Fachkräfte & Qualifizierung

Wie erfolgreiche Chefs Mitarbeiter finden

Fachkraft für Sanitär, Heizung und Klima gesucht. Jeder zweite Betrieb sucht nach ZVSHK-Auskunft Mitarbeiter. Zwar steigt die Anzahl der Beschäftigten seit zehn Jahren kontinuierlich auf inzwischen knapp 370.000. Angesichts der Kundenwünsche, Energie einzusparen und effizienter zu nutzen, ist das aber viel zu wenig. Schlimmer noch: Die Anzahl der Azubis sank in den vergangenen 20 Jahren von 63.000 auf nunmehr 34.801. Doch wie findet man geeignete Bewerber?

Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern und Azubis ist Chefsache. Vor Jahren lief das leichter. Mehr denn je, müssen sie Zeit und Geld investieren, strategisch vorausdenken und Ideen entwickeln. Die Umsetzung kann in anderer Hand liegen. Wenn Betriebe sich in Schulen oder auf Ausbildungsmessen präsentieren, sind dann eventuell Lehrlinge im zweiten Ausbildungsjahr im Gespräch mit gleichaltrigen Bewerbern überzeugender als der Chef.  

Nutzen & Risiken bei Praktika

Wenn Sie Praktika anbieten, kümmern Sie sich intensiv um die potentiellen Azubis. Überlegen Sie sich, wie Sie sie beschäftigen können – und wenn es nur sechs Stunden täglich sind und Sie sie dann wieder nach Hause schicken. Nicht nur, dass die jungen Menschen etwas zu tun haben, sie bekommen auch Ihre Wertschätzung. Das ist oft ausschlaggebend.

Es gibt einige Handwerker, die sich darüber hinaus Gedanken machen und mit jungen Menschen erfolgreich in Kontakt kommen, wie die folgenden Beispiele zeigen.

kostenlose Nachhilfe

Der Dachdecker Lars Thullesen aus Schleswig hat einen Lehrer Teilzeit eingestellt, der Schülern der 7. bis 9. Klasse kostenlosen Nachhilfeunterricht gibt (www.thullesen.de/grundstein/). So lernt er jüngere Menschen kennen und kann sich von deren Charakter und Engagement überzeugen. Und natürlich stellt er den Schülern sich und seinen Betrieb vor: Durch dieses Engagement gewinnt er Jugendliche für seinen Betrieb. Und die danken es ihm: Mehrere Landessieger, Bundessieger und einen Vize-Weltmeister hat der Betrieb bereits ausgebildet.

Eine Chance für Quereinsteiger

Viele junge Menschen quälen sich durch das Abitur und ergreifen später einen Bürojob. Malzers Backstube macht sich deren Unzufriedenheit zunutze und bietet Quereinsteigern offensiv einen einfachen Branchenwechsel an. Mit Erfolg: In der Produktion haben fast 40 % der Belegschaft ursprünglichen einen anderen Beruf gelernt. Im Verkauf ist es ein Drittel. Und: Der Ruhrpott-Bäcker profitiert von der anderen beruflichen Sichtweise.

Innungsprüfungen abnehmen

Der Schreinermeister Marcus Brenner ­engagiert sich in der Innung und nimmt den ausgelernten Lehrlingen die Prüfung ab. Oft lernt der Master of Arts interessante Gesellen kennen, die gut zu seinem Betrieb, der auf Innenausbau spezialisiert ist, passen. Umgekehrt ist der Möbeldesigner ein interessanter Chef für die Gesellen. Das Problem, Azubis oder Mitarbeiter zu finden, kennt der Schwabe deshalb nicht.

Facebook-Gruppen nutzen

Walter Stuber setzt auf Facebook-Gruppen für Gerüstbauer: Der Chef des Spezialgerüstbauers Gemeinhardt postet gezielt Stellenanzeigen, präsentiert seine aktuellen Projekte und wirbt für „Sicherheit in Perfektion“, so der Firmen-Claim (www.spezialgeruestbau.de). Ein Düsseldorfer und ein Münchener Gerüstbauer sind so auf ihn aufmerksam geworden und aufs Land kurz vor Dresden gezogen. Einerseits reizen die beiden die besonderen Herausforderungen des Sondergerüstbauers, andererseits können die jungen Männer kaum günstigeren Wohnraum finden.

Eigene Mitarbeiter pflegen

Jörg Knoblauch, Unternehmensberater und ehemaliger Inhaber eines metallverarbeitenden Betriebes, hat ein siebenstufiges Konzept entwickelt, wie die Angestellten zunehmend mehr Verantwortung erhalten – vom Mit-Wissen über das Mit-Lernen und Mit-Besitzen bis zu „Mit Werten unterwegs“. Es beinhaltet 33 einzelne Schritte, deshalb wird das Konzept „33 Rosen“ (http://bit.ly/2gXBzBN) genannt. „Es kostet viel Zeit und Geld, um neue Mitarbeiter zu gewinnen, die ins Team passen, sich im Betrieb integrieren und ihre Leistung bringen“, so der Personal-Experte und vielfacher Buchautor. Umso wichtiger ist es, die eigenen Mitarbeiter zu pflegen und sie zu Botschaftern zu machen.

eigene Mitarbeiter nutzen

Wer kann die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse im Betrieb besser beurteilen, als die eigenen Mitarbeiter. Davon lebt etwa die Plattform kununu, auf der Mitarbeiter ihr Unternehmen bewerten. Tatsächlich sind das Ihre überzeugendsten Botschafter, wenn Sie wirklich ein guter Arbeitgeber sind. Das IT-Unternehmen Easysoft hat in den vergangenen beiden Jahren 60 % ihrer knapp 30 neuen Mitarbeiter über Mitarbeiterempfehlungen gewonnen. Wenn Stellenausschreibungen an Online-Portale und Zeitungen geschickt werden, erhalten vorab die Mitarbeiter dieselbe Information. Ein Vorteil für das Unternehmen: Freunde teilen in aller Regel die gleichen Werte und passen höchstwahrscheinlich gut zum Unternehmen. Übrigens: Geschäftsführer Andreas Nau zahlt keinen „Finderlohn“. Den Mitarbeitern reicht, dass sie die Arbeitsatmosphäre mit Bekannten teilen.

„anderen“ eine Chance Geben

Ein Dachdecker im Schwäbischen gab einem Gesellen, der eine Gefängnisstrafe abgesessen hatte, eine Chance. Ein Aluminium-Schmied aus der Gegend von Dresden stellte eine Schwerbehinderte ein und organisierte einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen entsprechenden Stuhl. Beide Mitarbeiter waren begeistert, dass sie eine Chance bekamen und haben das Vertrauen ihres Chefs in den vergangenen Jahren mit guten Leistungen mehr als zurückgegeben.

das Wissen Ihrer Mitarbeiter Nutzen

Der Malermeister Günther Münzenmaier traf sich an einem Freitagnachmittag pro Monat mit allen Mitarbeitern. Zielsetzung: Wie können wir im Arbeitsalltag besser zusammenarbeiten und was ist realisierbar. Schon diese Besprechung mit einem externen Moderator drückte Wertschätzung aus: Seine zehn Mitarbeiter sind ihm wichtiger als zwei, drei Aufträge, die sonst in dieser Zeit erledigt werden könnten. Und es geht einen Schritt weiter: Der Chef will von seinen Mitarbeitern wissen, wie sie ihren Job besser und stressfreier erledigen können. Dadurch beteiligt er sie. Und es gilt als Binsenweisheit, dass Menschen ihre Arbeit als weniger belastend und stressig erleben, wenn sie sie mitgestalten können.

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