Fachgerechte Probennahmen
So vermeiden SHK-Profis Fehler bei der Untersuchung auf Legionellen
Ziel einer Probennahme ist es, möglichst eindeutige, weitgehend reproduzierbare und repräsentative Befunde zu erhalten. Denn diese sind notwendig für eine sichere Beurteilung des technisch-hygienischen Zustandes einer Trinkwasserinstallation. Darüber hinaus sind sie bei Bedarf auch die Basis für zielführende und damit kostengünstige Sanierungsmaßnahmen. Wer als Betreiber einen eindeutigen und vollständigen Untersuchungsauftrag an ein DAkkS-akkreditiertes Labor erteilt, vorab geeignete und repräsentative Probennahmestellen auswählt, vorbereitet und benennt, keine außerplanmäßigen Maßnahmen vor der Beprobung ergreift und dafür sorgt, dass keine leeren Räume beprobt werden, schafft die wichtigsten Voraussetzungen für belastbare Ergebnisse. Hygieneexperte Dr. Peter Arens erläutert, was zu beachten ist.
Das Einatmen von legionellenhaltigen, lungengängigen Aerosolen kann zu einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit führen. Daher sind regelmäßige Trinkwasseruntersuchungen für viele Gebäude vorgeschrieben.
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Im Rahmen der Sachverständigentätigkeit bekommt man häufig Befunde zugesandt, die einer kritischen Überprüfung schon aus logischen Gründen nicht standhalten. Vor allem, was die Temperaturmessungen angeht. Beispielweise werden im Rücklauf der Zirkulation des Trinkwassers warm (PWH-C) und / oder an Entnahmestellen in der Peripherie von Gebäuden höhere Temperaturen ermittelt als am Wärmeerzeuger. Oder der Probennehmer ermittelt an Entnahmestellen eines Altenheimes oder Kindergartens ausschließlich Temperaturen zwischen ca. 38 °C und ca. 46 °C, ohne sich die Frage zu stellen, warum dies der Fall sein könnte, obwohl am Trinkwassererwärmer 60 °C und im Rücklauf der Zirkulation 55 °C anstehen. Nämlich, weil in diesen Gebäuden ein Verbrühungsschutz vorhanden sein muss. So aber erhält der Auftraggeber immer Mischwasserbefunde aus Trinkwasser warm und kalt, bei denen er nicht weiß, ob die Legionellen aus dem Trinkwasser warm oder kalt stammen.
Diese und andere Fehler verursachen erhöhte Folgekosten durch zum Teil unnötige Risikoabschätzungen, Nachuntersuchungen und wenig zielführenden Sanierungsmaßnahmen. Wenn dann noch über dasselbe Labor weitere Dienstleistungen angeboten werden, steht schnell der Verdacht der Befangenheit im Raum. Doch in den meisten Fällen ist es mangelndes Fachwissen der Probennehmer, das zu Fehlbefunden führt.
Generelle Ziele einer Probennahme
Die Ergebnisse von Wasseruntersuchungen sollen stichprobenartig die tatsächliche Wasserqualität in einem genutzten Gebäude widerspiegeln. Um dabei die Verhältnismäßigkeit zu wahren, muss nicht jede Entnahmestelle beprobt werden. Daher wird im Falle der systemischen Untersuchungen auf Legionellen explizit die Festlegung repräsentativer Entnahmestellen für ein Gebäude gefordert.
Abb. 1: An vielen Entnahmearmaturen kann keine fachgerechte Beprobung erfolgen, weil nur Mischwasser zur Verfügung steht. Beispielsweise bei thermostatischen Armaturen mit Verbrühungsschutz, elektronischen Armaturen und mechanischen Selbstschlussarmaturen. Daher kommen bei der Untersuchung auf Legionella spec. oftmals spezielle Probennahmeventile zum Einsatz.
Bild: Schell
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Spezifische Ziele bei der Untersuchung auf Legionella spec.
Bei der systemischen Untersuchung auf Legionellen geht es weniger darum, die Wahrscheinlichkeit für eine mögliche Infektion der Nutzer zu ermitteln, sondern vorrangig um die Ermittlung technisch-hygienischer Parameter von Trinkwasserinstallationen, die zu einer übermäßigen Vermehrung von Legionellen führen könnten. Denn das Infektionsrisiko kann nicht allein aus der Anzahl an Legionellen abgeleitet werden. Dies liegt am sogenannten Legionellen-Paradoxon: Manchmal kommt es trotz einer hohen Konzentration an Legionella spec. nicht zu einer Erkrankung, während sie bei einer niedrigen Konzentration auftritt. Der Grund dafür liegt nicht nur in der unterschiedlichen Vulnerabilität der Nutzer, sondern vor allem darin, dass es sich bei dem Parameter Legionella spec. um einen Sammelparameter für Legionellen handelt: von weniger gefährlich (Legionella anisa) bis gefährlich (Legionella pneumophila, Serogruppe I, MAb-Subtyp Knoxville).
