Effiziente ­Regenwasser­behandlung

Investition in die Zukunft des Grundwassers

Rund 1.000 Einwohner zählt das Kirchdorf Lichtenau in der oberbayerischen Gemeinde Weichering und wächst dabei stetig über die vergangenen Jahrzehnte. Um den A­nforderungen hinsichtlich Grundwasserschutz gerecht zu werden, entschied sich die Gemeinde zur ­Modernisierung der bestehenden Infrastruktur. Die Voraussetzungen: Beengte Platzverhältnisse und ein hoher Grundwasserspiegel.

Maßgebliches Reglement für das Regenwassermanagement

Der Einbau der Sedimentationsboxen am Standort erfolgte nach der Asphaltierung. Diese Behälter nehmen zur Grobreinigung alle Feststoffe wie Steine, Laub und Schwebteile auf. Anschließend wird das vorgereinigte Niederschlagswasser über die eingesetzten Filterkissen geleitet.
Quelle: Ignaz Schmid GmbH & Co. KG

Der Einbau der Sedimentationsboxen am Standort erfolgte nach der Asphaltierung. Diese Behälter nehmen zur Grobreinigung alle Feststoffe wie Steine, Laub und Schwebteile auf. Anschließend wird das vorgereinigte Niederschlagswasser über die eingesetzten Filterkissen geleitet.
Quelle: Ignaz Schmid GmbH & Co. KG
Die Verantwortlichen entschieden sich in insgesamt vier Straßenabschnitten für den Einbau von „­Bircopur“, einem modularen, mehrstufigen Filter­system zur oberflächennahen Regenwasserbehandlung. Eine entscheidende Rolle für die Wahl des Regenwassermanagements spielt der rechtliche Rahmen. Das eingesetzte Rinnensystem in NW 300 verfügt über die DIBt-Zulassung und entspricht den aktuellen Gesetzen und Richtlinien, ist also auch geprüft gemäß den Anforderungen an die neue DWA-A102. Hier definiert die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Wasser und Abfall e.V. (DWA) die Grundsätze zur Bewirtschaftung von Regenwasserabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer. Dabei lässt sich feststellen: Die rechtlichen Anforderungen an Entwässerungs- und speziell auch Reinigungsleistung werden höher, sodass Betreiber mehr denn je beim Thema „Grundwasserschutz“ in die Verantwortung genommen werden. Denn mit der DWA-A102 rücken die AFS 63 (abfiltrierbare Stoffe kleiner 63 Mikrometer) stärker in den Fokus, als es in den bisher relevanten Regelwerken der Fall war. Dadurch konkretisiert sich auch der Anforderungskatalog an den Wirkungsgrad eines Reinigungssystems. Denn bisher war neben dem weiterhin gültigen Arbeitsblatt A138 das Merkblatt M153 maßgebend, wobei die Festlegung der Reinigungsleistung dabei noch auf Basis eines Durchgangswertes erfolgte. Die sukzessive Ablösung von DWA-M153 durch DWA-A102 bringt nicht nur für die Betreiber, sondern speziell auch für die Hersteller von Entwässerungs- und Filtriersystem neue Herausforderungen mit sich.

Oberflächennahe und platz­sparende Lösung gesucht

Laut einer jüngeren Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gelangen pro Jahr 60.000 bis 70.000 t Reifenabrieb in Deutschland in den Boden. Der von PKWs, Lastwagen und Fahrrädern verursachte Reifenabrieb sorgt damit für eine der größten Mikroplastikquellen überhaupt. Dazu kommen Öl- und Treibstoffverluste. Um eine ausreichend lange Sicker- bzw. Reinigungsstrecke für Niederschlagsabflüsse einzuhalten, schreibt die DWA-A138 einen Mindestabstand von einem Meter zwischen Versickerungsanlage und dem mittleren Grundwasserhöchststand vor.

