Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird digitalisiert

Vom „gelben Schein“ zur eAU

77 Millionen – so viele Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) werden jährlich in Deutschland ausgestellt. Um diesen Papierberg zu reduzieren, soll der „gelbe Schein“ elektronisch werden. Ab 2023 soll dann die AU zur eAU werden – und die Verantwortung vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber verschoben werden. Für Abhilfe bei der Bearbeitung können Software-Lösungen sorgen.

Wenn man krank ist, geht man zum Arzt und bekommt seinen „gelben Schein“. Bisher kam dieser in vierfacher Ausführung: für die Krankenkasse, für den Arbeitnehmer, für den Arbeitgeber und für den Arzt. Nun musste man als Arbeitnehmer der Krankenkasse und dem Arbeitgeber die jeweilige Bescheinigung überreichen. Dieser ganze Prozess soll für den Arbeitnehmer jetzt vereinfacht werden, denn der „gelbe Schein“ wird digitalisiert.

Ein kleiner „geschichtlicher“ Abriss

Am 01. Oktober 2021 hat die Reise zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) begonnen. Ab diesem Zeitpunkt wurde eine Pilotphase eingeleitet, in der Vertragsärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt der Krankenkasse übermitteln sollten. Am 01. Januar 2022 sind die Softwarehersteller in die Pilotphase eingestiegen, um den Austausch zwischen Krankenkasse und Arbeitgeber zu initiieren. Diese Pilotphase sollte bis zum 01. Juli 2022 abgeschlossen sein, da es aber zu Verzögerungen kam – viele Arztpraxen konnten die eAU nicht den Krankenkassen übermitteln – wurde die Pilotphase bis zum 31. Dezember 2022 erweitert. Das bedeutet, dass ab dem 01. Januar 2023 nicht mehr der Arbeitnehmer in der Pflicht ist, seinem Arbeitgeber den „gelben Schein“ auszuhändigen. Seine Schuldigkeit ist mit einem Anruf oder einer E-Mail, wo er über seinen Ausfall Bescheid gibt, getan. Hier tauschen dann Arbeitnehmer und -geber die Rollen, denn nun liegt es am letzteren, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einzuholen.

Mehr Arbeit für den Arbeitgeber

Das bedeutet einen zusätzlichen Arbeitsaufwand seitens des Arbeitgebers. Denn für jede Krankmeldung müssen die eAUs einzeln eingeholt werden, auch für Folgeerkrankungen. „Der Grund dafür ist, dass es sensible, personenbezogenen Daten sind“, erklärt Christoph Elsas, Leiter „Addison Handwerk“ bei Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland. „Es dürfen nur Zeiträume bei der Krankenkasse abgefragt werden, die vom Arbeitnehmer angegeben worden sind.“ Diese Abfrage kann über die Ausfüllhilfe der ITSG (sv.net) erfolgen. Arbeitgeber können dort Meldungen zur Sozialversicherung auf dem vorgeschriebenen elektronischen Weg verschlüsselt übermitteln. Falls die Lohnabrechnung über einen Steuerberater gemacht wird, kann er auch die eAUs einholen.

Wenn aber der Chef im Betrieb auch für die Lohnabrechnung zuständig ist, ist das keine unerhebliche Belastung. An dieser Stelle kann eine Entgeltabrechnungssoftware hilfreich sein. Denn bei einer zertifizierten Lohnabrechnungssoftware funktioniert die Abfrage der eAU über einen Programmteil der schon vorhandenen Software. „Der Vorteil einer Software-Lösung ist, dass diese die Fehltage bei Erfassung einer Fehlzeit erkennt und aktiv nach dem Nachweis (in diesem Fall die eAU) nachfragt“, so Christoph Elsas. Das verhindert nicht nur, dass ein Nachweis bei der Abrechnung fehlt. Auch eine Mehrfacherfassung kann so vermieden werden.

eAU schon jetzt möglich – mit Beschränkungen

Bereits jetzt können Arbeitgeber eine eAU anfordern, wenn diese bei den Krankenkassen vorliegen. Falls das nicht der Fall sein sollte, bekommt der Arbeitgeber die Meldung: „eAU liegt nicht vor“. Wird innerhalb der nächsten 14 Tagen diese vom Arzt an die Krankenkasse nachgeliefert, bekommt der Arbeitgeber das mitgeteilt, ohne noch einmal abfragen zu müssen. Da aber noch immer nicht alle Arztpraxen die Möglichkeit haben, die eAU zu übermitteln, bedeutet das für Arbeitnehmer also: man braucht immer noch den „gelben Schein“.

Aber auch, wenn die Frist für die Übergangsphase im Januar 2023 vorbei ist, heißt das nicht, dass automatisch alle AUs auch eAUs sind. Die elektronische Übermittlung funktioniert nämlich nur bei drei Arten von Bescheinigungen: für die „normale“ Krankheit, für einen Arbeitsunfall oder für die stationäre Behandlung im Krankenhaus. Wenn das Kind krank ist oder bei Rehamaßnahmen bleibt der „gelbe Schein“ nach wie vor bestehen. Auch bei Privatversicherten bzw. Nicht-Vertragsärzten ist die Digitalisierung nicht angekommen. Sowohl andere Krankheitsgründe, Privatversicherte und Besuche bei Privatärzten sollen auch kommen.

