Warum gerade Baustäube so gefährlich sind

Wie Baustaub entsteht und wie man sich schützen kann

Baustaub ist nicht nur ein nerviger Begleiter des Handwerkeralltags, sondern kann sehr gefährlich werden. Florian Tiemann, technischer Berater Gebäudeschadstoffe und Feinstäube der deconta GmbH erklärt in seinem Artikel, welche Staubarten es gibt, warum diese so gefährlich sein können, und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um sich gegen Baustäube aller Art zu schützen.

Baustäube sind eine Zusammenfassung aller Staubarten, die bei mechanischer Bearbeitung von Oberflächen verschiedenster Materialen freigesetzt werden. Das kann durch Bohren, Stemmen, Schleifen oder Fräsen erfolgen.
Quelle: Florian L. Tiemann

Baustäube sind eine Zusammenfassung aller Staubarten, die bei mechanischer Bearbeitung von Oberflächen verschiedenster Materialen freigesetzt werden. Das kann durch Bohren, Stemmen, Schleifen oder Fräsen erfolgen.
Quelle: Florian L. Tiemann
Baustäube sind eine Zusammenfassung aller Staubarten, die bei Arbeiten in der Baubranche entstehen können. Sie bestehen aus einem Gemisch aus Luft, Partikeln und ggf. auch Fasern. Diese werden bei mechanischer Bearbeitung von Oberflächen verschiedenster Materialen freigesetzt. Das kann durch Bohren, Stemmen, Schleifen oder Fräsen erfolgen. Die Bestandteile des Staubgemisches unterscheiden sich ja nach Teilchengröße, -form, biologisch-toxischen und physikalischen Eigenschaften.

Unterteilt werden die Stäube in drei Kategorien:

einatembare Stäube (E-Stäube):
Mit einer Partikelgröße ≤ 100 µm (Mikrometer) können diese Stäube über Nase und Mund eingeatmet werden. Üblicherweise sind dies Stäube die gut sichtbar sind.

alveolengängige Stäube (A-Stäube):
Mit einer Partikelgröße ≤ 5 µm (Mikrometer) können diese Stäube bis in die Lungenbläschen, die sogenannten Alveolen vordringen. i.d.R entstehen diese Stäube durch mechanische Bearbeitung.

ultrafeine Stäube (U-Staub):
Mit einer Partikelgröße ≤ 100 nm (Nanometer) werden sie auch als Nanopartikel bezeichnet. Ultrafeine Staubteilchen sind enthalten in z.B. Schweißrauchen, Polymerrauchen, technischen Ruße oder Dieselmotoremissionen. Aber auch bei Nanotechnologie die unter anderem bei Lacken, Beschichtungen und Anstrichen zum Einsatz kommen.

Bei den überwiegenden Baustäuben handelt es sich um mineralische Stäube, das sind insbesondere bei der Gewinnung, Be- oder Verarbeitung natürlich vorkommender Mineralien und Gesteine (z. B. Granit, Basalt, Diabas, Kalkstein) entstehen. Eine chronisch schädigende Wirkung kann z. B. Quarzfeinstaub entfalten. Quarzfeinstaub bezeichnet die lungengängige (alveolengängige) A-Staubfraktion des kristallinen Siliziumdioxids (SiO2). Beispiele für besonders quarzhaltige Gesteine sind Sandstein mit < 50 Massen-%, Granit mit 10-35 Massen-%, Kalkstein mit bis zu 10 Massen-%, Ton mit 30-40 Massen-% und Porzellanmasse mit 8-12 Massen-%. Eine dauerhafte hohe Belastung quarzhaltiger Baustäube kann über einen längeren Zeitraum Erkrankungen wie chronische Bronchitis, Staublungenkrankheiten (Silikose, Asbestose u.a.) oder Lungenkrebs hervorrufen.

Mit Inkrafttreten der Gefahrstoffverordnung von 2005 wurde ein Grenzwertkonzept eingeführt, welches auf Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) für eine 8-stündige Arbeitsschichten beruht. Die geltenden AGW sind in der technischen Regel für Gefahrstoffe 900 (kurz TRGS 900) zusammengestellt. Es erfolgte eine Begrenzung der zulässigen Aufnahmedosis für A-Stäube auf 1,25 mg/m³ und für E-Stäube auf 10 mg/m³ (s.h. Abs. 2.4, TRGS 900). Für die U-Stäube liegen noch keine Grenzwerte vor da noch fundierte medizinische Erkenntnisse fehlen.

