Design für alle

Barrierefreie Bäder Online-Planer und Konzepte

Bäder sind nicht erst seit es Megatrends zu „Wellness & Health“ gibt Rückzugsorte für alle Menschen. In Bädern hat der Mensch häufig seine intimsten Momente: Ob es um alltägliche Bedürfnisse, die Suche nach Entspannung oder Privatsphäre geht. Auch bei Kummer, Kater oder Krankheit ist das Bad der Rückzugsort, in dem wir ungestört sein wollen. Doch diesem Bedürfnis steht die Badausstattung manchmal entgegen.

Der Durchschnittsnutzer ist und war das Maß aller Dinge im Bad, egal ob es Toilette, Waschtisch oder Dusche betrifft. Doch Menschen sind nicht gleich – nie strebten wir so nach Individualisierung wie heute. Wenn neben der ohnehin einzigartigen Persönlichkeit auch der Körper von dem idealisierten Durchschnittsnutzer abweicht, kann der Rückzugsort „Bad“ schnell seinen besonderen Zauber verlieren. Selbst derjenige, der diesem idealisierten Durchschnittsnutzer entspricht, wächst erst im Laufe seines Lebens hinein und spätestens im Alter auch wieder hinaus.

Mit Krankheiten, Verletzungen und Beeinträchtigungen hat jeder Mensch im Laufe seines Lebens zu kämpfen. Doch bislang war das Bad häufig nur auf die „Norm“ abgestimmt. „Design für alle“ ein frommer Wunsch. Schon eine im Sport verstauchte Hand zeigt uns im Alltag bereits die Grenzen auf. Der Toiletten­gang oder der Einstieg in die Badewanne werden so schnell von einer unbewussten Alltäglichkeit zu einem Projekt mit echtem Planungsbedarf – es entstehen Barrieren, wo man sie teils gar nicht vermutete, und sehnt sich nach Komfort, der einem auch ohne Handicap geschmeichelt hätte.

Demographischer Wandel

Im Alter, wenn die alltäglichen Tätigkeiten irgendwann nicht mehr so einfach von der Hand gehen wollen und auch die Sehkraft sinkt, tauchen diese Barrieren wieder auf. Diese Erfahrung machen immer mehr Deutsche, denn die Gesellschaft altert.

Deutschland ist mit der global zu beobachtenden Entwicklung sinkender Geburten bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung nicht allein. Während die Dynamik des Bevölkerungswachstums in vielen Ländern nicht mehr aufzuhalten ist, schrumpfen die Bevölkerungszahlen vor allem in den OECD-Ländern in Europa und Nordamerika. Deutschland, wo sich die demographische Entwicklung nur ein wenig früher und konzentrierter abzeichnet als in anderen hochentwickelten Industrienationen, wie zum Beispiel Japan oder Italien, könnte als Modell für die notwendigen beschleunigten Anpassungsprozesse dienen.

Neue Untersuchungen zeigen sogar, dass die Gesellschaft schneller altert als bislang angenommen: Eine aktuelle Datenbasis führte Prof. Dr. Eckart Bomsdorf vom Institut für Ökonometrie und Statistik an der Universität Köln zu der im November 2014 publizierten Prognose, dass hierzulande bis 2060 die Zahl der Erwerbstätigen von heute 50 auf dann 36 Millionen zurückgehen wird; jeder zweite Deutsche wird dann mindestens 51 Jahre alt sein. Zudem wird es mehr Menschen im Lebensalter von über 90 geben, nämlich rund 3,3 Millionen (derzeit 650 000). Das bleibt nicht ohne Konsequenzen; nicht nur auf die Finanzierung der Renten, sondern auch auf die Infrastruktur von Bildung, Wohnungswirtschaft und Gesundheitssystem bezogen. Parallel dazu wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigen. Das Statistische Bundesamt der Bundesrepublik Deutschland rechnet mit 3,4 Millionen im Jahr 2030. Da die Mehrheit der Pflegebedürftigen zuhause betreut wird, spielt auch hier ein sicheres und komfortables Bad eine wichtige Rolle.

