Fachkraft & Qualifizierung

Ein gutes Arbeitsklima bindet Mitarbeiter

„Die Zukunft gehört den Betrieben, die sich auf die Wünsche und Bedürfnisse der Fachkräfte ausrichten.“ So das Resultat von Dimitrij Krasontovitsch, Geschäftsführer von Candidate Flow, Agentur für Online-Marketing. Über 700 Gespräche hat das Unternehmen mit Handwerkern und Projektleitern geführt. Nachfolgend die Top 3 der Gründe, die in 80 % der Fälle für oder gegen einen Arbeitsplatzwechsel sprechen.

Grund 1: Wertschätzung gegenüber der Arbeit und dem Einsatz

Dimitrij Krasontovitsch: Der mit Abstand häufigste Grund, warum Fachkräfte wechseln, ist tatsächlich fehlende Wertschätzung der eigenen Arbeit. Sich nur als eine Nummer zu fühlen und keinen Dank für die erbrachte Arbeit zu bekommen, führt über kurz oder lang zu einem Betriebswechsel. Tatsache ist, dass in nahezu allen Gesprächen fehlende Wertschätzung als einer der Hauptgründe genannt wurde. Doch was genau bedeutet das? Hier ein paar klassische Beispiele, die zum Reflektieren anregen sollen:

Der Chef sieht es als selbstverständlich an, dass jemand Überstunden oder Wochenendarbeit macht. Dass die Freizeitplanung über den Haufen geworfen wird, weil spontan noch ein Serviceauftrag reinkam, ist normal aus der Sicht des Chefs. Kein Danke, kein Bitte, keine Entschädigung nach dem Motto: Mach Montag frei, das hast du dir verdient. Hinzu kommt ein bereits im dritten Jahr volles Überstundenkonto, das mit dem Satz kommentiert wird: Nächstes Jahr sieht es besser aus. Dann kannst du die Stunden abbauen. Auch andere Fragen werden häufig ohne große Erklärung abgeschmettert, ohne an die Konsequenzen zu denken.

Gewünschte Arbeitsgeräte? Wozu, die aktuellen reichen doch! Mitspracherecht? Ich habe dafür wirklich keine Zeit, lass uns ein anderes Mal über dein Anliegen sprechen! In unserer Tätigkeit hören wir solche und andere Beispiele täglich. Wobei hier nur die netteren zu finden sind. Bei manchen Äußerungen muss man sich die Frage stellen, wie manche Betriebe überhaupt noch Mitarbeiter halten können. Aber genau von solchen Betrieben wechseln die Fachkräfte gerne. Zu Betrieben, in denen die Mitarbeiter keine Nummer sind, sondern für ihre Arbeit geschätzt werden. In denen eine offene Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet. Es geht nicht darum, den Mitarbeiter mit Streicheleinheiten zu umgarnen. Eine kurze Geste der Wertschätzung reicht völlig. Die Zeiten von Sätzen wie, kein Tadel ist Lob genug, sind eindeutig vorbei. Betriebe, die das verstanden haben und es leben, haben mit Abstand den größten Wettbewerbsvorteil, um an neue Fachkräfte zu kommen und somit langfristig am Markt zu bestehen. Alle anderen werden mit der Zeit aussterben, wenn sie sich nicht verändern.

Diese Umgangsart ist übrigens auch dafür verantwortlich, warum Fachkräfte wieder aus der Industrie in die Handwerksbetriebe wechseln. Häufig ist man in den Werkstraßen nur eine Nummer. Die Arbeitnehmer akzeptieren auch wieder das kleinere Gehalt im Vergleich zur Industrie.

Grund 2: Die Frage nach dem Betriebsklima

Dimitrij Krasontovitsch: Ziemlich direkt hinter Wertschätzung oder gleich auf, steht das Betriebsklima, das nahezu immer genannt wird, wenn Fachkräfte darüber nachdenken zu wechseln. Früher wurden patriarchische Betriebe mit harter, straffer Führung mehr akzeptiert als es heute der Fall ist. Das Betriebsklima war auch weniger wichtig, denn die Arbeit war zum „Schaffen“ da. Zumindest ist das die Aussage vieler älterer Handwerker. Der Zeitgeist hat sich aber radikal verändert. Jeder Mitarbeiter weiß, dass er auf dem Markt heiß begehrt ist. Je besser die Ausbildung und Qualifikationen sind, desto mehr wird reflektiert und kritisch hinterfragt. Die häufigsten Punkte, die dabei aufgeführt werden, sind:

Planung und Organisationschaos. Insbesondere die Planung des Tages wird häufig kritisiert – Terminierungen sind zu kurzfristig und werden kaum richtig geplant, wodurch viel Chaos entsteht. Der Mitarbeiter muss nicht nur auf seine Arbeit konzentrieren, sondern Verantwortung für die Organisation und Materialbeschaffung übernehmen. Das führt zu hohem Stress, schlechterer Arbeit und somit zu mehr Stress mit dem Chef.