Drei wesentliche Aufgaben für den Betreiber
Um verlässliche Befunde zu erhalten, muss jeder Betreiber dafür sorgen, dass (1.) geeignete Probennahmestellen vorhanden sowie zugänglich sind und sich diese (2.) an repräsentativen, von ihm festgelegten Stellen im Gebäude befinden. Und (3.) muss er einen eindeutigen Untersuchungsauftrag erteilen, in dem der Zweck der Untersuchungen (z. B. systemisch/orientierend oder weitergehend) und die Lage inkl. exakter Bezeichnung der Entnahmestellen enthalten sind.
Repräsentativität
Die systemischen Untersuchungen auf Legionellen müssen so erfolgen, dass die Ergebnisse der jeweiligen Probennahmestelle belastbar und gleichzeitig repräsentativ für die untersuchte Trinkwasserinstallation sind. Verantwortlich für repräsentative und geeignete Probennahmestellen ist der Betreiber (§41 TrinkwV). Für diese Festlegungen wird in aller Regel ein Strangschema und Fachwissen benötigt. Daher delegiert der Betreiber diese Aufgaben sinnvollerweise an seinen Fachplaner oder Fachhandwerker. Um die Beprobung leerstehender Wohnungen zu vermeiden, sollte der Betreiber „Ausweichwohnungen“ für den Fall eines Leerstandes benennen.
Probennahmestellen müssen geeignet sein
Probennahmestellen müssen mehrere Bedingungen erfüllen: Sie müssen regelmäßig genutzt werden („Bestimmungsgemäßer Betrieb“ – also nicht in leerstehenden Räumen), für die Beprobung geeignet und thermisch oder chemisch desinfizierbar sein. Weiterhin darf kein Mischwasser beprobt werden. Gerade letzteres hört sich banal an, kann jedoch bei fast keiner Bauart von Armaturen ohne weitere Maßnahmen wie das Zudrehen eines der beiden Eckventile sichergestellt werden. Daher sollte die systemische Untersuchung auf Legionellen möglichst über Probennahmeventile erfolgen (Abb. 1). Denn eine Mischwasserabgabe ist bei folgenden Armaturentypen bauartbedingt unvermeidbar: bei mechanischen Selbstschluss-, elektronischen und allen thermostatischen Armaturen (Abb. 2) inkl. der Eckventilthermostate (Abb. 3). Diese Armaturentypen werden vor allem in öffentlichen Gebäuden und im Gesundheitsbereich häufig eingesetzt. Weiterhin müssen die Entnahmestellen während der Probennahme einen Liter Wasser ohne Unterbrechung abgeben können. Auch dies ist bei mechanischen Selbstschlussarmaturen kaum möglich. Am einfachsten zu beproben sind mechanische Einhebelmischer ohne Verbrühungsschutz, wie sie in der Wohnungswirtschaft an Waschtischen üblich sind, während Duschen oft thermostatisch geregelt sind, also immer Mischwasser abgeben. Allerdings sollte für eine sichere Beprobung ohne Mischwasser auch am Waschtisch immer eines der beiden Eckventile zuzudrehen sein! Diese Vorgabe des Umweltbundesamtes (UBA) für die Probennahme gibt es mindestens seit 2018 – was jedoch in der Praxis kaum ein Probennehmer umsetzt.
Trinkwasser ist ein verderbliches Lebensmittel. Doch unzulässige Veränderungen sind ohne Hilfsmittel nicht wahrnehmbar. Daher sind regelmäßige Trinkwasseruntersuchungen für viele Gebäude vorgeschrieben.