Barrierefreie Bäder

Wenn der Bedarf, wie im Pflegefall, akut wird – z.B. durch Unfall oder Krankheit –, ist kaum noch Zeit für eine durchdachte Planung sowie kostensparende Realisierung eines barrierefreien Bades. Daher sollte man bereits in jungen Jahren so planen, dass die eigenen vier Wände in allen Lebensumständen anpassbar sind – mit möglichst kurzer Bauzeit und geringen Kosten.

Schwellenloser Hauseingang, reichlich Bewegungsraum in wichtigen Wohnbereichen und Tür-Durchgangsbreiten von mindestens 90 cm bereiten auf viele Eventualitäten und das Alter vor. Vor allem aber die barrierefreie Gestaltung des Badezimmers ist ein ganz großer Schritt zu einem lange selbstbestimmten Leben. Darauf weist auch die Aktion Barrierefreies Bad (ABB) hin. Die unter der Schirmherrschaft von Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks stehende Initiative rät auf ihrer Homepage www.aktion-barrierefreies-bad.de, beim Hausbau ein Raumkonzept ins Auge zu fassen, das bei Bedarf im Erdgeschoss barrierefreies Wohnen ermöglicht. Böten etwa Gäste-WCs von vornherein notwendige Vorinstallationen für eine bodenebene Dusche, sei ihr späterer Umbau zu einem kleinen Duschbad kein Problem.

Auch die Ausführung einer Wand entscheide darüber, ob diese später den durch Haltegriff und Duschsitz erzeugten Extralasten trotzen könne. Ebenfalls vorsorgen lasse sich beim Entwurf der Elektroinstallation. Eine Leerverrohrung schlage sich in den Baukosten kaum nieder. Sie bereite jedoch das Bad auf die künftige Nutzung von Dusch-WC, Nachtlicht, Notruf oder intelligenten Steuerungssystemen vor. Zu den wichtigen vorausschauenden Vorkehrungen zählen die ABB-Experten ferner eine individuell anpassbare WC-Montagehöhe und ein flaches Waschbecken, vor dem man sich auch im Sitzen waschen könne. Modelle, die bis zu einer Höhe von 70 cm unterfahrbar seien und über einen Unterputz- bzw. sehr flachen Aufputzsiphon verfügten, eigneten sich sogar für Menschen im Rollstuhl.

Außerdem fest berücksichtigt werden sollten 90 cm x 90 cm große, bodenebene Duschflächen, rutschhemmende Bodenbeläge, Lichtschalter in bequem erreichbaren Höhen von 80 cm bis 110 cm sowie eine gute Ausleuchtung und kontrastreiche Farben.

Wer ein Badezimmer online planen möchte, der kann im Internet unter www.online-wohn-beratung.de einen Badplaner finden. Mit dem von der Aktion Barrierefreies Bad geförderten „Online 3D-Badplaner“ lässt sich die altersgerechte Gestaltung vom Grundriss bis zur dreidimensionalen Einrichtung kostenlos und ohne Installation durchspielen – weitere Infos finden Sie im Kasten auf Seite 35.

bäder für alle Lebenslagen

Was Menschen häufig abschreckt, Bäder schon frühzeitig ohne Barrieren zu planen, ist die Angst vor fehlender Ästhetik und der unterschwelligen Angst, man gelte dann als hilfsbedürftig, eingeschränkt oder alt.

Denn das Image barrierefreier Bäder ist nicht besonders sexy. Der Gedanke an Stützen, puristischer Ausstattung und Krankenhausmöbel-Charme dominiert die mehrheitliche Vorstellung einer „behindertengerechten“, gekachelten Kammer. Dieses Bild muss sich in den nächsten Jahren allerdings grundlegend ändern.

