Trinkwasserhygiene (Teil 6)

Kontaminierte Komponenten

Legionellenrisiken in der Praxis

Frage: Können auch von außen Legionellen in ein an sich einwandfreies Hausinstallationssystem eingebracht werden?

Die Frage ist ganz einfach mit einem „Ja“ zu beantworten. Zwei Beispiele verdeutlichen die Risiken in der Praxis. Ein Waschraum wird saniert. Vor der Sanierung wird eine Kontrolle des Leitungssystems durchgeführt, die keinen Legionellenbefund ergibt. Auch unmittelbar nach der Sanierung ist noch alles in Ordnung. Einige Wochen später kommt es zu Kontaminationsfällen, die auch durch Spülungen oder thermische Behandlungen nur vorübergehend zu reduzieren sind. Kurze Zeit später, nachdem scheinbar erfolgreiche Maßnahmen der Legionellenbekämpfung durchgeführt worden sind, steigen die Kontaminationswerte in stark gesundheitsgefährdende Bereiche.

Oder: Eine Duschanlage wird komplett neu in Betrieb genommen. Es handelt sich um den Neubau einer Sporthalle, die mit jeweils zehn neuen Duschen innerhalb der Duschbereiche ausgestattet worden ist. Alles ist neu, einschließlich der Entnahmestellen. Dennoch kommt es Wochen später zu ersten Kontaminationen, die sich ebenfalls durch eingeleitete Maßnahmen nur kurzzeitig und nur bedingt reduzieren lassen.

 

Eingebrachte Kontaminationsrisiken

In beiden Fällen haben routinemäßige Prüfungen nach Einbau der Elemente keinerlei Kontaminationsprobleme im Hausleitungssystem ergeben. Dennoch wurde nach einiger Betriebsdauer bei einer betriebsinternen Kontrolle festgestellt, dass das Wasser aus den Leitungen legionellenkontaminiert ist. Auch die in Folge eingeleitete Untersuchung des Leitungsnetzes durch das jeweilige örtliche Gesundheitsamt konnte ein hohes Legionellenaufkommen in beiden Fällen nur bestätigen. In beiden Praxisbeispielen erfolgten daraufhin umfassende Überprüfungen der gesamten Leitungsnetze auf etwaige Stag­nationsprobleme oder Totstränge. Kein Befund. Auch etwaige Isolierungsmängel konnten ausgeschlossen werden. Einschwemmungen von außen ergaben sich ebenfalls nicht. Rohrkrümmungen als eventuelle Störungen des Wasserflusses und damit Potentiale verstärkter Biofilmbildungen wurden eingehend untersucht – ebenfalls ohne Befunde.

In beiden Fällen rückten die neu installierten Armaturen ins Visier der Kontrollen. Ergebnis: einzelne neue Armaturen bzw. Duschelemente zeigten eindeutige Kontaminationsherde in den Armaturenkörpern auf. Zwei unterschiedliche Gründe wurden festgestellt:

Konstruktionsbedingt gab es bei den Duschelementen einen Bereich (Totraum), der selbst durch die nach festgestellter Kontamination durchgeführten Spülungen nicht komplett erreicht wurde. Bei den Waschtischarmaturen war der Kontaminationsgrund nicht offensichtlich. In beiden Fällen musste man allerdings davon ausgehen, dass die Komponenten bereits kontaminiert eingebaut worden sind.

Nach Austausch der betroffenen Armaturen und Duschelemente sowie nach abschließenden Maßnahmen der Spülungen und thermischen Behandlung des gesamten Rohrleitungsnetzes einschließlich der Armaturenkörper ergaben nachfolgende Beprobungen keine Legionellenkontaminationen mehr. Auch weitere Kontrollen, zunächst wöchentlich, abschließend nochmals nach einem halben Jahr, bestätigten, dass die Hausinstallation frei von Legionellen war.

Der Verdacht, dass Komponenten bereits beim Einbau kontaminiert waren, konnte sich damit bestätigen.

Denkbare Legionellen-Risiken in der Sanitär-Praxis:

Das Problem, dass bereits vor Einbau Komponenten, Einbauteile und Armaturen kontaminiert sind, ist Experten der Trinkwasserhygiene nicht unbekannt.

Wo liegen die Risiken?

Ab Werk

Bei Armaturen und Armaturenteilen wird im Werk Funktionsfähigkeit und Dichtigkeit überprüft. Einige Hersteller führen diese Prüfungen immer noch mit sogenanntem Prüfwasser durch. Es gibt bislang jedoch keine gesetzliche Norm, die vorschreibt, dass die Wasserqualität des Prüfwassers auf Legionellenfreiheit überprüft werden muss. Kommt es bei der Werksprüfung zum Einsatz von kontaminiertem Wasser, sind durchaus Risiken einer Kontamination des gesamten Rohrleitungsnetzes nicht auszuschließen.