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Kein „Schönen“ der Befunde
Vor einer Beprobung ist jede Sondermaßnahme unzulässig: Also keine regelmäßige „jährliche“ thermische Desinfektion und keine Sondernutzungen / -spülungen etc. kurz vor der Probennahme! Eine solche Vorgehensweise widerspricht gemäß UBA vorsätzlich dem Schutzziel der Trinkwasserverordnung. Im Gegensatz dazu dürfen jedoch alle regelmäßigen Wasserwechsel, z. B. durch normale Nutzungen, Spülpläne oder ein Wassermanagement-System / spülende Armaturen vor den Untersuchungen beibehalten werden. Ein zeitlicher Abstand zwischen einer regelmäßigen Nutzung / Spülung und einer systemischen Untersuchung kann in der Praxis kaum sichergestellt werden. Sinnvoll wäre mindestens eine Stunde, besser vier Stunden ohne Entnahme. Denn die fachgerechte Beprobung ist im Eigeninteresse des Betreibers, weil er ansonsten zwar einmal im Jahr oder sogar nur alle drei Jahre unauffällige Befunde erhielte, aber keine verlässlichen Informationen über den technisch-hygienischen Zustand seiner Trinkwasserinstallation und ein mögliches Gesundheitsrisiko.
Kaltwasseruntersuchungen?
Besteht der Verdacht, dass das Kaltwasser zu warm wird, sind auch Untersuchungen des Kaltwassers auf Legionellen notwendig (DVGW W 551 (A)). Der Hintergrund dafür ist, dass es mittlerweile häufiger Probleme mit Legionellen im Kaltwasser gibt. Daher ist es für Betreiber empfehlenswert, im Untersuchungsauftrag festzulegen, dass der Probennehmer an jeder repräsentativen Probennahmestelle einer Nasszelle für Warmwasser (PWH) auch die Temperatur des Kaltwassers (PWC) ermittelt. Liegt sie nach 3-Liter-Ablauf in einem Volumen von 250 ml höher als 25 °C, sollte gemäß Untersuchungsauftrag unmittelbar auch das Kaltwasser (PWC) beprobt und im Labor auf Legionellen untersucht werden. Diese zusätzliche Temperaturmessung wird 3 bis 4 € kosten. Als
Gegenleistung erhält der Betreiber eine höhere technisch-hygienische Sicherheit für den Betrieb seiner Kaltwasserinstallation und unmittelbar die Information, ob installationsseitig die höchstens „3-Liter-Regel“ eingehalten wurde (DIN 1988-200).
Aufgaben des Probennehmers
Jeder Probennehmer muss sich an die Vorgaben der TrinkwV und den zugehörigen Empfehlungen des Umweltbundesamtes halten, soweit vorhanden. Ansonsten kann es zu einer Zurückweisung der Befunde durch das Gesundheitsamt oder den Auftraggeber kommen. Bis hin zu Schadensersatzforderungen, wenn aufgrund einer unsachgemäßen Vorgehensweise hohe Folgekosten entstehen.
Wer darf beproben?
Grundsätzlich sind alle Befunde nur dann belastbar, wenn sie auf einer fachgerechten Beprobung und Untersuchung im Labor beruhen. Daher müssen auch die Probennahmen durch qualifiziertes Personal eines durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierten Labors erfolgen (vgl. §§ 39+40 TrinkwV). Dennoch bleibt es für Betreiber sinnvoll, nicht nur im Untersuchungsauftrag klare Vorgaben zu machen, sondern auch ein DAkkS-akkreditiertes Labor sorgfältig auszuwählen und die Probennahme vor Ort zu begleiten: Nur der Betreiber kennt die örtlichen Gegebenheiten und kann beispielsweise bei nicht genutzten Wohnungen eine Ausweichwohnung benennen. Weiterhin gehen auch Probennehmer eines DAkkS-akkreditierten Labors nicht immer fachgerecht vor. Beispielsweise fehlt ihnen manchmal das Werkzeug oder die Zeit, um Strahlregler zu entfernen, Eckventile zuzudrehen oder sie beproben Mischwasser, weil sie den Verbrühungsschutz nicht erkennen bzw. nicht außer Betrieb setzen können.
Abb. 2: Bei allen elektronischen Armaturen sind Warm- und Kaltwasser unmittelbar miteinander verbunden. Somit benötigen sie zum Schutz gegen Überströmung (von warm nach kalt und umgekehrt) immer funktionsfähige Rückflussverhinderer vom Typ EB. Vor der Probennahme muss grundsätzlich eines der Eckventile geschlossen werden, damit kein Mischwasser beprobt wird.