Nicht nur, dass selbst normgerecht barrierefrei gestaltete Bäder längst nicht mehr so nüchtern aussehen müssen wie noch vor einigen Jahren – Barrierefreiheit fängt schon ein ganzes Stück unterhalb der Normgebung an: mit einer offenen, großzügigen Badplanung, die sich vielen Einzelinteressen anpassen lässt und künftige Pflegesituationen mit einplant, mit bodenebenen Duschen und modernen Features wie sensorgesteuerten Armaturen und Beleuchtungssystemen, programmierbaren Wasseranwendungen oder pflegeleichten Oberflächen. Die Zukunft jedoch sieht noch wesentlich komfortabler und lifestyleorientierter aus. Denn selbstständig Älterwerden und schön Wohnen sind in einer Zukunft, in der 50-Jährige das Durchschnittsalter einer Gesellschaft repräsentieren, sicherlich nicht mehr als Gegensätze zu begreifen. Das „Best Ager“-Bad als der für den Erhalt der Selbstständigkeit zentrale Raum wird mit genauso viel Design und Komfort ausgestattet sein, wie die „normalen“ Bäder, wohl aber noch mehr technische Hilfsmittel und Assistenz­systeme integrieren.

„Unser Ziel sollte nicht lediglich sein, barrierefreie Bäder schöner und funk­tio­naler zu gestalten“, argumentiert Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) e.V., „sondern, sie zu ‚normalen‘ Bädern zu machen. Die Unterscheidung in ‚normal‘ und ‚barrierefrei‘ wird in einer inklusiven Gesellschaft ohnehin immer schwächer werden. Und die Entwicklung dorthin ist keine Frage der Ästhetik und des Leistungsgedankens mehr, sondern eine des Überlebens unserer Gesellschaft“, ist Wischmann überzeugt.

Anlässlich der bevorstehenden ISH (www.ish.messefrankfurt.com) in Frankfurt am Main (10. bis 14. März 2015) befasst man sich bei Pop up my Bathroom (www.pop-up-my-bathroom.de), der Trendplattform der VDS, mit der Frage nach den künftigen Anforderungen an das Bad: Entstanden ist eine aktuelle Kampagne mit dem Motto „Freibad“, die ermutigen will, Grenzen hinterfragen und einreißen – Barrieren genauso wie scheinbar feste Nutzungskonzepte für das Bad. Denn die Idee von Freiheit im Bad – ergonomisch, multifunktional und ästhetisch gesehen – ist mehr als reine Barrierefreiheit. Diesem Gedanken folgen vier mittels der Fotografie inszenierte Konzeptbäder, die Menschen in allen Lebensphasen begleiten. Sie promoten das Thema Barrierefreiheit im Bad als individualisierbares Konzept für jedermann.

Barrierefrei – auch im Kopf

Mit dem demographischen Wandel wird sich auch das Selbstbild älterer Menschen verändern. Sie werden nicht nur länger arbeiten – arbeiten müssen oder arbeiten wollen –, sondern sich auch länger als aktive Mitglieder bei der Gestaltung der Gesellschaft begreifen. Der Fürsorgegedanke der jüngeren Generation wird sich dem starken Selbstbestimmungswunsch der Elterngeneration anpassen müssen. Dazu gehört auch das Recht, Risiken zu tragen – etwa durch das Aufrechterhalten eines eigenen Haushalts trotz altersbedingter Gesundheitsrisiken. Es wird eine der schwierigsten Aufgaben der Gesellschaft sein, die Interessenunterschiede jüngerer und älterer Generationen auszugleichen und die Voraussetzungen für ein lange selbstbestimmtes Leben zu schaffen.

Um den Gedanken der Barrierefreiheit bei Designern und Herstellern genauso wie bei Badplanern und Endverbrauchern etwas zu entstauben, will die VDS mit ihrer diesjährigen Aktion Pop up my Bathroom die Idee des lebensphasen­gerechten Bades zur Diskussion stellen.

Badkonzepte

als Chance begreifen

Die Sanitärwirtschaft in Deutschland stellt sich der Aufgabe, das Bad den Anforderungen der Zukunft anzupassen, unter anderem mit ihrer „Aktion Barrierefreies Bad“. Sie beteiligt sich etwa auch an der Entwicklung intelligenter Badezimmer.

Schon heute gibt es die technischen Möglichkeiten für Badezimmer­modelle, in denen das WC sich automatisch unterschiedlichen Körpergrößen anpasst, das Spiegeldisplay zur Medikamenteneinnahme anleitet und Umgebungsassistenzen das Leben erleichtern und sicherer machen. Bei der generationengerechten Gestaltung spielen neben den Grundanforderungen an die Bewegungsfreiheit und das größere Platzangebot aber auch diverse Aspekte eine Rolle, die allen Nutzern entgegenkommen, etwa eine stimmungsvolle Beleuchtung, ein sensorgesteuertes Nachtlicht, rutschhemmende Oberflächen, bodenebene Duschen und Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen und Chillen.

