Neues Bad für Neustadt

„Balneon“ mit effizientem Energiekonzept

Ein einfaches Wasserbecken löst heutzutage keine Faszination mehr beim Schwimmbadbesucher aus. Das neue Kombibad „Balneon“ in Neustadt am Rübenberge vereint deshalb die unterschiedlichen Themenbereiche Schwimmen, Fitness und Sauna unter einem Dach.

Der Lack war ab, die Kacheln verblichen und auch die technische Ausstattung des Hallenbades Lindenstraße in Neustadt am Rübenberge entsprach nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Schwimmbad. Der Betreiber, die Wirtschaftsbetriebe Neustadt am Rübenberge GmbH, ließ eine Untersuchung zur Sanierung des aus den 70er Jahren stammenden Bades und zum Neubau eines neuen Hallenbades mit Freibadmöglichkeiten durchführen.

Die Entscheidung fiel zugunsten eines neuen Bades aus, so dass mit der Eröffnung des Kombibades „Balneon“ im April 2018 im Hallenbad Lindenstraße nach über 45 Jahren Schwimmbadbetrieb und mehr als 5,4 Mio. Gästen, darunter auch der mehrfache Olympiasieger Mark Spitz, das Drehkreuz für immer geschlossen wurde. Weil das neue Kombibad auch einen großzügigen Outdoorbereich mit ganzjährig beheiztem Außenbecken bietet, wurde das sanierungsbedürftige Freibad an der Suttorfer Straße in Neustadt ebenfalls außer Betrieb genommen.

Mit der Umgebung verzahnt

Der in großen Teilen zweigeschossige Baukörper stellt das Geschehen im Innenraum über großflächige Glasfassaden bewusst nach außen dar. Nutzungsbezogen werden individuelle Gebäudeteile über die Kubatur definiert und damit eine Verzahnung mit der Landschaft erzeugt.

Das Erdgeschoss nimmt alle Funktionen des Bades, der Sauna und der Verwaltung auf, während das Obergeschoss neben dem Luftraum der Badehalle, Erweiterungsflächen für die Sauna, einen Fitnessbereich und Räumlichkeiten für die Lüftungszentrale bietet. Der Keller dient allein der technischen Versorgung der Anlage. Die Innenraumgestaltung ist geprägt durch helle Räume mit wenig dunklen Farbakzenten. Das gewählte Farbspiel ist der Natur entnommen. So dienten im Saunabereich z.B. Birkenwald, Torfstapel und Geysir als Ideengeber, während im Schwimmbad starke farbliche Kontraste dominieren.

Entspannung und Erlebnis unter einem Dach

Das funktionale Bad vereint die Themenbereiche Schwimmen, Fitness und Sauna, die durch ein gastronomisches Angebot abgerundet werden. Insgesamt acht Schwimmbecken mit einer Gesamtwasserfläche von rund 1.500 m2 stehen Badegästen zur Verfügung. Neben einem 25 m-Sportbecken mit Sprungturm sorgen ein Naturbad, ein ganzjährig beheiztes Außenbecken und eine 70 m lange Röhrenrutsche für Abwechslung. Über das großzügige Foyer betreten die Badegäste das Sport- und Erlebnisbad. Mit Empfangstresen, dem gastronomischen Bereich, Wert- und Helmfächern dient es als Umschlagplatz und Orientierungspunkt für alle Besuchergruppen und leitet direkt in die Umkleiden über. Diese wurden als Mischsystem für Sauna- und Badegäste konzipiert und bieten sowohl Sammel-, Einzel- als auch Wechselumkleiden. Barrierefreie Umkleiden wurden mit dem Gedanken der Inklusion bewusst integriert, werden aber dennoch den speziellen Bedürfnissen dieser Gästegruppe gerecht. Von den Umkleiden gelangen die Badegäste in den Schwimmbadbereich. Das Sportschwimmbecken mit sechs Bahnen, Sprungturm und Sprungbrett bietet anspruchsvollen Sport- und Wettkampfschwimmern ideale Bedingungen zum „Bahnenziehen“ und ist für Wettkämpfe geeignet. Ein Kleinkinderbereich und das Nichtschwimmer- und Familienbecken stellen geschützten Raum für Familien mit Kindern dar. Ein zusätzliches Kursbecken steht für Aquaaerobic und Wassergymnastik zur Verfügung.

