Regenerative Investition durch Erdwärme

Mehrfamilienhaus versorgt sich selbst

Die Nutzung regenerativer Energien, in diesem Fall der Erdwärme, erfreut sich allgemeiner Zustimmung und Beliebtheit. Doch sie ist auch mit Kosten verbunden; mit hohen Kosten, wie manche glauben. Der Bau und Betrieb eines Mehrfamilienhauses in Bischofswerda mit moderner Haustechnik zeigt eindrucksvoll, dass es gerade auch wirtschaftlich sinnvoll ist, oberflächennahe Erdwärme zu nutzen.

Immer wieder stehen sich in den verschiedensten Bereichen Ökologie und Ökonomie vermeintlich unversöhnlich gegenüber. Ganz sicher ist, dass die Ökologie im SHK-Bereich stark an Bedeutung zugenommen hat. Wir haben verstanden, dass die Verfeuerung fossiler Brennstoffe, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine sinnvolle Option mehr darstellt. Eine weitere Belastung des Klimas ist nicht länger zu verantworten, gerade dort, wo es praktikable Alternativen gibt. Und wir sollten nicht warten, bis „die Energiewende“ von oben angeordnet wird. Das wäre auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht für die meisten Unternehmen kein kluger Schachzug, denn wer ein „weiter so“ betreibt, bis ihn die Fakten in eine andere Richtung zwingen, der wird der Entwicklung hinterherlaufen, statt sie zu gestalten. Die rechtzeitige planerische und betriebliche Umstellung kann einen Wissensvorsprung generieren, welcher sich bald in Aufträgen und Umsätzen niederschlagen wird. Hinzu kommt das gute Gefühl, mit zeitgemäßer Technik zu arbeiten und dieser Erde etwas Gutes zu tun.

Ausgaben und Investitionen

Ein Aspekt, der sich immer wieder bremsend auf die flächendeckende Einführung neuer Technologien auswirkt, sind die Kosten. Wer die Kosten einer Heizungsanlage, die mit (fossilen) Brennstoffen arbeitet, mit denen einer Anlage, welche regenerative Energien nutzt, vergleicht, muss einen Blick auf die Betriebskosten werfen. Während die erste Anlage lebenslang von dem entsprechenden Brennmaterial abhängig ist, welches ungeachtet schwankender Verfügbarkeiten und Preise zugekauft werden muss, erreicht die zweite Anlage annähernd eine Autarkie: Erdwärmekollektoren entziehen der Umwelt die gewünschte Energie, welche eine Sole-Wärmepumpe auf die notwendige Vorlauftemperatur anhebt und in den Heizkreislauf der Flächenheizung einspeist. Der Strom, welcher zum Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird, stammt aus der eigenen Photo­voltaikanlage. Einkauf und Lagerung von Brennstoffen fallen hier komplett weg, und zwar über den gesamten Nutzungszeitraum. Die an dieser Stelle eingesparten Kosten sind den Mehrkosten bei der Anschaffung und Installation der Anlage gegenüberzustellen; die Zusatzkosten haben also investiven Charakter und die Anlage arbeitet stetig auf den Tag hin, an welchem sie sich amortisiert haben wird. Bis zu diesem Datum hat sie äußerst ökologisch gearbeitet, ab dann macht sie sich außerdem auch noch ökonomisch bezahlt.

Nachhaltigkeit rechnet sich

Ein privater Investor im sächsischen Bischofswerda tut sich schwer, eine geeignete Immobilie zu finden und beschließt deshalb, selbst zu bauen. Die so erlangte planerische Freiheit möchte er nutzen, um einige Ideen umzusetzen, die er für sinnvoll hält. So steht von Anfang an fest, dass das Mehrfamilienhaus energetisch optimiert und nachhaltig betrieben werden soll. Dieser Wunsch ergibt sich aus dem eigenen ökologischen Anspruch und (noch) nicht aus ökonomischen Erwägungen. Außerdem möchte der Bauherr seinen zukünftigen Mietern das Abrechnungskonzept einer Warmmiete anbieten. Er teilt nämlich mit vielen anderen Mietern die eigene Erfahrung, dass eine Aufteilung in Kaltmiete und Heizungskosten nicht sinnvoll ist und den Vergleich verschiedener Wohnungen unnötig erschwert. Hinzu kommt, dass ein Mieter sein zur Verfügung stehendes Geld selbstverständlich lieber anteilig in höherem Maße in die Miete (bessere Lage und Ausstattung) als in eine veraltete Bausubstanz bzw. Heizungsanlage steckt. Außerdem erlangt der Mieter Planungssicherheit, denn die vereinbarte Warmmiete ist verbindlich, unerwartete Nachzahlungen sind nicht zu befürchten, auch nach strengen Wintern nicht. Die Heizkostenverordnung unterstützt diesen unbürokratischen Ansatz; sie verlangt beim Einsatz einer Wärmepumpe in Verbindung mit einer PV-Anlage keine detaillierte Abrechnung. Die einzigen variablen, verbrauchsabhängigen Kosten betreffen den Strom, der über eigene Zähler erfasst wird.