Bild: Peter Arens
Wasserentnahmen an einem Tag
Um jeweils ein vollständiges Bild der Trinkwasserinstallation zu erhalten, müssen die systemischen Untersuchungen am Austritt des Trinkwassererwärmers, im Rücklauf der Zirkulation und an peripheren Entnahmestellen im Gebäude grundsätzlich am selben Tag erfolgen. Dies gilt auch für weitergehende Untersuchungen oder Nachbeprobungen von einzelnen Entnahmestellen: Auch dann sind grundsätzlich nicht nur einzelne Entnahmestellen, sondern auch diese zentralen Stellen erneut mit zu beproben.
Fachgerechte Wasserentnahme über Probennahmeventile
Ausschließlich bei der systemischen Untersuchung auf Legionellen muss der erste Liter des Trinkwassers verworfen werden, bevor ein Volumen von ca. 150 bis 250 ml für die Laboruntersuchungen entnommen wird. So soll der Einfluss der Armatur auf das Untersuchungsergebnis minimiert werden. Dies ist neben der zwingend notwendigen Entfernung von Strahlreglern, Duschschläuchen etc. (DIN EN ISO 19458 Zweck b) der Grund, warum nur bei der Untersuchung auf Legionellen das Wasser auch über Probennahmeventile entnommen werden darf (Abb. 2). Dies ist sogar empfehlenswert: Nur so wird der Einfluss der Armatur auf das Untersuchungsergebnis sicher ausgeschlossen. Bei manchen Armaturen (vgl. Text weiter oben) ist die Wasserentnahme über Probennahmeventile sogar zwingend notwendig, um die Untersuchung von Mischwasser zu vermeiden.
Keine leerstehenden Wohnungen beproben!
Grundsätzlich gelten alle Grenzwerte der Trinkwasserverordnung nur dann, wenn bei der Probennahme und den Laboruntersuchungen die vorgeschriebenen Vorgehensweisen eingehalten werden. Nur dann sind Befunde belastbar. Dazu gehört der bestimmungsgemäße Betrieb jeder Entnahmestelle in den Wochen vor der Beprobung! Dies ist hinlänglich bekannt und wurde bereits 2018 vom Umweltbundesamt eindeutig festgelegt. Dennoch gehört es bis heute zu den häufigsten Fehlern bei Beprobungen mit teuren Folgen für den Betreiber, dass immer wieder das Trinkwasser in einer leerstehenden Wohnung beprobt wird. In aller Regel wird dies vom Probennehmer damit begründet, dass er doch immer diese Wohnung beprobt habe, was jedoch keine fachlich belastbare Begründung darstellt, sondern sogar zu Schadensersatzforderungen führen könnte.
Abb. 3: Hinter einem Verbrühungsschutz, hier ein Eckventilthermostat, kann ohne besondere Maßnahmen immer nur Mischwasser beprobt werden. Erkennbar ist dies vor Ort an einer Konstant-Temperatur um die 40 °C. Dann sollte der Probennehmer auf eine geeignete Entnahmestelle ausweichen, statt Mischwasser zu beproben.
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Grundsätzliches Vorgehen bei der Probennahme
Bevorzugt sollten Probennahmen an Waschtischen erfolgen. Denn Duscharmaturen weisen zumeist einen Thermostat auf, so dass nur Mischwasser beprobt werden kann, selbst wenn der Thermostat auf „heiß“ gestellt ist. Dies ist in der Bauart von Thermostaten begründet.
Bei der Probennahme von Warmwasser (PWH) sind die Eckventile des Kaltwassers (PWC) zu schließen und umgekehrt. Nur diese Vorgehensweise verhindert zuverlässig und unabhängig von der Bauart der Armatur die Beprobung von Mischwasser. Sollte der Wasserfluss nach spätestens 3 Sek. versiegen, ist in der Armatur ein Thermostat verbaut und eine fachgerechte Beprobung nur über ein Probennahmeventil möglich.
Ist die Beprobung von Mischwasser unvermeidbar, muss dies im Befund angegeben werden und eine Ermittlung der systemischen Trinkwassertemperatur ist nicht möglich.
Fachkundige Dokumentation der Befunde
Viel zu oft weichen die Angaben in den Befunden von den vor Ort aufzufindenden Bezeichnungen der Räume etc. und/oder denen im Strangschema ab, so dass deren eindeutige Zuordnung zu den beprobten Entnahmestellen erschwert oder nicht möglich ist. Dabei liegt es im ureigenen Interesse des Betreibers, die Probennahmestellen eindeutig zu benennen und in sein Strangschema einzutragen: Nur so können Befunde eindeutig zugeordnet und mögliche Ursachen zuverlässig ermittelt werden. Dies trägt wesentlich zur Begrenzung möglicher Sanierungskosten bei.