Platz- und zeitsparend: „­Bircopur“ reinigt oberflächennah und kann dank der modularen Bauweise auch innerorts im Bestand verbaut werden. Die Zeitersparnis kam auch den Anwohnerinnen gelegen, die aufgrund des schnellen Baufortschritts deutlich weniger Einschränkungen hinnehmen mussten.
Quelle: HEINRICH GmbH

Platz- und zeitsparend: „­Bircopur“ reinigt oberflächennah und kann dank der modularen Bauweise auch innerorts im Bestand verbaut werden. Die Zeitersparnis kam auch den Anwohnerinnen gelegen, die aufgrund des schnellen Baufortschritts deutlich weniger Einschränkungen hinnehmen mussten.
Quelle: HEINRICH GmbH
Entsprechend trieb der Schutz des Grundwassers auch die Verantwortlichen der Gemeinde Weichering um: „In Lichtenau gelangte das Regenwasser über Straßensinkkästen in die Sickerschächte, stieß dort auf Grundwasser, das ist so nicht mehr zulässig und belastet unser Grundwasser“, erklärt Verwaltungsleiter Werner Seitle. Das gängige System stammte aus den 1970er Jahren und hatte über die Jahrzehnte altersbedingt an Sickerleistung eingebüßt: Immer häufiger staute sich Regenwasser in den Sickerschächten an und kam dort zudem direkt mit dem Grundwasser in Kontakt, das im konkreten Gebiet 1,50 bis 2 m unter Gelände ansteht. Aufgrund der fehlenden Regenwasserreinigung konnten Schadstoffpartikel direkt ins Grundwasser gelangen. Marina Ruhstorfer, die zuständige Planerin von WipflerPlan in Pfaffenhofen: „Unsere Überlegungen führten zu dem Schluss, dass wir Anlagen zur Versickerung und Reinigung benötigen. Die Versickerung über einen bewachsenen Oberboden stellte platzbedingt zunächst keine Option dar. Wir suchten also eine platzsparende, reinigende und vor allem auch oberflächennahe Lösung mit Retentionsleistung, die zugleich den Grundwasserabstand einhält. So fiel die Entscheidung auf eine Substratfilterrinne mit einer darunterliegenden Kiesrigole.“

Ein Mindestabstand von einem Meter zur Grundwasseroberfläche war nicht realisierbar, sodass sich die Verantwortlichen und das zuständige Wasserwirtschaftsamt auf die Einhaltung eines Grundwasserabstands von 50 cm zur Regenwasserbehandlungsanlage einigten.

Installationsarbeiten vor Ort

Das gesammelte und filtrierte Regenwasser fließt durch vertikale Bohrungen in die Kiesrigole ab und versickert von dort aus kontrolliert in den Untergrund.
Quelle: HEINRICH GmbH

Das gesammelte und filtrierte Regenwasser fließt durch vertikale Bohrungen in die Kiesrigole ab und versickert von dort aus kontrolliert in den Untergrund.
Quelle: HEINRICH GmbH
Insgesamt wurde ein Materialumfang von 151 m Rinnenstrang in vier Ortstraßen verbaut. Eine der insgesamt sechs Rinnenstränge konnte schließlich doch zugunsten einer kleinen Sickermulde verkürzt werden. Mitte Mai begannen die Arbeiten unter der Leitung von Baustellenleiter Michael Juryczek (Bauunternehmen Ignaz Schmid aus Burgheim) mit dem Schneiden des Asphalts. Die abgetragene Fläche von Zaunsockel bis zur bestehenden Fahrbahn betrug dabei 2,63 m.

„Die Rinnenkörper setzen wir Bauteil für Bauteil auf eine Splittauflage als Sauberkeitsschicht, das war für uns neu und erst einmal ungewohnt“, erklärt Juryczek. Das in den Rinnenkörpern gesammelte und filtrierte Regenwasser fließt durch vertikale Bohrungen in die als Pufferzone agierende Kiesrigole ab und versickert von dort aus in den Untergrund. Die Rigole selbst ist von Filtervlies umgeben, damit Feinanteile nicht nach innen gewaschen werden können. So wird eine Kolmation verhindert.