Schutz gegen Baustaub

Beachtet man jedoch wenige Regeln kann eine Staubbelastung effektiv verringert werden. Mit staubarmen Arbeitsverfahren und Maschinen z.B. mit Absaugung, Nassbearbeitung und geringer Umfüllhöhe beim Leeren von Sackware wird die Staubungsquelle geringer. Nach Möglichkeit ist die Verwendung von staubenden Materialien zu reduzieren oder durch nicht staubende zu ersetzen. Absaugen von Stäuben an der Entstehungsstelle. Möglichst mit abgeschotteten Bereichen oder in geschlossenen Anlagen arbeiten. In den Arbeitsräumen für ausreichend Lüftung sorgen, ggf. unter Verwendung einer technischen Lüftung. Abfälle möglichst sofort staubfrei entsorgen, unter Einsatz von Industriestaubsaugern. Keine Besen verwenden! Durch das Fegen werden die Stäube erneut aufgewirbelt und können bis zu 8 Std. in der Raumluft schweben bis sie wieder auf Oberflächen zum Liegen kommen.

Vor der Aufnahme der geplanten Tätigkeiten ist unbedingt eine Gefährdungs­beurteilung durchzuführen und seitens des Veranlassers ein Nachweis über die Gefahrstofffreiheit im Arbeitsbereich einzufordern.
Quelle: Florian L. Tiemann

Vor der Aufnahme der geplanten Tätigkeiten ist unbedingt eine Gefährdungs­beurteilung durchzuführen und seitens des Veranlassers ein Nachweis über die Gefahrstofffreiheit im Arbeitsbereich einzufordern.
Quelle: Florian L. Tiemann
Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen die zuvor genannten Maßnahmen nicht realisieren, sind persönliche Schutzausrüstungen gemäß Anlage 3 der technischen Regel für Gefahrstoffe 559 „Quarzhaltiger Staub“ (kurz: TRGS 559) zu benutzen. In der Regel sind Halbmasken mit Partikelfilter der Kategorie P2 oder filtrierende Halbmasken FFP2 ausreichend.

Liegen jedoch Kombinationen von quarzhaltigen Stäuben mit anderen Gefahrstoffen vor, wie z.B. durch PCB-haltige Anstriche/Lacke, asbesthaltige Putz-/ Spachtelmassen und Fliesenkleber, Blei- und/oder Chrom-VI-haltige Korrosions­beschichtungen, etc. werden weitere zum Teil deutlich umfangreichere Schutzmaßnahmen und sogar besondere Sach- und Fachkenntnisse des Personals erforderlich. Bei vorhanden sein wasserlöslicher Substanzen muss auch eine geeignete Wasserfiltrierung geplant werden. Ergänzende technische Regeln für zusätzlich vorhandene Gefahrstoffe können dann die TRGS 519 (Asbest), TRGS 521 (alte künstliche Mineralfasern), TRGS 524 (PCB, etc.), TRGS 527 (Nanomaterialien), TRGS 551 (Teer), TRGS 559 (Blei), etc. sein.

Vor der Aufnahme der geplanten Tätigkeiten ist daher unbedingt eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und seitens des Veranlassers ein Nachweis über die Gefahrstofffreiheit im Arbeitsbereich einzufordern. Ist dies nicht vorhanden sind Schadstoff¬gutachter für eine sachkundige Beurteilung der Gefahrstoffsituation einzubinden. Dieser kann dann auch die entsprechenden Schutzmaßnahmen im Detail definieren.

Erfahrungsgemäß sind persönliche und technische Schutzmaßnahmen unumgänglich. Ausführende Unternehmen des Bauen im Bestand können bei der Anschaffung dieser Schutzmaßnahmen durch die Bauberufsgenossenschaft bezuschusst werden. Die BG Bau bietet dabei zahlreiche staubmindernde Techniken wie etwa Abbruchhammer und andere Handgeräte mit Absaugung, Entstauber, Luftreiniger, Staubschutztüren und 1-Kammer-Schleusen.

Dies können Maßnahmen gegen diverse Stäube sein um sich selbst, Dritte und die Umwelt ausreichend vor gefährlichen Substanzen zu schützen.

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