Übergangszeit ist Übungszeit

Auch wenn es jetzt nicht zwingend notwendig ist, als Arbeitgeber eine eAU anzufordern, lohnt es sich, sich mit dem System vertraut zu machen. Denn ab 2023 wird die Übergangsphase voraussichtlich abgeschlossen sein und die eAU wird zur Norm. Da lohnt es sich, schon jetzt ein bisschen zu üben. Falls Sie bereits eine Lohnabrechnungssoftware benutzen, können Sie sich ausprobieren und sehen, was klappt und wo es noch Klärungsbedarf gibt. Denn die eAU kann sich wie ein Batzen Arbeit anhören. Aber vieles davon kann durch Software abgenommen bzw. vereinfacht werden. Informieren Sie sich also rechtzeitig bei dem Anbieter Ihrer Handwerkssoftware, ob Sie darüber Zugriff auf die eAU haben.

SHK Profi: eAU, Dokumentationssoftware, digitale Arbeitszeitenerfassung –

ist es nicht zu viel Digitalisierung?

Christoph Elsas: Ich denke nicht, denn es gibt zu viele Vorteile. Wenn ich bis jetzt die AUs per E-Mail bekommen habe, sind die Daten nicht sicher – und vor allem nicht DSGVO-konform übermittelt worden. Dadurch, dass die Daten durch die verschlüsselten Verfahren der GKV-Kommunikationsserver laufen, gibt es einen deutlichen Sicherheitsgewinn.

SHK Profi: Und man muss den ganzen Papierkram nicht länger physisch lagern.

Christoph Elsas: Genau, ich habe die Daten elektronisch in meiner Datenbank
gespeichert. Dort sind sie gebündelt und verschlüsselt. Nur der, der zugangsberechtigt ist, bekommt die Daten angezeigt. Auch die Aufbewahrungspflicht wird übernommen. Wir haben in unserer Software ein DSGVO-Dashboard, wo Sie Daten, die nicht mehr benötigt oder nicht mehr aufbewahrt werden müssen, einfach
löschen können.

SHK Profi: Wie funktioniert die Abfrage der eAU in der Software „Addison Handwerk“ von Wolters Kluwer?

Christoph Elsas: Es gibt ein Extra-Menü „eAU-Abfragen“, das Teil des Moduls Lohn- und Gehaltsabrechnung ist. Dort muss der Arbeitgeber ein paar Daten eingeben. In einer Listenansicht kann er den eAU-Beginn für einzelne Mitarbeiter eintragen. Mittels Kontrollkästchen muss er bestätigen, dass der Mitarbeiter sich auch krank gemeldet hat. Das ist laut § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz erforderlich. Anschließend muss er angeben, um welche Art von Arbeitsunfähigkeit es sich handelt: Krankheit, Arbeitsunfall oder stationärer Aufenthalt im Krankenhaus. Der Vorteil hier ist, dass die Abfrage nicht gestartet werden kann, wenn nicht alle Punkte erfasst wurden.

SHK Profi: Immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen geraten in den Fokus von Cyberkriminellen.

Wie werden die Daten in „Addison Handwerk“ gesichert? Und was passiert, wenn diese weg sind?

Christoph Elsas: Zur Speicherung der Daten in „Addison Handwerk“ kommen Datenbanken zum Einsatz. Diese werden über einen Backup-Service, welcher zum Lieferumfang von „Addison Handwerk“ gehört, gesichert. Der Backup-Service unterliegt einer ständigen Prüfung durch unsere Entwickler, um im Fall eines Angriff die Daten wiederherzustellen.

Die Software bietet eine leistungsstarke Belegverarbeitung, mit der Handwerksbetriebe beliebige Belege komplett oder in Teilen kopieren können. Musterangebote werden so in kürzester Zeit zu Kundenangeboten. Ein Belegassistent zur Erstellung von Standardangeboten und -rechnungen ermöglicht zudem ein Versenden des Beleges in wenigen Minuten. Detailinformationen zu Aufmaß, Einkauf, Verkauf und Kalkulation finden Anwender übersichtlich auf je einer Karteikarte.

Die Software macht es außerdem möglich, Angebote in einem Vorgang zu erfassen, zu ändern und zu ergänzen. Mit Tastendruck wechseln Betriebe dann zur Kalkulation und können nach Belieben mit jedem Wert rückwärts und vorwärts kalkulieren. In jeder Phase eines Projektes haben sie dank der Software den genauen Überblick über Kosten und Erlöse. Nicht nur bei Angeboten, auch bei Projektrechnungen und kleinen Reparaturrechnungen profitieren Betriebe von der umfassenden Kalkulation.

Mit der Auftragsanalyse sehen sie wiederum den aktuellen Stand laufender Projekte. Sie zeigt auf einen Blick an, wo Zeiten oder Materialbuchungen aus dem Ruder laufen.

Hinzu kommen funktionale Schnittstellen wie zum Beispiel GAEB, IDS Connect und Open Masterdata, mit denen Daten in „Addison Handwerk“ geholt werden. Anwender kopieren, kalkulieren und verarbeiten die Daten anschließend, wie es ihnen passt.

Über den Preisspiegel können zugleich Materialeinkaufspreise von bis zu zehn Lieferanten verglichen werden. In der Auswertung ermitteln Anwender den günstigsten sowie teuersten Lieferanten und bestellen per Klick.

Für den Kundendienst und die Wartungen können die Standorte und Anlagedaten der Kunden verwaltet werden. Ein Klick erzeugt fällige Wartungsaufträge.

Mit der Terminverwaltung lassen sich zu guter Letzt Termine und Aufgaben handhaben und mit Smartphones synchronisieren.

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