Abnahmesicherheit schaffen

Durchführungen durch Decken und Trennwände mit Feuerwiderstandsklasse

In Brandschutzkonzepten für Gebäude spielt die Bildung brandschutztechnischer Einheiten durch die Anordnung von Trennwänden und Decken mit einer definierten Feuerwiderstandsklasse eine zentrale Rolle. Besonders bei Gebäuden mit vielen Leitungen, die teilweise einen Materialwechsel erfordern, werden hohe Anforderungen an eine zulassungskonforme Leitungsdurchführung gestellt. Um bauliche und genehmigungsrechtliche Probleme zu vermeiden, müssen diese bereits in der Entwurfsphase berücksichtigt werden.

Vor knapp dreißig Jahren, am 11. April 1996, führte der Großbrand am Düsseldorfer Flughafen zu einer Zeitenwende im baulichen Brandschutz. Seitdem besteht entsprechend der Muster-Bauordnung (MBO) bzw. den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) die Verpflichtung zur Erstellung und behördlichen Prüfung von Brandschutzkonzepten für Sonderbauten. Denn das Schadensereignis offenbarte gravierende Mängel: Besonders die Lüftungs- und Klimaanlage trugen aufgrund fehlender Abschottungen maßgeblich zur raschen Ausbreitung von Feuer und Rauch bei. Dies führte unter anderem zu einer hohen Zahl an Todesopfern und Schwerverletzten.

In der Folge rückte das Risikopotential von Rohr- und Leitungsdurchführungen durch Bauteile mit definierter Feuerwiderstandsfähigkeit deutlich stärker in den Fokus brandschutztechnischer Betrachtungen. War bis dato noch die 1988 veröffentlichte Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (MRbAaLei) das Maß der Dinge, stehen heute mit der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie – M-LüAR) und der mehrfach fortgeschriebenen Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie – MLAR) umfassende Regelwerke zur Verfügung, aus denen sich dezidierte Handlungsanweisungen für die zuvor benannten Leitungsdurchführungen ableiten lassen. Welche Feuerwiderstandsfähigkeit Wände und Decken (üblicherweise F30 bis F90 bzw. (R)EI30 bis (R)EI90, siehe QR-Code) aufweisen müssen, ist dabei im Brandschutzkonzept bzw. Brandschutznachweis auf Basis der Nutzung und der gesetzlichen Anforderung (Musterbauordnung – MBO, Sonderbauverordnung – SBauVO) oder der anzuwendenden Richtlinie definiert.

Angesichts der erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit, die von Schadensfeuern ausgehen, sind gemäß § 3 Allgemeine Anforderungen der MBO 2024 grundsätzlich alle am Bau beteiligten Gewerke verpflichtet, für den vorbeugenden Brandschutz Verantwortung zu übernehmen.

Stichwort: „bauliche Anlagen sind so anzuordnen ...“

Der Architekt, Planer oder Fachplaner muss die Belange des Brandschutzes in der Planung und Ausschreibung berücksichtigen. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil C
(VOB-C 2019-12) schreibt in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) der Gewerke die detaillierte Ausschreibung aller Maßnahmen für den vorbeugenden baulichen Brandschutz und den Schallschutz in Menge und Beschaffenheit als eigenständige Leistungsposition „besondere Leistung“ vor. Eine Ausschreibung der Abschottungsmaßnahmen im Rahmen der Vorbemerkungen ist somit nicht mehr der VOB-C entsprechend.

 

Stichwort: „bauliche Anlagen sind so zu errichten ...“

In gleicher Weise wie der Architekt, Planer oder Fachplaner sind im nächsten Schritt die Errichter einer Anlage oder eines Gebäudes für die Sicherstellung des Brandschutzes verantwortlich. Dazu zählen unter anderem ausführende Installateure
oder Isolierer. Sie haben beispielsweise auf fehlende oder
falsche Angaben zum Brandschutz hinzuweisen und gegebenenfalls Bedenken anzumelden. Zur eigenen Rechtssicherheit sollte diese Hinweispflicht stets schriftlich wahrgenommen werden.

Stichwort: „bauliche Anlagen sind so zu ändern ...“

Bei Änderungen von brandschutzrelevanten Anlagen im Bestand müssen Architekten, Planer, Fachplaner und Errichter gleichermaßen die Belange des Brandschutzes berücksichtigen. Wichtig: Bei genehmigungspflichtigen Nutzungsänderungen kann für den Brandschutz in der Regel kein Bestandsschutz geltend gemacht werden. In diesem Fall müssen der Architekt, Planer, Fachplaner oder Ausführende, aber auch der Betreiber handeln, indem die Ist-Situation mit der Soll-Situation verglichen und bewertet wird. Denn brandschutztechnische Maßnahmen sind grundsätzlich auf dem aktuellen Stand des Baurechts und den angewandten Regeln der Technik zu erstellen, wenn wesentliche Eingriffe in den Bestand des Gebäudes und Teile davon erfolgen. Dazu gehört zum Beispiel auch schon der „einfache“ Austausch einer Entwässerungs- oder einer Trinkwasserleitung.

