Gebäude- und Grundstücksentwässerung

Welche Aushärtemethode im Sanierungsfall?

Der Markt für die Sanierung der Gebäude- und Grundstücksentwässerung entwickelt sich derzeit dynamisch. Insbesondere durch die Komplexität der Baustellen sind die Anforderungen an die Kanalsanierungsunternehmen enorm. Häufig liegen Leitungsnetze mit vielen Bögen, Dimensionssprüngen und zahlreichen Zuläufen vor. In der Regel ist der genaue Leitungsverlauf vor der Maßnahme nicht bekannt, so dass Kanalsanierungsunternehmen mit einem hohen Maß an Flexibilität agieren müssen.

Für die Sanierung der Gebäude- und Grundstücksentwässerung stehen vier verschiedene Aushärtemethoden zur Verfügung: Licht, Dampf, Warmwasser und Aushärtung durch Umgebungstemperatur. Doch welche Vorteile bringen die einzelnen Methoden mit sich? Welche Nachteile ergeben sich, die beachtet werden müssen? Für Kanalsanierungsunternehmen, Planer und Auftraggeber stellt sich die Frage, welches System mit welcher Aushärtung in welchem Anwendungsfall idealerweise zu verwenden ist.

Grundsätzliche Unterschiede

Mit lichthärtenden, styrolfreien Vinylesterharzen sind deutlich schnellere Aushärtezeiten als bei temperaturhärtenden Epoxidharzen möglich. Allerdings lassen sich mit styrolfreien VE-Harzen Hinterläufigkeiten nicht sicher vermeiden. Epoxidharze hingegen haben sich in über 20 Jahren hinsichtlich der Vermeidung von Hinterläufigkeit bewährt:

„Die festgestellten hinterwanderungsfreien Anbindungen [Anmerkung: Schlauchliner mit Epoxidharz] bzw. Ringspaltbildungen [Anmerkung: Schlauchliner mit Vinylesterharz] bei der Aushärtung der Schlauchliner werden primär auf die unterschiedlichen Reaktionscharakteristiken der verwendeten Harze zurückgeführt. Vinylestherharze neigen zu einem Reaktionsschrumpf von bis zu ca. 7 %, der primär während der Härtungsphase auftritt. Epoxidharze, die als schrumpfarm gelten, weisen einen Schrumpf von typischerweise < 1 % auf, der noch in der Flüssigphase bei beginnender Härtung eintritt.“

(Sachverständigenbericht: Begleitung von Musterbaustellen – Prüfung auf Hinterwanderungsfreiheit an unterschiedlichen Hausanschlusslinersystemen, Bericht-Nr. 19-210-02264-SB, S. 10.)

Der „Brawoliner“ konnte bereits im Jahre 2006 bestätigen, dass Hinterläufigkeiten bei dem Einbau mit Epoxidharz grundsätzlich vermieden werden (s. Ref. CP308/1/2, Cured-in-place Pipe Leaktightness Test, WRc, Dezember 2006). Bei allen gängigen lichthärtenden Systemen führen die Schrumpfungsprozesse dazu, dass Hinterläufigkeiten nicht sicher vermieden werden können. So können z.B. Abwasser, Grundwasser und Wurzeln zwischen Liner-Außenseite und Altrohrinnenseite eindringen.

Lichtaushärtung

Der Einsatz von lichthärtenden Harzen auf Baustellen der Gebäude- und Grundstücksentwässerung bietet sich insbesondere da an, wo wenig oder keine Zuläufe und Abzweige an den Anschlusskanälen vorliegen. Weiterhin ist die gute Zugänglichkeit im Bereich des Startpunktes und idealerweise auch des Zielpunktes (z. B. Schacht, Revisionsöffnung) von Vorteil, um nach Abschluss des Schrumpfungsprozesses den Anschlussbereich gegen Hinterläufigkeiten mit z.B. Manschetten oder Epoxidharzspachteln schützen zu können.

Es besteht eine nahezu unbegrenzte Verarbeitungszeit, was zu einer hohen Einbausicherheit führt, da die eingesetzten Vinylesterharze erst bei der Exposition mit UV- bzw. LED-Licht aushärten. Empfehlenswert ist allerdings der Einsatz eines Preliners. Hierdurch wird verhindert, dass über Schadstellen in den Boden gelangtes Harz unausgehärtet in das Grundwasser gelangt.

Die Rückzugsgeschwindigkeiten der Lichtquellen betragen in der Regel 0,5 – 1 Meter pro Minute. Eine 30 m Leitung kann damit in 30 bis 60 Minuten ausgehärtet werden.

Einsatzbereiche für lichthärtende Hausanschlussliner sind insbesondere:

Straßenabläufe und Anschlusskanäle (ohne Zuläufe)

Sanierungen mit beschränktem Zeitfenster

Anschlusskanäle und Verbindungskanäle auf Liegenschaften (ohne Zuläufe)

Warmwasserhärtung

Die Warmwasserhärtung ist die bewährteste Aushärtemethode. Sie eignet sich besonders für erdverlegte Grund- und Anschlussleitungen mit einem Höhenunterschied von bis zu vier Metern. Durch den Einsatz eines Epoxidharzes entsteht grundsätzlich eine wasserdichte Anbindung mit dem Altrohr (s. Sachverständigenbericht: Begleitung von Musterbaustellen – Prüfung auf Hinterwanderungsfreiheit an unterschiedlichen Hausanschlusslinersystemen, Bericht-Nr. 19-210-02264-SB, S. 10).

