Gefahr fürs Handwerk

Problemkind Heizungswasser

Von der Brisanz der korrekten Befüllung

Durch den Winter rückt ein Thema wieder besonders in den Fokus des Fachhandwerks: die optimale Wärmeversorgung des Kundens. Die Planung, Wahl und der Einbau der bestmöglichen Technik für das jeweilige Objekt hat jedoch ihre Tücken. Denn: Gerade im Heizungsanlagenbau steckt der Teufel oft im Detail! Auch wenn neue Anlagen samt Garantieversprechen geliefert werden, bedeutet dies nicht automatisch Sicherheit für Installateur und Kunde. Korrekte Befüllung und Aufbereitung des Heizungswassers werden häufig unterschätzt. Wird Kleingedrucktes nicht beachtet oder übersehen, kann dies Fachhandwerkspartner schnell teuer zu stehen kommen. 

Früher erschien so einiges leichter – auch die Befüllung oder Nachspeisung einer Heizungsanlage. Man schloss einfach einen Füllschlauch an die Trinkwasseranlage an, öffnete das Zapfventil und drehte es nach Erreichen des Anlagendrucks wieder ab. Aufbereitung des Heizungswassers? Fehlanzeige. Heute sind die hieraus resultierenden Folgen jedoch weitreichend bekannt: Falsche Wasserwerte in Verbindung mit den hohen Temperaturen des Heizvorgangs verursachen Probleme. Steinbildung verschlechtert den Wärmeübergang und begünstigt Überhitzung. Rohrleitungen, Pumpen und Armaturen verschlammen. Kalkabscheidung und Kalkablagerung fordern bei verringerter Wärmeabgabe einen höheren Energieaufwand. Und zu guter Letzt droht auch noch der Komplettausfall des Systems durch Schäden an Wärmetauschern und Heizkörpern. Die Kosten, die hier verursacht werden, stehen in keinem Verhältnis zu einer vernünftigen Heizungswasserbehandlung. Spätestens an diesem Punkt müssen Fachhandwerker hellhörig werden: Sollten sie sich bei der Befüllung nicht an die Vorgaben des Kesselherstellers gehalten haben, kann der Schaden unglücklicherweise auf sie zurückfallen! Denn: Viele Kessel- und Gerätehersteller fordern in ihren Garantiebestimmungen eine Wasserqualität nach der VDI 2035, die regelt, dass bestimmte Heizungsanlagen nur noch mit entsprechend enthärtetem oder entsalztem Wasser befüllt werden dürfen. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben erwarten den Fachhandwerker meist hohe Verluste: Neben rein wirtschaftlichen Aspekten wie hohen Reparatur-, Austausch- und Montagekosten kann besonders der erlittene Imageschaden nachhaltige Folgen für sein Unternehmen haben.

Mit der Analyse beginnt alles

Maßgeblich für die Entscheidung, ob und inwiefern das Wasser für die jeweilige Anlage aufbereitet werden muss, ist die Höhe der regionalen Wasserhärte. Die­se teilt das örtliche Wasserversorgungsunternehmen mit oder lässt sich einfach mit dem Gesamthärtemessbesteck bestimmen. Hartes Wasser unterscheidet sich von weichem darin, dass viele Salze des Calciums und Magnesiums gelöst sind. Im erwärmten Heizungswasser, das dann ständig im Kreislauf gefördert wird, bilden diese Mineralien Ablagerungen; so entsteht der gefürchtete Kesselstein aus Kalk. Weiches Wasser hingegen ist arm an Mineralien und enthält nur wenig Härte.

Neben dem Härtegrad wird nach VDI 2035 Blatt 1 die Gesamtheizleistung und das Anlagenvolumen benötigt, um den Grenzwert für Enthärtungsmaßnahmen zu bestimmen. So sind schon bei einer 20 kW-Therme Maßnahmen nötig, wenn die Wasserhärte 16,8 ° dH überschreitet.
Grundsätzlich bestehen mehrere Möglichkeiten, eine Anlage zu fahren. In der Praxis wählt man zumeist zwischen salzhaltiger oder salzfreier Arbeitsweise. Das Unterscheidungskriterium hierbei ist die elektrische Leitfähigkeit des Wassers, sie bildet das Maß für den Gesamtsalzgehalt und lässt sich unkompliziert über elektronisch arbeitende Leitfähigkeitsmessbestecke feststellen. Um die jeweilige Fahrweise zu gewährleisten, bieten Hersteller spezielle Enthärtungs- und (Voll-)Entsalzungsarmaturen.

