Trinkwasserschutz

Exakt abgegrenzte Normen

Verbindliches Regelwerk

Planer und Fachhandwerker können seit August 2011 bei Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers wieder auf ein allein verbindliches Regelwerk zurückgreifen. Mit den gleichzeitigen Veröffentlichungen der überarbeiteten DIN EN 1717 und der DIN 1988-100 wurde die DIN 1988-4 zurückgezogen. Soweit dies notwendig war, wurden ihre Inhalte in die DIN 1988-100 übernommen. Diese nationale Ergänzungsnorm enthält Erläuterungen zur Anwendung der DIN EN 1717 und gilt immer zusammen mit dieser Norm.


Die fortschreitende Harmonisierung der europäischen Regelwerke für Trinkwasserinstallationen und die damit notwendigen Anpassungen nationaler Normen brachten in den letzten zwölf Monaten gravierende Veränderungen mit sich. Dazu zählen auch die im August 2011 herausgegebene Novellierung der DIN EN 1717 sowie die zeitgleiche Veröffentlichung der nationalen Ergänzungsnorm DIN 1988-100. Sie gelten gemeinsam und lösen die bisher mögliche Option der parallelen Anwendung von DIN EN 1717 oder DIN 1988-4 ab. Damit sind auch die aus der vorherigen Option entstandenen Unsicherheiten, welche Norm nun die Richtige ist, Vergangenheit.

Die novellierte DIN EN 1717 definiert die allgemeinen Anforderungen in Trinkwasserinstallationen zum Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen. Das nationale Vorwort wurde neu formuliert und die nationalen Anhänge NA und NB gestrichen. Geblieben ist die Einteilung in die Flüssigkeitskategorien eins bis fünf. In der überarbeiteten DIN EN 1717 wird dabei weiterhin nicht zwischen Gefährdung und Beeinträchtigung unterschieden. Sie ordnet Flüssigkeiten und Fluide entsprechend ihrem Risikopotential in Kategorien. Eine Definition findet sich in der DIN 1988-100. Demnach ist die Veränderung der Trinkwassergüte ohne gesundheitliche Auswirkungen eine Beeinträchtigung. Eine Gefährdung liegt dann vor, wenn eine Schädigung der Gesundheit möglich ist. Auch das Prinzip der Risikominderung für bestimmte Entnahmestellen im häuslichen Bereich ist weiterhin gültig. Hier gibt es lediglich vier Ausnahmen, die abweichend Sicherungseinrichtungen niedrigerer Flüssigkeitskategorien erlauben. Beispielsweise ist für die häusliche Gartenbewässerung bei einer Unterflur-Beregnungsanlage für Grünflächen die Absicherung nach Kategorie 4 ausreichend. Entnahmearmaturen mit Schlauchverschraubungen können mit einer Sicherungseinrichtung der Kategorie 3 (Sicherungskombination aus Rückflussverhinderer EB und Rohrbelüfter HB) kombiniert werden, wenn sie ausschließlich für die Zwecke Waschen, Reinigen oder Gartenbewässerung dienen und sich der Einbauort der Sicherungseinrichtung über dem maximal möglichen Betriebswasserspiegel befindet.

Die DIN 1988-100 beschreibt zusätzliche Anforderungen zum Erhalt der Trinkwassergüte. Basis der Norm ist der überarbeitete und teilweise neu formulierte nationale Anhang NA, der bisher mit informativer Wirkung in die DIN EN 1717 integriert war und jetzt normative Geltung hat. Die nationale Ergänzungsnorm gleicht die fehlende Normungstiefe der europäischen Norm aus und enthält wichtige Erläuterungen und Hinweise zur deren Anwendung. Die DIN 1988-100 bietet in einer Anwendungstabelle Orientierungshilfen zur Auswahl der Sicherungseinrichtungen in Trinkwasseranlagen. Des Weiteren sind Planungs- und Ausführungshilfen aus der DIN 1988-4 integriert. Beispielsweise hinsichtlich äußerer Einwirkungen auf erdverlegte Trinkwasserleitungen oder Maßnahmen gegen Stagnation sowie die Anforderungen an den bestimmungsgemäßen Betrieb und die Wartung. Analog zur DIN EN 1717 ist die Kombination aus Rohrbelüfter (Bauform „D“) und Rückflussverhinderer (Bauform „E“) als Sammelsicherung für Steigleitungen nicht mehr enthalten. Sie entspricht demnach nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik. Folglich dürfen nur noch eigensichere oder entsprechend ihrer Kategorie abgesicherte Armaturen und Apparate in Trinkwasseranlagen verwendet werden. Spätestens dann, wenn bei Bestandsanlagen hygienische Probleme festgestellt werden, muss die Sammelsicherung entfernt werden. Ein Bestandsschutz für Sammelsicherungen lässt sich aus den Regelwerken nicht ableiten. Hier trifft eher das Gegenteil zu. Die Festlegung der Trinkwassergüte in der TrinkwV sowie die Anforderung der DIN EN 1717, nach der alle Anschlüsse ständige Anschlüsse sind, die planmäßig durchflossen werden, und die Anforderungen zur Vermeidung der Stagnation (DIN 1988-100, VDI 6023) lassen wenig Spielraum zur Interpretation. Bestehende Sammelsicherungen sollten entfernt und durch Einzelsicherungen ersetzt werden.