Baurechtlich gesehen handelt es sich bei einer solchen Rohrleitung mit Befestigung, Dämmung und gegebenenfalls einem Mörtelverschluss um eine sogenannte Bauart, da sie aus verschiedenen Bauprodukten zusammengesetzt wird – und der
Anwender der Bauart ist in diesem Fall der Installateur. Er muss damit auch die Übereinstimmungserklärung der Bauart mit den einschlägigen Brandschutzvorschriften abgeben, sofern er mit diesen Rohrleitungen Decken oder Wände mit Brandschutzanforderungen durchdringt. Sollte es zu Abweichungen der Bauart – zum Beispiel bei Abstandsunterschreitungen – im Hinblick auf die Vorgaben des Anwendbarkeitsnachweises kommen, ist diese Abweichung vom Anwender (hier: Installateur) zu bewerten. Dabei muss er beurteilen, inwieweit die Abweichung „nicht wesentlich“ ist, um noch als in Übereinstimmung mit dem
Anwendbarkeitsnachweis zu gelten.

Um dieses aufwendige Procedere in der Praxis zu vereinfachen, bietet Viega die Wahlmöglichkeit, sich bezüglich der Installations-
produkte entweder direkt an den Viega-Anwendbarkeitsnachweisen

„Viega-Mischinstallation Versorgung“ (aBG Z-19.53-2258) ,

„Viega-Rohrleitungssysteme Decke“ (abP P-2400/003/15-MPA BS),

„Viega- Rohrleitungssysteme Wand“ (AbP P-2401/399/21-MPA BS

zu orientieren oder die grafisch aufbereiteten Anwendungsbücher mit Darstellung zahlreicher geprüfter Anwendungsfälle zu nutzen. Sollte beim jeweiligen Projekt erkennbar sein, dass darüberhinausgehend eine zulassungskonforme Abschottung nicht oder nur mit erheblichem Aufwand realisierbar ist, empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit dem Brandschutz-Sachverständigen, ob zum Beispiel eine Anpassung des Leitungsverlaufes für den gesonderten Bereich möglich ist.

 

Gewerke-Schnittstellen als Herausforderung

Eine spezielle Herausforderung stellen in diesem Zusammenhang immer wieder Durchführungen an Schnittstellen, insbesondere beim Gewerk Trockenbau, dar. Bei Wanddurchführungen ist hier zum einen entscheidend, ob die verwendeten Abschottungssysteme über die notwendigen Zulassungen für die geplante Trennwand (Stärke und Art, also Massiv, leichte Trennwand oder Holz) verfügen. Eine frühzeitige Klärung in der Entwurfsphase verhindert spätere Umplanungen und Kostensteigerungen. Zum anderen bedarf eine Vielzahl an Abschottungsprodukten im Trockenbau einer speziellen Auslaibung, um die Abschottung zulassungskonform einbauen zu können. Das kann Zeitverluste und höhere Kosten verursachen.  Viega hat daher ebenfalls erfolgreiche Nachweise führen können, dass die Rohrleitungen ohne aufwendige Auslaibung in den Trockenbauwänden zulassungskonform möglich sind. Und das mit einer Vielzahl an möglichen Leitungsverzügen.

Deckendurchführungen sind gemäß MLAR als geschossweise Abschottung oder als offene Schachtausführung möglich. Hierzulande wird üblicherweise die geschossweise Abschottung angewandt, da sie aufgrund des massiven Vergusses einen besseren Schallschutz bietet. Viega bietet für alle gängigen
Installationen, auch in Verbindung mit Elektroleitungen oder Lüftungskanälen, geprüfte Installationslösungen im Nullabstand an. Das sorgt zusätzlich für Abnahmesicherheit.

Die offene Schachtausbildung findet sich häufig in angrenzenden Ländern, wie zum Beispiel Österreich. Da die Schachtwände in Trockenbauweise (typischerweise 2 x 20 mm GKF oder 2 x 25 mm GKF) allerdings oft zu dünn für viele Abschottungssysteme sind, ist gemäß MLAR eine Aufdopplung der Wand zum Erreichen der Feuerwiderstandsklasse F90 notwendig.