Die höheren Anschaffungs- und Erstellungskosten der modernen Haustechnik schrecken den Bauherren zu keinem Zeitpunkt, denn seine auf der Grundlage der Daten der Fachplaner vorgenommenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen ergeben, dass sich die Anlage, sofern sie planmäßig funktioniert, bereits nach sieben bis acht Jahren amortisiert haben wird. Inzwischen hat sich in der Praxis erwiesen, dass die technischen Berechnungen und Kostenschätzungen „auf den Cent“ gestimmt haben, die Anlage tadellos funktioniert und die Mieter sowohl mit dem Komfort ihrer Strahlungsheizung als auch mit ihrer fairen Warmmiete äußerst zufrieden sind.

Gebäude und Haustechnik

Bei dem von der Firma Wagner Bauservice GmbH errichteten Gebäude handelt es sich um ein barrierefreies (Fahrstuhl über alle 4 Ebenen) Massivhaus mit zwei Volletagen, Keller- und Dachgeschoss. Die 25 cm Beton-Bodenplatte ruht auf einer 12 cm XPS-Dämmung der WLG 039. Die tragenden Kellerwände bestehen aus Filigran-Doppelfertigteilwänden mit einer 12 cm Perimeterdämmung. Die 36 cm dicken Außenwände wurden mittels Porenbetonplansteinen (WLG 035) errichtet und mit einem Kalkzementleichtputz versehen. Die Innenwände werden durch KS-Steine (24 cm) und Porenbetonsteine (11,5 cm) gebildet. Der Dachstuhl wurde mit einer 16 cm dicken mineralischen Zwischensparrendämmung (WLG 035) versehen und die KS-Fenster weisen im Referenzmaß einen Uw-Wert von 0,86 W/m²K auf. Energetisch betrachtet handelt es sich bei dem Gebäude mit sieben Wohneinheiten um ein KfW 70-Haus.

Der Angelpunkt der regenerativen Wärmeversorgung sind die oberflächennah verlegten Geocollect-Erdwärmeabsorber (www.geocollect.de). Zehn der Absorberelemente werden jeweils zu einem Strang zusammengefasst, der dann in 150 cm Tiefe verlegt wird. Ein solcher Strang erreicht eine Entzugsleistung von ca. 1 kW. Für die Wärmeversorgung des Gebäudes in Bischofswerda arbeiten 18 Stränge mit einer Gesamtentzugsleistung von 18 kW im Erdreich. Die Absorber liefern die entzogene Wärme bei einer Nibe Sole-Wärmepumpe 4 – 16 kW ab, welche diese auf die gewünschte Vorlauftemperatur von 26 °C anhebt. Durch das effiziente Zusammenspiel von leistungsfähigem Erdwärmekollektor und geringer Vorlauftemperatur kann die Wärmepumpe JAZ-Werte (Jahresarbeitszahl) von 4 – 5 erreichen; aus 1 kW elektrischer Energie werden also bis zu 5 kW Heizenergie. Damit die geringen Vorlauftemperaturen ihre Wirkung entfalten können, wurden im ganzen Gebäude Flächentemperierungssysteme von EWKtec als Fußbodenheizung installiert. Deren abgegebene Strahlungswärme reicht voll aus, die Räume komfortabel und ohne Konvektion zu beheizen. Außerdem kann das System im Sommer zur passiven Kühlung eingesetzt werden. Zudem erlaubt die angepasste Hydraulik in Verbindung mit der eingesetzten Steuerung individuelle Anpassungen an die Bedürfnisse jeder Wohnung. Ein 1000 l Warmwasserspeicher unterstüzt diese Auslegung, der integrierte Heizstab dient als redundanter Wärmeerzeuger der Sicherheit. Die dezentrale Warmwasserversorgung ist über leistungsfähige Durchlauferhitzer (18 – 24 kW) organisiert. Den Strom, auch für den Betrieb der Wärmepumpe, liefert eine auf dem Dach montierte PV-Anlage, bestehend aus 38 Modulen mit 9,8 kWp Leistung; diesen Strom kaufen die Mieter im Rahmen eines Contractings beim Eigentümer. Überschüsse können in einer 4 kW Solarbatterie gespeichert werden oder in Form von thermischer Energie dem WW-Puffer zugeführt werden.

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