Sauberes Wasser ohne Chemie

Der Outdoorbereich mit Ganzjahresaußenbecken und Freibad wird über eine großzügige Terrasse erschlossen. Weiter im Süden des Geländes befindet sich, umgeben von vielfältigen Aufenthalts-, Liege-, Sport- und Regenerationsflächen, der Naturbadeteich. Dieser zeichnet sich durch ein ökologisches Filtersystem aus und kommt vollständig ohne Chemie aus. Die Filterung des Wassers erfolgt durch Pflanzen und Gesteine. Das kleine Ökosystem des Badesees ist vollständig in der Lage, Bakterien oder Keime, die in das Wasser gelangen, abzubauen. Durch die ständige Kontrolle der Wassertemperatur, Sauerstoffsättigung und des pH-Wertes wird eine hohe Wasserqualität gewährleistet. Monatlich werden außerdem Werte, wie Nitrat, Phosphor und der Härtegrad des Wassers gemessen.

Auch das Freibad wird als Strandbad mit biologischer Wasseraufbereitung betrieben. Über rundum angeordnete Skimmer wird das abgebadete Wasser abgezogen und in einem Rohwasserpumpschacht gesammelt. Von hier aus wird dieses über Pumpen dem beregneten Bodenfilter zugeführt. Im Bodenfilter passiert das Wasser die mit Biofilm bewachsenen Kornoberflächen. Abbaubare organische Stoffe werden von den Mikroorganismen im Biofilm verstoffwechselt und entweder in Form von Biomasse eingelagert oder als Abbauprodukt in Form von CO2, CH4 oder N2 ausgegast. Während der Filterung werden ca. 90 % aller im Wasser befindlichen Keime eliminiert. Die noch im Rücklauf des Reinwassers vorhandenen gelösten Nährstoffe werden in einem Teilstrom über Phosphatabsorbergranulat zu 50 % vernichtet. Das Rücklaufwasser dieses Absorbers wird erneut dem beregneten Bodenfilter zur Hygienisierung zugeführt.

Entspannung garantiert

Der Saunabereich wird von Besuchern über die Badehalle erschlossen. Um die Saunaterrasse gruppieren sich der Vorreinigungsbereich, die Innensaunen und der Abkühlbereich. Auch der Ruhebereich, die Gastronomie und der Zugang zu Schwitz- und Abkühlangeboten im Außenraum sind an die Terrasse angeschlossen. Dabei gehen introvertierte Rückzugs- und Ruhebereiche fließend in den kommunikativen Gastronomiebereich über. Sowohl der Saunabereich als auch das Ruhe- und Erlebnisangebot können sukzessive erweitert werden, falls dies aufgrund steigender Besucherzahlen gewünscht ist.

Individuelles Gastronomieangebot

Im Nordwesten des Bades befindet sich der Verwaltungsbereich, der direkt an den Betriebshof angeschlossen wurde. Von hier aus wird auf kurzem Wege der zentral und kompakt angeordnete Küchentrakt ver- und entsorgt. Die Küche ist auf die Produktion eines hohen Anteils an frischen Produkten ausgerichtet. Die Ausgabe stellt eine Kombination aus „Free-Flow“, Selbstbedienungs- und Bediengastronomie dar. Die Ausgabe erfolgt gleichzeitig in der Eingangshalle, der Schwimmhalle sowie in der Sauna. Auf diese Weise werden Synergieeffekte genutzt. Ein Kiosk als „Satellit“ bedient den Freibadbetrieb.

Die Wasseraufbereitung des Schwimmbades erfolgt lastabhängig. Als Eingangsgrößen für die Last-Ermittlung dienen die Wassertrübung und die Wassertemperatur. Die Betriebsdaten werden automatisch gespeichert und regelmäßig vom Betriebsserver gesichert und archiviert. Auf diese Weise wird eine besonders hohe Betriebssicherheit gewährleistet. Mit einer Wasserfläche von 80 m2 ist der Saunabereich deutlich kleiner. Das Wasser wird in diesem Bereich durch den Wasserabzug durch eine Kiesschüttung mit den gleichen biochemischen Prozessen gereinigt, wie das Wasser im Schwimmbad. Über Skimmer wird hier zusätzlich das verdreckte Oberflächenwasser abgezogen.

Energetisch nachhaltig

Die Wärmeerzeugung für das neue Kombibad erfolgt mit Hilfe eines Gas-Brennwertkessels in Kombination mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk. Dabei stellt das BHKW einen essentiellen Teil der Wärmeerzeugung zur Erfüllung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes dar. Das BHKW erreicht einen Deckungsanteil der benötigten Wärme von rund 60 %, so dass das EEWärmeG erfüllt wird. Damit auch im Teillastbetrieb bei geringerer Wärme-Abnahme eine ausreichende Laufzeit des BHKW-Moduls gewährleistet werden kann, wurden zwei Pufferspeicher mit einem Volumen von jeweils 6.000 l eingesetzt. Die Abdeckung der Spitzenlast erfolgt über einen Brennwertkessel mit modulierend arbeitendem Gas-Gebläsebrenner. Dabei werden das BHKW und der Brennwertkessel in Reihe geschaltet. Kann das BHKW die vom Verteilnetz bzw. die von den Wärmeverbrauchern geforderte Vorlauftemperatur nicht aufrechterhalten, wird das Vorlaufwasser zur Nacherwärmung durch den Brennwertkessel geleitet, ansonsten wird das vom BHKW aufgeheizte Vorlaufwasser mittels Umschaltventil um den Kessel herumgeleitet. Weiterhin wird die zur Kühlung der Saunafußböden entzogene Wärmeenergie zur Vorerwärmung des Außenbeckens genutzt.