Überstunden ohne Ende. Sind wir mal ehrlich: Die Mitarbeiter sind weder faul noch blöd. Sie verstehen, dass ein paar Überstunden okay sind und ihnen in der Regel nichts ausmachen. Eine dauerhafte Überlastung wird hingegen von den Mitarbeitern als Gier und Rücksichtslosigkeit vom Inhaber gesehen. Das ist ziemlich genau der O-Ton in unseren Gesprächen. Wenn durch solch einen Umstand die Zeit mit der Familie auf der Strecke bleibt, was hat der Mitarbeiter noch? Stress auf der Arbeit und Stress zu Hause.­ Wer möchte ernsthaft so eine Situation länger hinnehmen bzw. ertragen?

Wenig Urlaubstage. Hier schließt sich der Kreis. Wer als Inhaber heutzutage lediglich den gesetzlichen Mindeststandard einräumt, der hat nicht verstanden, worum es hier geht: Wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Betriebe sollten mindestens 26 Urlaubstage zugestehen, idealerweise 1 Tag mehr mit jedem Jahr der Betriebszugehörigkeit, bis zu 30 Tage insgesamt. Diese sollten den Mitarbeitern dann auch eingeräumt werden. Zudem sollte überprüft werden, ob die Tage hauptsächlich für die Regeneration genommen werden.

Hoher Leistungsdruck. Wir haben mit sehr vielen Fachkräften gesprochen, die bei einem TV-bekannten Heizungsdienstleister beschäftigt waren und absolut frustriert sind. Zu viel Druck, unglaublich lange Arbeitszeiten. Zig Heizungen am Tag einbauen, um Quoten zu erfüllen. Nach 4 bis 6 Monaten waren die Mitarbeiter erschöpft und wollten nur noch in einen regulären Betrieb zurück, wo sie ein normales Pensum abarbeiten konnten. Das Versprechen, mehr Gehalt, ist auch hier einfach nicht nachhaltig. Einen solchen Leistungsdruck sehen wir inzwischen auch häufig in kleineren Betrieben, was im Grunde mit den Überstunden stark zusammenhängt.

Grund 3: Authentisch und ehrlich sein – keine falschen Versprechungen

In den letzten 10 Jahren ist der Fachkräftemarkt so überschaubar geworden, dass immer mehr Inhaber den Bewerben alles versprechen, was ihnen wichtig ist, nur um sie einzustellen. Das funktioniert kurzfristig. Langfristig ist der neue Mitarbeiter allerdings frustriert, unkonzentriert und geht auch wieder. Warum sollte er auch gute Arbeit leisten, wenn er belogen wurde? Sehr viele Fachkräfte sind genau deswegen misstrauisch geworden, wenn es um den Wechsel des Betriebes geht.

Die Lösung: Überzeugung durch authentisches Verhalten. Zeigen, dass man mit offenen Karten spielt und im Betrieb nicht immer alles perfekt ist. Menschen spüren wenn jemand wirklich aufrichtig ist und sie wissen auch, dass niemand perfekt ist. Zum anderen, und das ist der große Vorteil den du als Inhaber nutzen kannst: Zeig deinen Betrieb, stell dein Team vor, lass den Interessenten einen Tag mitlaufen. Wir haben sehr häufig erlebt, dass Bewerber am Ende des Probetages sofort zugesagt haben, obwohl sie vorher klipp und klar kommuniziert haben, dass sie mindestens eine Woche brauchen, um sich zu entscheiden.

Das Unternehmen Candidate Flow bietet den Leitfaden Erstgespräche an. SHK-Profi-Leser können den Leitfaden über die Mailadresse kontakt@candidate-flow.de anfordern.

Leitfaden zum Thema
Das Unternehmen Candidate Flow bietet einen Leitfaden für erfolgreiche Erstgespräche an. „All unsere Kunden nutzen ihn und konnten so ihre Einstellquote um 40 % erhöhen, erklärt Dimitrij Krasontovitsch. Interessierte SHK-Profi-Leser können den Leitfaden über die Mailadresse kontakt@candidate-flow.de anfordern.

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