Diese Risiken könnte man vermeiden, indem man grundsätzlich das zur Verwendung kommende Prüfwasser im Vorfeld auf bakteriologisch einwandfreie Qualität, auch hinsichtlich Legionellen, kontrollierte.

 

Risiken der Lagerung

Armaturen, Bauteile und Komponenten werden oft längere Zeit gelagert. Wassergeprüfte Elemente können also noch nass sein. Aber auch Schwitzwasser kann ohne weiteres für Herde von Bakterien sorgen. Eine letztendliche Prüfung vor Auslieferung könnte sicherstellen, dass es zu keiner Kontamination innerhalb der Armaturen und Komponenten gekommen ist. Wenn eine derartige Kontrolle vor Auslieferung immer durchgeführt würde.

 

Risiken auf dem Weg

Ist der Lieferweg immer bekannt? Was geschieht mit Teilen, die auf dem Weg „von der Palette fallen“? Wie legionellensicher ist der Lieferweg? Verpackungen können zerstört werden, Schmutz und Feuchtigkeit können in geöffnete Verpackungen eindringen. Werden zerstörte Verpackungen angeliefert? Teile daraufhin kontrolliert, ob sie beschädigt sind? Auch mit einem trockenen Abwischen ist es nicht getan. Jegliche Beschädigung der Verpackung kann ein bakterielles Risiko bedeuten. Solche Ware sollte man immer zurückgeben und auf keinen Fall einbauen.

 

Risiken am Bau-/Sanierungsobjekt

Armaturen, Komponenten und Einbauteile kommen an so manchem Objekt längere Zeit nicht zum Einsatz. Wenn kein Fachinstallateur oder Planer mit der Abstimmung und Produktorder betraut ist, werden Einbauteile oder auch Armaturen gern nach Schätzwert bestellt. Oft werden dabei sogar Verpackungen geöffnet oder etwaige Schutzetiketten gelöst, ohne dass diese Teile zum Einsatz kommen. Nicht immer ist die Lagerung derartiger Produkte optimal – Schmutz, Feuchtigkeit, etc. können für Kontaminationsrisiken sorgen. Grundsätzlich sollten Armaturen nur für den unmittelbaren Einbau bestellt werden. Installations-, Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen gehören von der Planung und Bestellung an in die Hände von Planern und Fachinstallateuren.

 

Risiken geöffneter Verpackungen

Geöffnete Sicherheitsverpackungen sollten immer ein Warnsignal sein. Werden geöffnete Verpackungen, bzw. Armaturen, Komponenten, Einbauteile mit beschädigtem Siegel zurückgegeben, sollten die­se nicht ohne vorherige bakterielle Überprüfung (auf Legionellen, aber auch Pseudomonaden) in den weiteren Verkauf gehen. Nur so lässt sich vermeiden, dass eventuell „unterwegs“ kontaminierte Teile unkontrolliert in den Verkaufsweg geraten. Offenlagernde oder beschädigte Verpackungen machen eine bakterielle Prüfung vor Einbau notwendig.

 

Hilfestellung durch Schutzetiketten

Noch sind sie eher die Ausnahme: Schutzetiketten auf der Warenverpackung, die die Unversehrtheit oder Prüfung auf Legio­nellenfreiheit dokumentieren.

Der Installateur erhielte durch ein solches Siegel allerdings eine hilfreiche Information, dass die neuen Armaturen, Komponenten oder Einbauteile bereits bakteriell überprüft worden sind. Sind Verpackungen geöffnet oder ist das Siegel beschädigt, ist dies eine Warnung, die Produkte vor Einbau zunächst bakteriell prüfen zu lassen. Gehören Schutz­etiketten zum allgemeinen Standard auf der Verpackung, erhält das Fachhandwerk mehr Sicherheit.

Es kostet Zeit und meistens Geld und Nerven, die Ursachen einer Kontamination durch Einbauteile, Komponenten und Armaturen zu ermitteln. Bei jedem Eingriff in die Hausinstallation sollten mögliche Risikofaktoren ernst genommen werden. Grundsätzlich können natürlich in Einzelfällen Bakterien auch durch die Wasserversorgung von außen eingeschwemmt werden. Es ist daher immer ratsam, bereits vor Einbau und Installation sicher zu stellen, dass das Rohrleitungssystem legionellenfrei ist. Sollten nach Einbau und Installation übliche Maßnahmen der regelmäßigen Hygienespülungen oder der thermischen Behandlung beim Auftreten von Legionellen nicht zum gewünschten Erfolg führen, können dafür auch neue, kontaminierte Einbauteile verantwortlich sein. Auch nach Montagen, Installationen und Einbauten von neuen Komponenten sollten immer Prüfungen des gesamten Leitungsnetzes einschließlich der Armaturen durchgeführt werden. Weitere Informationen auf www.kuhfuss-sanitaer.de.


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