durch den zweistufigen Betrieb sind bei Bedarf auch höhere Vorlauftemperaturen bis 60 °C verfügbar. Die Wärmepumpe erreicht so auch die nötige Temperatur, um den Inhalt eines indirekt beheizten Warmwasserspeichers aufzuheizen. Das Trinkwasser für die Wohnanlage wird über einen Hoval-Trinkwarmwasserspeicher „CombiVal“ mit 1250 l Speicherinhalt erwärmt. Ein zusätzlicher Pufferspeicher für das Heizsystem erübrigt sich, da das Fußbodenheizsystem, das die sieben Wohnungen über knapp 1000 m² Fläche umspannt, ein ausreichendes Puffervolumen bietet.

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