Planen – berechnen – optimieren

Softwarelösungen für Trinkwassersysteme

Trinkwasserinstallationen müssen gemäß DIN 1988-300 exakt berechnet werden. Bei dem Berechnungsverfahren müssen jedoch viele Zusammenhänge und Abhängigkeiten berücksichtigt werden. Planungsprogramme können helfen, Trinkwassersysteme richtig auszulegen. Wie Trinkwassernetze geplant werden müssen und welche Programme hilfreich sind, lesen Sie im vorliegenden Beitrag.

Trinkwasser ist ein Lebensmittel. Deshalb müssen Installationen, die es bis zu den Zapfstellen transportieren, besonders sorgfältig ausgelegt werden. Die seit Mai 2012 geltende DIN 1988-300 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (Teil 300): Ermittlung der Rohrdurchmesser“ zielt darauf ab, kleinstmögliche Innendurchmesser zu verwenden, zugleich aber Mindestdurchflüsse an allen Entnahmestellen sicherzustellen. Dadurch sollen Überdimensionierungen und daraus resultierende Mehrkosten sowie Hygieneprobleme vermieden werden. Gegenüber der vereinfachten Bemessung nach DIN EN 806-3 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen, Teil 3: Berechnung der Rohrinnendurchmesser – Vereinfachtes Verfahren“, die nur für Objekte mit maximal sechs Wohneinheiten und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, erfasst die DIN 1988-300 alle Einflussfaktoren deutlich präziser und detaillierter. Die auf der „alten“ DIN 1988, Teil 3 basierenden Berechnungsregeln für Verbrauchs- und Zirkulationsleitungen wurden dabei modifiziert und an aktuelle Vorgaben angepasst. Zu einer exakteren Dimensionierung trägt insbesondere die Berücksichtigung herstellerbezogener Widerstandsbeiwerte (Zeta-Werte) bei. Da zudem Berechnungsdurchflüsse und Gleichzeitigkeiten verringert wurden, lässt sich die Nennweite von Rohrleitungen so bemessen, dass mit möglichst wenig Wasservolumen ein gewünschter Versorgungskomfort in Ein- und Mehrfamilienhäusern, Hotels, Krankenhäusern, Schulen, Verwaltungsgebäuden, Gewerbe- und Industrieanlagen etc. erzielt wird. Aufgrund der bedarfsgerechten Nennweitenbemessung werden auch Material und Kosten eingespart. Die neue DIN 1988-300 und darauf basierende Software bilden damit die Grundlage für eine hydraulische, hygienische, energetische und wirtschaftliche Rohrleitungs-Optimierung.

Planung

Prinzipiell lassen sich Trinkwassernetze auch mit Taschenrechner und Tabellen berechnen. Das manuelle Verfahren ist aber bei komplexen Netzen derart zeitaufwendig, dass aus wirtschaftlichen Gründen nur eine softwaregestützte Berechnung in Frage kommt. Nahezu alle Programme offerieren inzwischen eine Trinkwassernetz-Berechnung gemäß den Vorgaben der DIN 1988-300, inklusive Berücksichtigung des DVGW Arbeitsblattes W 551 „Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen“ sowie W 553 „Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen“. Die Planung erfolgt in der Regel auf Grundlage von per DXF- oder DWG-Schnittstelle eingelesener Architektenpläne. In diese werden per Drag-and-Drop die Verbrauchersymbole eingefügt, so dass schrittweise ein Installationsplan entsteht. Dazu werden die Objekte aus einer Bibliothek ausgewählt und unter Berücksichtigung der korrekten Abstände positioniert, wobei die Sanitärbauteile sowohl mit herstellerspezifischen als auch mit eigenen Berechnungs- und Anschlusswerten versehen werden können. Auf die gleiche Weise werden Strangschemapläne erstellt, die Installationsobjekte werden automatisch an die Leitungstrassen angebunden. Die Trassenführung wird mit einer Polylinie vorgegeben, die Leitungen daraufhin automatisch generiert und parallel die Leitungslängen ermittelt. Werden neue Verbrauchersymbole eingefügt oder bestehende verändert, passt sich die Leitungsführung selbständig an. Anlagenteile lassen sich kopieren und werden an der neuen Position automatisch an das Hauptleitungsnetz angebunden. Das reduziert den Nachbearbeitungsaufwand bei Änderungen erheblich. Änderungen innerhalb der Berechnung werden automatisch von der Zeichnung übernommen. So sind Rohrmaterial-Änderungen oder Anpassungen des Durchmessers per Mausklick realisierbar. Da im Geschosswohnungsbau die Anordnung der Verbraucher auf den Etagen meist identisch ist, lassen sich einmal definierte Einheiten mehrfach kopieren. Wird in einem Bestandsgebäude ein vorhandenes Trinkwassernetz erweitert und sollen Rohrleitungsabschnitte weiter genutzt werden, ist auch eine Eingabe feststehender Nennweiten von Teilstrecken möglich.