Pop up my Bathroom beschäftigt sich mit den Bedürfnissen, die in einem lebensphasengerechten Badkonzept berücksichtigt werden sollten. Das Konzept des Generationenbads, dessen Design möglichst vielen unterschiedlichen Zielgruppen gerecht wird, stellt bei diesen Überlegungen nur den ersten Schritt in Richtung eines variablen Badezimmers dar. Variable Grundrisse und moderne Installationssysteme können die Wandlungsfähigkeit des Bades künftig so weit erhöhen, dass das Bad sich dem Leben seiner Nutzer anpassen kann, wenn Renovierungsmöglichkeiten und Platzangebot die Voraussetzungen dafür bieten.

Das „Frei“ in „Freibad“ steht dabei syno­nym für Freiheit, Selbstständigkeit und Lebensfreude.

„Freibad“ soll mit seinen unkonventionellen Perspektiven auf das Bad als Erlebnisraum und Lebenstraum in allen Lebenslagen dem Konzept des barrierefreien Bades zu größerer Akzeptanz verhelfen.

Im Badezimmer trifft sich eine individua­listische Wohnkultur mit den zentralen Bedürfnissen nach Hygiene, Körpererlebnis und Entspannung. Diese Funktionen werden für das Wohlbefinden und die Selbstständigkeit im Alter noch wichtiger. Denn das Bad bringt uns nicht nur gut durch den Tag, sondern durchs ganze Leben. Eine komplexe Funktion, die die gesamte Gestaltung dieses Raums zu einer anspruchsvollen Aufgabe macht.

Fazit

In Deutschland leben über 4,5 Millio­nen Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Es gibt laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 2,5 Millio­nen Menschen (Stand Dez. 2011), die pflege­bedürftig im Sinne des Pflege­versicherungs­gesetzes sind. 70 % davon werden zuhause versorgt.

2008 war 20 % der Bevölkerung älter als 65 Jahre, 2060 werden es laut der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts 34 % sein.

Schon heute ist geeigneter Wohnraum Mangelware. Nur etwa jede hundertste Wohnung ist barrierefrei. Der Bedarf steigt. Bis zum Jahr 2020 werden in Deutschland zusätzlich drei Millionen Wohnungen benötigt.

Damit gewinnt auch die Rolle des Handwerks und der professionellen Badplanung an Bedeutung. Denn ein anpassungsfähiges Badezimmer, das sowohl Zonierungen als auch barrierefreie Elemente ermöglicht beziehungsweise ihren Einbau zu einem späteren Zeitpunkt einplant, und das dabei auch individuelle Bedürfnisse berücksichtigt, ist beratungsintensiv.

Anlässlich der „ISH“ vom 10. bis 14. März 2015 in Frankfurt am Main darf mit zahlreichen neuen Ausstattungslösungen gerechnet werden. Aber Produkte alleine ändern nichts an der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Bäder müssten standardmäßig barrierefrei geplant werden. Barrierefreiheit darf dabei nicht mehr mit einem Klinikambiente verbunden werden, sondern mit generationenübergreifendem Komfort.

Egal ob Jung oder Alt, jeder Mensch kann von Assistenzsystemen, Hilfen, durchdachtem Design und Sicherheitsreserven profitieren. Denn bei diesen Lösungen ist ein Produkt der Vorreiter schlechthin – und das mit einem Image, das für Dynamik, Design und Annehmlichkeit steht, wie kein anderes: das Auto.

Hilfen, wie z.B. elektrische Autositze, die sich in der Höhe dem Nutzer anpassen, oder auf Knopfdruck öffnende Kofferraumdeckel sind hier Komfort und werden nicht ansatzweise mit Gebrechlichkeit in Verbindung gebracht.

Warum sollte das zukünftig im Bad – in unserem Rückzugsort schlechthin – anders sein?

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