Arten der Absicherung

Sicherungseinrichtungen bestehen aus einer Sicherungsarmatur und den notwendigen Komplementärarmaturen, wie beispielsweise Absperrventile, Filter oder Anschlüsse zur Überprüfung. Sicherungseinrichtungen müssen im häuslichen Bereich Bestandteil der Entnahmearmaturen oder Apparate sein. Andernfalls ist eine Sicherungseinrichtung an der Anschlussstelle zur Installation einzubauen. Die Schutzmatrix der DIN EN 1717 umfasst in mehreren Gruppen 23 Typen von Sicherungseinrichtungen. Im Grundsatz gilt: Sicherungsarmaturen müssen zugänglich sein, vor Frost und hohen Temperaturen geschützt sein und abhängig von der Bauart gegebenenfalls überflutungssicher oder in gut belüfteter Umgebung montiert werden. Die Begriffsbestimmung „überflutungssicher“ impliziert, dass Sicherungseinrichtungen oberhalb der Rückstauebene installiert werden. Wo dies nicht möglich ist, müssen die Räumlichkeiten entsprechend der regionalen Bedingungen (Starkregenereignisse, geografische Lage) vor Überflutung geschützt sein. Entwässerungseinrichtungen sind gegebenenfalls mittels Hebeanlagen, die über die Rückstauebene entwässern, zu sichern. Prinzipiell ist die erste Sicherungseinrichtung an der Übergabestelle zur öffentlichen Trinkwasserversorgung einzubauen. Als ausreichender Schutz gegen Rückfließen ist im häuslichen Bereich ein kontrollierbarer Rückflussverhinderer oder ein Rückflussverhinderer im Wasserzähler ausreichend. Im nicht-häuslichen Gebrauch muss die Absicherung entsprechend dem maximal zu erwartenden Risiko erfolgen. Zum nicht häuslichen Gebrauch zählen neben gewerblichen Installationen auch die Bereiche Landwirtschaft sowie private oder öffentliche Schwimmbäder.

Da die Flüssigkeitskategorie 1 für „Wasser für den menschlichen Gebrauch, das direkt aus einer Trinkwasserinstallation entnommen wird“, gilt, ist hier keine Absicherung notwendig. Zitat TrinkwV: „Trinkwasser muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genuss tauglich sein.“

Kategorie 2 beinhaltet Flüssigkeiten, die für den menschlichen Gebrauch geeignet sind und keine Gefährdung der Gesundheit darstellen. Sie können in Geschmack, Geruch, Farbe oder Temperatur Veränderungen aufweisen. Hierzu gehören beispielsweise erwärmtes Trinkwasser, Kaffee oder auch entmineralisiertes Wasser. Die Mindestanforderung der Sicherungseinrichtung ist hier ein kontrollierbarer Rückflussverhinderer Typ „EA“. Das setzt eine in die Armatur integrierte Prüfvorrichtung voraus. Eine Funktionskontrolle durch Lösen der Armaturenverschraubung ist nicht ausreichend. Als Ausnahme zulässig sind auch Sicherungseinrichtungen in Form von Rückflussverhinderern der Typen „EB“ oder „ED“ sowie automatische Umsteller der Bauart „HC“. Die Regelung gilt jedoch nur im Sinne der Risikominderung für: „Entnahmestellen mit Brause an Waschbecken, Spülbecken, Dusche, Badewanne (ausgenommen Dusche und WC)“.

Flüssigkeiten der Kategorie 3 können eine geringfügige Gesundheitsgefährdung darstellen. Hierzu zählen Heizungsnachfüllwasser (ohne Inhibitoren), Nachspeiseeinrichtungen für industrielle Kühlanlagen oder Spül- und Reinigungseinrichtungen von Zapfanlagen. Die Absicherung erfordert mindestens einen Systemtrenner Typ „CA“ (nicht kontrollierbare Trennung) oder einen Rohrtrenner Typ „GA“ (nicht durchflussgesteuert).

