Betriebsgründung digital

Ordnung in die Zettelwirtschaft bringen

Digitalisierung ist nicht nur ein Buzzword, sondern soll die tägliche Arbeit unterstützen. Auch in der traditionellen Handwerksbranche ist das längst möglich – sowohl bei etablierten Unternehmen als auch bei einer Neugründung. Denn sind diese digital gut aufgestellt, können nicht nur Nerven in puncto Zeiterfassung, Terminplanung oder Finanzen gespart werden, sondern auch bis zu ein Drittel der Bürozeit. So bleibt mehr Zeit für das Handwerk selbst.

Nach der erfolgreich bestandenen Meisterprüfung und mehreren Jahren im Beruf stellt sich früher oder später die Frage nach der Selbstständigkeit. Der eigene Betrieb bringt den Segen der Selbstbestimmung, aber auch den Fluch der Verantwortung mit sich. Wo also anfangen, damit das neue Kapitel erfolgversprechend wird?

Digitalisierung nimmt Arbeit ab

Junge Gründerinnen und Gründer im SHK-Handwerk erkennen schnell: Papierkram bestimmt den Alltag. Vor Ort beim Kunden werden die Arbeitsleistungen auf einem Vordruck handschriftlich notiert und unterschrieben. Im Büro kommen die Dokumente nur teilweise oder unleserlich an. Alles muss händisch ins System eingetragen werden und die Aktenordner stapeln sich bis zur Decke – die Organisation raubt unnötig viel Zeit und Nerven. So sollten sich Handwerker bereits vor der Gründung oder Übernahme damit beschäftigen, was der Digitalisierungstrend für sie bereithält. „Leichtigkeit, Unabhängigkeit und Fokus auf das Wesentliche“, ist sich Marius Stäcker, Gründer von ToolTime, sicher. „Digitalisierung im Betrieb ermöglicht einen nahezu papierlosen Ablauf. Genau wie man im Privatleben nur noch selten Nachrichten mit Stift und Papier schreibt oder Urlaubsbilder ausdruckt und in Bilderalben klebt, sollte man auch im eigenen Betrieb auf digitale und damit effizientere Wege umsteigen.“

Der digitale Handwerksbetrieb – von Anfang an

Doch was bedeutet ein nahezu papierloser Arbeits­alltag für junge Gründerinnen und Gründer im Handwerk konkret? Digitale Tools sollten genau da ansetzen, wo administrative Aufgaben den Arbeitsalltag unnötig aufwändig gestalten – also Infos handschriftlich festgehalten und von A nach B übertragen werden oder unzählige Male hinterher telefoniert werden muss. So können Angebote, Rechnungen und Termine in wenigen Klicks geplant werden und bleiben in einer App auch von unterwegs immer im Blick. Dies gilt – gerade wichtig für neue Betriebe – auch für die Finanzübersicht. Ein Dashboard ersetzt unübersichtliche Exceltabellen oder handschriftliche Notizen. Werden zudem die Bestellungen beim Großhändler direkt über die passende Schnittstelle aufgegeben, lassen sich auch regelmäßig wiederkehrende Aufgaben grundlegend vereinfachen. „Hinzu kommt ganz aktuell die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Wer von Anfang an auf digitale Tools setzt, sorgt für eine reibungslose interne Abwicklung und erspart sich Stress mit dem Gesetzgeber”, so Stäcker. Ist die Zettelwirtschaft erst einmal Vergangenheit, bedeuten eine passgenaue Software und App für einen digital gegründeten Betrieb bis zu 30 % Zeitersparnis.

Digital präsent sein – auch für die Kunden

Eine gepflegte und benutzerfreundliche Website ist meist der erste Kontaktpunkt für neue Kunden. Neben angebotenen Leistungen sollten Alleinstellungsmerkmale des Betriebs hervorgehoben werden – beispielsweise die besonders digitale Arbeitsweise. Auch die Kundschaft ist erfreut, wenn sie auf dem Tablet oder Smartphone unterschreiben kann und die Rechnung ins Mail-Postfach statt in den Briefkasten flattern. Öffnungszeiten, Kontaktdaten oder sogar ein integriertes Kontaktformular dürfen nicht fehlen. Eine „Über uns“ Seite, auf der das Team vorgestellt wird, schafft Vertrauen und Nahbarkeit. Besonders bei jungem Publikum kommt Präsenz in den sozialen Medien zudem gut an. Wer sich dieser Zielgruppe nähern will, sollte über einen Account auf Instagram & Co. nachdenken. Nicht nur, um Neukunden zu gewinnen, sondern auch Nachwuchskräfte für das Handwerk.

Tradition trifft Innovation – PLUS Heizung Sanitär aus Berlin

Doch nicht nur für Neugründungen, sondern auch langjährig bestehende Betriebe lohnt sich der Umstieg auf einen digitalen Arbeitsalltag. Hier können sich frische Gründer noch Einiges abschauen. Maik Radner ist Geschäftsführer des Berliner Betriebs PLUS Heizung Sanitär. Seit dreißig Jahren ist er der Firma treu, die er mit seinem Innovationsgeist immer weiter vorantreibt. „ToolTime“ ist seine neueste Errungenschaft, weil er die „Schnauze voll von der Papierflut“ hatte. Seine Bürokraft Sina Ebers ist begeistert: „Die Zeitersparnis ist für mich erheblich, das kommt bestimmt auf 25 %.“ Die projektbasierte Ansicht erleichtert ihr die Arbeit. Für einen bestimmten Kundenauftrag hat sie alles auf einen Blick – Angebot, Rechnung oder Materiallisten. Auch Termine und Adressen muss sie jetzt nicht mehr telefonisch an die Monteure durchgeben oder mit der Buchhaltung bis zum Ende des Tages warten. Der entsprechende Monteur sieht seinen aktuellen Termin mit allen relevanten Informationen, wie zum Beispiel der Adresse, direkt auf seinem Handy und kann sich sofort dorthin navigieren lassen. Wenn er fertig ist, liegen dem Büro mit nur einem Klick alle relevanten Dokumente zur Auftragsabwicklung vor. Das Einzige, das benötigt wird, ist eine Internetverbindung.

Betriebsgründung neu gedacht

Der Blick in andere Branchen lässt vermuten: Früher oder später führt kein Weg an der Digitalisierung mehr vorbei. Dabei geht es nicht nur darum, Analoges ins Digitale zu übertragen, sondern die neuen Möglichkeiten zu nutzen, um Prozesse zu vereinfachen. Wer bei der Betriebsgründung direkt alle Abläufe berücksichtigt, profitiert doppelt vom digitalen Start in die Selbstständigkeit.

Was kann
„ToolTime“?

„ToolTime“ ist eine cloudbasierte Software, die die Arbeitsabläufe in Handwerksbetrieben digitalisiert. Das funktioniert, indem sie Büro und Baustelle vernetzt: Die Apps auf den Smartphones der Handwerker sind verknüpft mit der Software auf dem Bürocomputer. Die Bürokraft nutzt die Software im Büro für Angebote, Rechnungen, Terminplanung und Mitarbeiterdisposition, während die Monteure diese auf ihrem Smartphone zur Dokumentation, Zeiterfassung und zur Erstellung des digitalen Arbeitsscheins nutzen. Beide Applikationen kommunizieren miteinander, somit landen neue Termine aus dem Büro direkt auf dem Handy des Monteurs. Digital unterschriebene Arbeitsscheine hingegen sind binnen weniger Sekunden im Büro. Neben Papier spart die digitale Abwicklung Fahrtwege ins Büro, weil keine Papierunterlagen mehr zur Bearbeitung abgegeben werden müssen.

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