Um einen festen Sitz herzustellen, betonierten die Verarbeiter die Rinnenstränge seitlich an. Die Planer haben zudem Granit-Großsteine in den Maßen 16x16 cm vorgesehen, die an das Entwässerungssystem anschließen und damit für einen optisch ansprechenden Abschluss an Straßenfläche und Gehweg sorgen. So konnte die Integration in den Wohnsiedlungen nicht nur technisch, sondern mit einer Doppelsteg-Gussabdeckung Klasse D 400 auch optisch problemlos vorgenommen werden.

Zwei-Stufen-Prinzip: Der Modulare Aufbau

Basis der Filtrationslösung ist die Schwerlastrinne „Bircosir“ in der Nennweite 300 AS. Mit einer Belastbarkeit bis Klasse F 900 ist der Betonkörper für die Linienentwässerung auch auf stark befahrenen Parkflächen oder öffentlichen Plätzen perfekt geeignet und damit eine stabile und langlebige Lösung. „In einem Wohngebiet sind die Rinnenkörper permanent den Belastungen durch überfahrende und rangierende Fahrzeuge ausgesetzt“, erklärt Arthur Zimmermann, Gebietsverkaufsleiter bei Birco und fügt an: „Die gewählte Lösung mit Doppelsteg-Gussabdeckung stellt sicher, dass auch Umzugstransporte, Entsorgungs- oder Lieferfahrzeuge und Speditionen über den Rinnenkörper fahren können, ohne ihn zu beschädigen.“

Der modulare Geräte-Aufbau trennt die Sedimentation von der eigentlichen Schadstoffbehandlung. Die Sedimentationsbox nimmt zur Grobreinigung alle Feststoffe wie Steine, Laub und Schwebteile auf. Eine Gummilippe stellt die Dichtigkeit an den Rändern für die sichere Abgrenzung zur anschließenden Filtration sicher. Das vorgereinigte Niederschlagswasser wird anschließend über das Granulatfilterkissen geleitet, das dem Wasser organische und anorganische Schadstoffe entzieht. Die Trennung der Module sorgt dafür, dass sich kein Filterkuchen bildet und kein Bewuchs stattfindet. Somit entfällt eine häufige Wartung der Filtermaterialien. Ersetzt werden muss das rund 1 m lange Filterkissen laut DIBt-Zulassung frühestens nach zehn Jahren.

Einfacher Reinigungsprozess, nachhaltiger Gewässerschutz

Die Regenwasserbehandlungsanlage verhindert den Konflikt mit hohen Grundwasserständen und gewährleistet Retention, Reinigung und Ableitung in einem Schritt.

„Ein entscheidender Vorteil liegt in der Sedimentationsbox, die eine komfortable Reinigungsmöglichkeit bietet. Ab einer Füllhöhe von 57 mm nimmt der Betreiber sie heraus, spült sie aus und setzt sie wieder ein, was sich technisch sehr einfach umsetzen lässt. Das Entfernen der Sedimente kann händisch oder mit technischen Hilfsmitteln durchgeführt und der Inhalt im Restmüll entsorgt werden. Die Box lässt sich leicht einsehen, wobei eine jährliche Sichtkontrolle genügt“, beschreibt Arthur Zimmermann die Reinigungsarbeiten.

In Summe sorgen nun diese Teilversickerungsanlagen in vier Straßenabschnitten mit einer angeschlossenen, befestigen Fläche von insgesamt rund 1.800 m2 dafür, dass Reifenabrieb, Rückstände aus Verbrennungsprozessen und Auswaschung in Lichtenau nicht ins Grundwasser gelangen. Die Weichen für ein umweltbewusstes Regenwassermanagement hat die Gemeinde Weichering damit für Lichtenau gestellt – „Bircopur“ mit DIBt-Zulassung leistet einen effizienten und nachhaltigen Beitrag zum Schutz des Grundwassers.

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