Die Methode der Warmwasserhärtung ist flexibel einsetzbar. Komplizierte Leitungsverläufe mit vielen Bögen, lange Haltungen, mehrere Dimensionssprünge sowie extreme Leitungsgeometrien, Anschlüsse und Abzweige sind problemlos sanierbar. Bei der Aushärtung entsteht eine gleichmäßige Wärmeverteilung im Liner, da der Wärmeträger überall verfügbar ist – Wasser findet seinen Weg. Die Aushärtezeit beträgt in der Regel zwei bis vier Stunden bei Haltungslängen von bis zu 50 m.

Die Warmwasseraushärtung ist nicht für größere Höhenunterschiede oder Vertikalleitungen geeignet. Abhängig von Länge und Dimension des Liners kann es zu längeren Füllzeiten kommen.

Einsatzbereiche für warmwasserhärtende Hausanschlussliner sind insbesondere:

Komplizierte Grundstücksentwässerungsnetze

Lange Kanäle und Leitungen mit zahlreichen Zuläufen und Abzweigen

Kanäle und Leitungen mit mehreren
Dimensionssprüngen, extremen Leitungsgeometrien und vielen Bögen

Dampfaushärtung und
Aushärtung bei Umgebungstemperatur

Die Dampfaushärtung und die Aushärtung bei Umgebungstemperatur eignen sich vor allem für Leitungen mit großem Gefälleunterschied wie Fallleitungen und im Inhouse-Bereich, aber auch erdverlegte Leitungen können mit diesen Methoden saniert werden. Durch den Einsatz eines Epoxidharzes entsteht grundsätzlich eine hinterwanderungsfreie Anbindung mit dem Altrohr (s. Leddig-Bahls, Susanne 2019. Sanierung von Rohrleitungen innerhalb von Gebäuden. 3R 04-05 2019).

Beide Aushärtemethoden sind äußerst flexibel einsetzbar: Selbst viele Bögen, lange Haltungen sowie extreme Leitungsgeometrien stellen bei der Sanierung kein Problem dar. Abzweige, Anschlüsse und mehrere Dimensionssprünge können ebenso saniert werden.

Die Aushärtezeit im Rahmen der Dampfaushärtung beträgt in der Regel ein bis drei Stunden bei Haltungslängen bis zu 50 m und es entsteht eine nur kurze Füllzeit des Liners. Um Verzögerungen der Aushärtung durch Kondenswasser zu vermeiden, muss dessen sichere Ableitung gewährleistet sein.

Bei der Aushärtung mit Umgebungstemperatur ist kein zusätzliches Equipment für die Aushärtung notwendig. Dadurch entstehen geringere Investitions- und Anschaffungskosten. Außerdem entsteht kein zusätzlicher Aufwand auf der Baustelle für eine Aushärtebeschleunigung. Allerdings kann es ggf. zu langen Aushärtezeiten kommen, da diese abhängig von der Umgebungstemperatur sind.

Einsatzbereiche für dampfhärtende und bei Umgebungstemperatur aushärtende Hausanschlussliner sind insbesondere:

Inhouse-Sanierungen

Leitungen mit großem Gefälleunterschied (z.B. Fallleitungen)

Kanäle und Leitungen mit mehreren
Dimensionssprüngen, extremen Leitungsgeometrien und vielen Bögen

Fazit

Die Anforderungen und Herausforderungen auf Baustellen der Gebäude- und Grundstücksentwässerung sind für Kanalsanierer enorm: Häufig liegen Leitungsnetze mit komplizierten Leitungsverläufen, vielen Bögen und Dimensionssprüngen vor. Oftmals ist der genaue Leitungsverlauf vor der Maßnahme nicht bekannt, so dass vor Ort ein hohes Maß an Flexibilität gefordert ist. Dabei müssen Kanalsanierungsunternehmen flexibel und schnell reagieren können, ohne Bauzeit zu verlieren.

Mit einem Schlauchliner für alle Aushärtemethoden (Umgebungstemperatur, Wasser, Dampf und Licht) ist diese Flexibilität gegeben, da auf jede Gegebenheit und Anforderung individuell eingegangen werden kann. Es ist wichtig hervorzuheben, dass die Wahl der Einbautechnik bzw. Aushärtemethode vom Aufbau und Zustand des Kanals, der Leitung und des Leitungsnetzes und den Randbedingungen vor Ort abhängig ist. Die Anforderungen der Baustelle bestimmen die Einbautechnik – nicht umgekehrt. Hier sind besonders planende Ingenieurbüros und ausschreibende Stellen gefragt, die entsprechend beste Einbautechnik einzufordern, um optimale Ergebnisse für ihren Auftraggeber zu erzielen.

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