Eine akute Gesundheitsgefährdung besteht bei Flüssigkeiten der Kategorie 4. Hierzu gehören Nachspeiseeinrichtungen für Heizungsanlagen (mit Inhibitoren) und Kühlanlagen, Dosieranlagen industrieller Wasch- und Spülmaschinen, Anschlüsse in Chemielaboren (z.B. Schulen, Apotheken, Industrie) sowie temporäre Anschlüsse bei öffentlichen Veranstaltungen. Maßgebend für die Installation und den Anschluss temporärer Entnahmevorrichtungen ist das DVGW-Arbeitsblatt W 408. Die hygienischen Risiken bei diesen Anschlüssen werden von vielen Verantwortlichen und Nutzern oft unterschätzt. Sind die angeschlossenen Anlagen nicht über einen freien Auslauf gesichert, muss die Entnahmevorrichtung mindestens nach Kategorie 4 abgesichert werden. Zur Absicherung ist ein Rohrnetztrenner „BA“ mit kontrollierbarer Mitteldruckzone erforderlich.

Flüssigkeiten der Kategorie 5 dürfen grundsätzlich nicht mit dem Trinkwassersystem in Verbindung kommen. Diese Flüssigkeiten können durch die Kontamination mit mikrobiellen oder viruellen Krankheitserregern eine erhebliche Gesundheitsgefährdung darstellen. Zu dieser Kategorie zählen Schwimmbecken- und Waschmaschinenwasser, Regenwasser- und Feuerlöschanlagen sowie Wasser für Tiertränken. Zur Absicherung ist mindestens ein freier Auslauf Typ „AB“ gemäß DIN EN 13 077 erforderlich. Eine kompakte vorgefertigte Variante dieser Absicherung ist beispielsweise die Sicherheitstrennstation „CBU“ von Honeywell (www.honeywell-haustechnik.de). Damit hat das Unternehmen für alle Flüssigkeitskategorien von 2 bis 5 Sicherungsarmaturen- und Einrichtungen im Produktportfolio. Die Sicherheitstrennstation „CBU“ ist eine Kombination von Einzel- oder Doppelpumpenanlage und Vorlagebehälter sowie automatischer Nachspeisung und Spülung. Sie arbeitet vollautomatisch und ist für den Einbau bei beengten Platzverhältnissen modular aufgebaut. Dadurch lässt sich die kompakt vormontierte Einheit bei Bedarf trennen und an Ort und Stelle montieren. Auf der Eingangsseite befindet sich ein Vorlagebehälter. Je nach Ausführung verfügt er über ein Nutzvolumen von 540 bzw. 1080 l. Eingangsseitig ist eine motorgesteuerte Absperrklappe zur Wassernachspeisung integriert. Die Niveaumessung des Wasserstandes im Behälter erfolgt über drei Schwimmerschalter. Damit wird die Nachspeisung gesteuert, Wassermangel und Überlauf gemeldet. Der Überlauf verfügt über einen integrierten Geruchsverschluss und kann direkt dem Kanal zugeführt werden. Die Sicherheitstrennstation wurde für gewerbliche und industrielle Anwendungen konzipiert. Sie erfüllt sowohl die Anforderungen der DIN EN 1717, als auch der für Feuerlöscheinrichtungen maßgebenden Normen DIN 1988-600 und DIN 14 462.

Kein Bestandsschutz

Die DIN 1988-100 schließt die Verbindung der Trinkwasserinstallation mit Nichttrinkwassersystemen aus. Eine Aussage zur Verbindung mit Löschwasser- und Brandschutzanlagen findet sich  in der im Dezember 2010 veröffentlichten DIN 1988-600. Sie definiert die Ausführung und Absicherung der Trinkwasserinstallation von der Anschlussstelle bis zur Löschwasser­übergabestelle sowie deren Ausführung. Im Vordergrund steht auch hier die Sicherung der Trinkwasserqualität gemäß den in der TrinkwV definierten Standards. Dementsprechend reicht die Wirkung der Norm bis in den Baubestand: „Werden die Anforderungen der TrinkwV nicht erfüllt, besteht kein Bestandsschutz für die Trinkwasser-Installation, die in Verbindung mit einer Feuerlösch- und Brandschutzanlage steht“.

Im Ergebnis zeigt die praxisbezogene Betrachtung, dass in den meisten Anwendungsfällen eine mittelbare Verbindung über einen freien Auslauf von mindestens TYP „AB“ benötigt wird. Die Erweiterung, Sanierung oder Instandhaltung von Trinkwasserinstallationen birgt erhebliche Risiken für den Fachhandwerker. Unterlässt er den Hinweis auf eine mögliche Gefährdung der Trinkwasserinstallation, zum Beispiel durch die o.g. Verbindung, kann ihm im Schadenfall ein bedingter Vorsatz angelastet werden.


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