Enthärtung mittels Ionentausch

Für eine salzhaltige Fahrweise bietet sich das Enthärtungsverfahren an. Die Wasserhärte kann dabei über eine Verschneideeinrichtung individuell eingestellt werden. Salzgehalt und Leitfähigkeit bleiben erhalten, der pH-Wert verändert sich kaum. Die Armaturen arbeiten nach dem Ionenaustausch-Prinzip und ohne Zugabe von Inhibitoren. Mithilfe eines chemischen Verfahrens werden die im Trinkwasser mitgeführten Härtebildner dauerhaft aus dem Wasser entfernt und gegen Natrium-Ionen ausgetauscht. Besonders praktisch für den Fachhandwerksprofi zeigt sich das Wartungsverfahren: Hier muss lediglich die für den Aufbereitungsprozess notwendige Harzpatrone ausgewechselt werden. Sie kann fast unbegrenzt oft aufbereitet werden. Je nach Anbieter erfolgt diese so genannte Regeneration, das heißt das Auswaschen des Austauscherharzes bei Erreichen der Aufnahmekapazität, durch den Produkthersteller oder direkt in der Werkstatt des Handwerkers.


Salzfreie Fahrweise als verlässliche Vorsorge

Entsalzungspatronen hingegen entfernen alle Salze aus dem Füllwasser und tauschen nicht, wie bei der Enthärtung, nur die Härtebildner Calcium und Magnesium gegen Natrium aus. Auch sie arbeiten nach dem Ionenaustausch-Prinzip über einen Mischbettkartusche. Die Wasserhärte wird auf etwa 0 °dH herabgesetzt. Darüber hinaus wird während des Prozesses die elektrische Leitfähigkeit des Heizmediums auf weniger als 100 µs/ cm reduziert. So sinkt die Gefahr von Korrosionsvorgängen erheblich, denn die niedrige Wasserleitfähigkeit behindert die mögliche Sauerstoffkorrosion. Die Bildung von Schlämmen aus Korrosionsprodukten geht auf ein Minimum zurück. Bei der Vollentsalzung wird dem Wasser das Hydrogenkarbonat entzogen. Das macht diese Aufbereitungsart besonders interessant für Anlagen mit Aluminiumbauteilen im Heizkreislauf, da die Gefahr der sogenannten Selbstalkalisierung sinkt.

Denn: Ungeeignete pH-Werte zerstören schnell das Aluminium durch Basenkorrosion. Dieses Phänomen kann nicht auftreten, wenn durch eine Entsalzung die Karbonathärte vorher entfernt wird. Je nach Kesselhersteller sind jedoch unterschiedliche Werte gefordert, weshalb unter Umständen eine Anhebung des pH-Wertes nötig wird. Hierfür sorgen spezielle Adapter, die eine individuelle Einstellung möglich machen und bei den Herstellern zusammen mit den Vollentsalzungskartuschen bestellt werden können.
Allgemein wird eine salzfreie Fahrweise eher selten bei Großanlagen eingesetzt, da hier der Aufwand der Wasseraufbereitung verhältnismäßig weite Dimensionen einnimmt.

 
Über Heizungswasseraufbereitung informieren

So unterschiedlich die beiden Varianten auch arbeiten, ist ihnen doch eines gemeinsam: ihre feste Installation vor der Heizungsanlage. Sie sichern vor bösen Überraschungen. Denn: Selbst wenn der Fachmann sämtliche Anforderungen von Kesselhersteller und VDI beachtet und die Montage und Befüllung normgerecht umsetzt, lässt sich nicht garantieren, dass das Heizungswasser den Konditionszustand auch behält.

Nicht selten kommt es vor, dass uninformierte Hausbesitzer eigenständig an ihrem Heizsystem tätig werden, Wasser ablassen und es später mit unaufbereitetem Leitungswasser nachfüllen. So ergibt sich eine veränderte Wasserzusammensetzung mit möglicherweise viel zu hohem Härtegrad, die bis zum Ausfall und Totalschaden des Systems führen kann. Eine fest vor die Heizungsanlage montierte Aufbereitungsarmatur bannt diese Gefahr, weshalb Fachhandwerkspartner niemals darauf verzichten sollten, die Bedeutung von Heizungswasseraufbereitung ihren Kunden eindringlich zu erläutern. Dennoch spekulieren viele darauf, von Großschäden verschont zu bleiben und ziehen einen Verzicht der Armaturen in Erwägung. Hier helfen häufig Argumente in Richtung Effizienz und Nachhaltigkeit. Heizungswasseraufbereitung bringt auch kurz- bis mittelfristig positive Ergebnisse in punkto Energieeinsparung mit sich. Die­se machen sich schnell im Portmonee des Kunden bemerkbar. Zahlen, die für sich sprechen: Nur 1 mm Kalkbelag auf der Kesselwand verursacht einen höheren Energieaufwand von rund 10 %! Bei einer jährlichen Heizkostenabrechnung von 1000 € rechnet sich der Einsatz von Enthärtung oder Entsalzung daher schnell.

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