Die Mindestabschottungsdicke der Schachtwand (W) ist dabei abhängig von der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit nach Abs. 4.3 MLAR:

F30 mind. 60 mm

F60 mind. 70 mm

F90 mind. 80 mm

 

Fazit

Die Wahl der richtigen Abschottungsart hängt von baulichen Gegebenheiten, den Schallschutzanforderungen und den verfügbaren Zulassungen ab. Eine enge Abstimmung zwischen Planer, Handwerker und Sachverständigem sowie die frühzeitige Berücksichtigung im Entwurf sind entscheidend für eine sichere und wirtschaftliche Umsetzung. In unterschiedlichsten Kombinationen geprüfte Systemlösungen geben zusätzliche Abnahmesicherheit.

Weitere Informationen besonders zu den zugelassenen Mischinstallationen von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen liefert die umfangreiche Dokumentation „Anwendungstechnik Brand-/ Schallschutz“, die Viega zum kostenlosen Download anbietet: viega.de/Brandschutz.

Brandschutzanforderungen gemäß

Musterbauordnung (MBO)

§ 29 Trennwände

(1) Trennwände nach Abs. 2 müssen als raumabschließende Bauteile von Räumen oder Nutzungseinheiten innerhalb von Geschossen ausreichend lang widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein.

(2) Trennwände sind erforderlich

1. zwischen Nutzungseinheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren,

2. zum Abschluss von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr,

3. zwischen Aufenthaltsräumen und anders genutzten Räumen im Kellergeschoss.

(3) Trennwände nach Abs. 2 Nr. 1 und 3 müssen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile des Geschosses haben, jedoch mindestens feuerhemmend sein. Trennwände nach Abs. 2 Nr. 2 müssen feuerbeständig sein.

(4) Die Trennwände nach Abs. 2 sind bis zur Rohdecke, im Dachraum bis unter die Dachhaut zu führen; werden in Dachräumen Trennwände nur bis zur Rohdecke geführt, ist diese Decke als raumabschließendes Bauteil einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile feuerhemmend herzustellen.

(5) Öffnungen in Trennwänden nach Abs. 2 sind nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind; sie müssen feuerhemmende, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben.

(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten nicht für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.

 

§ 31 Decken

(1) Decken müssen als tragende und raumabschließende Bauteile zwischen Geschossen im Brandfall ausreichend lang standsicher und widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein. Sie müssen

1. in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 feuerbeständig,

2. in Gebäuden der Gebäudeklasse 4 hochfeuerhemmend,

3. in Gebäuden der Gebäudeklassen 2 und 3 feuerhemmend sein. 

Satz 2 gilt

1. für Geschosse im Dachraum nur, wenn darüber Aufenthaltsräume möglich sind; § 29 Abs. 4 bleibt unberührt,

2. nicht für Balkone, ausgenommen offene Gänge, die als notwendige Flure dienen.

(2) Im Kellergeschoss müssen Decken

1. in Gebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 feuerbeständig,

2. in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 feuerhemmend

sein.

Decken müssen feuerbeständig sein

1. unter und über Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr, ausgenommen in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2,

2. zwischen dem land- oder forstwirtschaftlich genutzten Teil und dem Wohnteil eines Gebäudes.

(3) Der Anschluss der Decken an die Außenwand ist so herzustellen, dass er den Anforderungen aus Abs. 1 Satz 1 genügt.

(4) Öffnungen in Decken, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, sind nur zulässig

1. in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2,

2. innerhalb derselben Nutzungseinheit mit insgesamt nicht mehr als 400 m2 in nicht mehr als zwei Geschossen,

3. im Übrigen, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind und Abschlüsse mit der Feuerwiderstandsfähigkeit der Decke haben.

(Quelle: Musterbauordnung Stand 26./27.09.2024; MBO)

 

Anforderungen an den Raumabschluss im

Brandfall nach dem Wortlaut der MVVTB

Feuerbeständig:

Der Raumabschluss muss bei Brandeinwirkung nach der ETK (…) über mindestens 90 Minuten gewährleistet sein. (…) Bei den Beobachtungen zur Rauchentwicklung (…) muss festgestellt sein, dass höchstens eine geringe Rauchentwicklung beobachtet worden ist (…).

Feuerhemmend:

Der Raumabschluss muss bei Brandeinwirkung nach der ETK (…) über mindestens 30 Minuten gewährleistet sein. (…) Bei den Beobachtungen zur Rauchentwicklung (…) muss festgestellt sein, dass höchstens eine geringe Rauchentwicklung beobachtet worden ist (…).

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Ausgabe 08/2013

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