Effizientes Lüftungssystem senkt Betriebskosten

Aufgrund des erhöhten Strom- und Wärmebedarfs bestimmen raumlufttechnische Anlagen in der Regel die Höhe der Kosten in einem Schwimmbad. Um sowohl die Luftmengen als auch die Anordnung der Zu- und Abluftdurchlässe zu optimieren, wurde mit Beginn der Planung eine Raumluftströmungssimulation durchgeführt. Das Ergebnis ist ein hocheffizientes Lüftungssystem, das Kosten einspart. So werden die unterschiedlichen Badebereiche in der Badehalle durch individuell an die Nutzungsarten angepasste Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bedient. Je nach Nutzungsbereich wird eine Wärmerückgewinnung von 75 bis 80 % erzielt. Die Abwärme der verbrauchten Luft wird anschließend genutzt, um im Winter frische Luft aufzuwärmen und im Sommer abzukühlen. Im Vergleich zum alten Hallenbad Lindenstraße spart das „Balneon“ auf diese Weise rund 30 % an Energie ein. Während des Badbetriebs arbeiten die zwei Zu- und Abluftgeräte für den Badebereich mit einem Volumenstrom von jeweils bis zu 24.600 m3/h und einem Außenluftanteil von 100 %. Dabei wird der Volumenstrom in Abhängigkeit der Abluftfeuchtigkeit geregelt. Wenn im Ruhebetrieb die Verdunstung, aufgrund der nicht mehr vorhandenen Bewegung der Oberfläche, deutlich geringer ist, kann der Volumenstrom auf minimal 8.000 m3 pro Gerät reduziert werden. Durch die gezielte Regelung der Volumenströme lässt sich die Stromaufnahme der Zuluft- und Abluftventilatoren im Jahresdurchschnitt deutlich reduzieren.

Effiziente Wärmerückgewinnung

Die Zuluftverteilung für die Schwimmhalle erfolgt über Lüftungskanäle, die in der abgehängten Decke oder sichtbar zwischen den Dachträgern geführt werden. Angeschlossene Drallauslässe, die über die gesamte Decke verteilt sind, blasen die Zuluft von der Zwischendecke in den Aufenthaltsraum ein. Die Luftmenge pro Drallauslass wird so geregelt, dass die Luft bis knapp über die Wasseroberfläche geblasen wird. Auf diese Weise wird die gesamte Halle durchspült ohne, dass Badegäste Zugerscheinungen spüren. Um auch im Ruhebetrieb eine optimale Wurfweite der Drallauslässe zu erreichen, können einzelne Zuluftkanäle über motorische Klappen verschlossen werden. Entlang der Wände in der Decke angeordnet, befinden sich Schattenfugen, über die die Abluft abgesaugt, in die Zwischendecke eingeführt und schließlich an der Wand zum Technikraum abgeführt wird. Um im Eltern-Kind-Bereich eine behagliche Atmosphäre zu gewährleisten, besteht hier die Möglichkeit, die Zuluft über ein Nachheizregister nach zu erwärmen. Die Zu- und Abluftanlage für das Kursbecken arbeitet mit einem Volumenstrom von bis zu 8.600 m3/h. Dabei wird die Luftmenge in Abhängigkeit der Abluftfeuchtigkeit geregelt. Im Bereich der Umkleiden und Duschen wird die Abluft der Umkleiden effizient genutzt und den Duschbereichen als Zuluft zugeführt. Die nur gering belastete Abluft aus den Umkleiden dient zum Abtransport der Luftfeuchtigkeit aus den Duschen und wird auf diese Weise sinnvoll ein zweites Mal genutzt.

Die pbr Planungsbüro Rohling AG

(//www.pbr.de" target="_blank" >www.pbr.de:www.pbr.de), die als Architektur- und Ingenieurbüro mit über 450 Mitarbeitern alle wesentlichen Bauplandienstleistungen erbringt, ist an elf Standorten bundesweit niedergelassen. Schwerpunkte hat das Büro u. a. in der Planung von Gebäuden für Sport und Freizeit. In diesem Bereich erbrachte pbr beispielsweise die Gesamtplanung für den Neubau des Schwimmbads Solevital in Bad Laer. Derzeit realisiert pbr das Sport- und Freizeitbad in Kiel.

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