Berechnung

Berechnen lassen sich Trinkwasseranlagen meist entweder aus dem Grundriss oder dem Leitungsschema heraus. Teilweise ist auch eine tabellarische Berechnung möglich, so dass man zwischen grafischer Berechnung und klassischer Rechenmethode wählen kann. Bei der hydraulischen Berechnung werden aus den Sanitäreinrichtungen die jeweiligen Durchflusswerte und der minimalen Fließdruck übernommen und unter Berücksichtigung von Gleichzeitigkeitsfaktoren der Berechnungs-, Dauer- und Spitzendurchfluss nach DIN 1988-300 ermittelt. Die Trinkwasserleitungen aus Stahl, Kupfer, Kunststoff etc. werden nach vorgegebener maximaler Geschwindigkeit und maximalem R-Wert dimensioniert. Rohr-, Formteil- und Ventildatensätze diverser Hersteller sind vorhanden und können individuell ergänzt werden. Ermittelt wird der Gesamtdruckverlust, der maximale Einzeldruckverlust, Daten für Druckminderer und Druckerhöhungsanlagen sowie die ungünstigsten Stränge für Kalt- und Warmwasser sowie Zirkulation. Ferner werden alle notwendigen Durchflüsse der Zirkulationsleitungen, der Temperaturverlauf, die Einstellung der Zirkulationsventile berechnet und die 3-Liter Regel gemäß DGWV-Arbeitsblatt 551 überprüft. Etwaige Problemstellen werden in der Zeichnung angezeigt, was eine aufwendige Fehlersuche erspart. Die Berechnung erfolgt etagenweise oder für das gesamte Gebäude einschließlich Steigleitungen bis zum Hausanschluss. Stränge und Etagen können beliebig ausgewählt bzw. kombiniert werden. Eine Definition von Nutzungskurven ist teilweise ebenso möglich wie eine Zuweisung individueller Gleichzeitigkeitsfaktoren für Teilstrecken bei Sonderbauten. Die Zirkulationsberechnung berücksichtigt den Beimischgrad, der das Wasservolumen insbesondere bei Großanlagen erheblich minimiert. Auch der Wärmeverlust über die Rohrleitungsoberflächen wird berücksichtigt und die Leitung mit einer entsprechenden Isolierung ausgestattet. Die hydraulische Einregulierung und Inbetriebnahme des Leitungssystems wird ebenfalls unterstützt: Dabei werden Einstell- und Regulierwerte von thermostatischen oder statischen Zirkulationsventilen ermittelt und angezeigt.

Optimierung

Neben der Leitungsberechnung ist auch eine Optimierung von Rohrleitungsführungen möglich: So kann man etwa die übliche, aus trinkwasserhygienischen Gründen problematische T-Stück-Installation mit Stichleitungen mit wenigen Mausklicks in durchgeschleifte Reihen- oder Ringleitungen überführen. Auch die Festlegung von Nutzungseinheiten (Bad, Küche, Hausarbeitsraum etc.) ist möglich, um die Installation weiter zu optimieren.

Als Ergebnis erhält man ein qualifiziertes Strangschema mit allen entscheidenden Angaben – vom eingesetzten Rohrmaterial mit entsprechender Nennweite – bis hin zum Mindestfließdruck an jeder Entnahmestelle. Damit lässt sich die Wirtschaftlichkeit und Betriebssicherheit der Trinkwasserinstallation sowie die Versorgungssicherheit an den Zapfstellen dokumentieren. Aus dem Schemaplan generierte Stücklisten bieten für ausführende Betriebe Sicherheit bei der Angebotskalkulation und Bestellung. Das ermittelte Material kann per UGS-Schnittstelle in ein Kalkulationsprogramm übernommen werden. Teilweise werden auch Montagepläne ausgegeben. Letzteres ist insbesondere bei speziellen Modulen für die Detailplanung von Sanitärwänden oder Nasszellen der Fall: Aus einem 3D-Modell werden 2D-Grundrisse, Aufrisse sowie detaillierte Stück-, Zuschnitts- und Preislisten sowie Montagepläne abgeleitet - inklusive aller Montageelemente. Per DXF- oder DWG-Schnittstelle können die Berechnungsdaten in beliebigen CAD-Systemen weiterverwendet werden. Direkte Schnittstellen zu einzelnen CAD-Systemen (z.B. AutoCAD MEP, DDS-CAD, TriCAD etc.) vereinfachen dabei die Übergabe und beugen Informationsverlusten beim Datenaustausch vor. Die Berechnungsergebnisse können ausgedruckt oder als PDF-Datei ausgegeben werden. Aus den berechneten Abschnitten können alle Leitungen, getrennt nach Leitungsarten, in Excel- oder ASCII-Formate übergeben werden. Eindeutig und nachvollziehbar werden die Bauteile durch eine Beschriftung mit Raum- und Objektnummern. Alle Beschriftungen sind assoziativ, so dass sich Änderungen in der Berechnung sofort in die Zeichnung übertragen.

Programmübersicht

Programme für die druckverlustoptimierte Auslegung von Trinkwassernetzen gibt es einige. Produktspezifische Berechnungsprogramme (z.B. Geberit ProPlanner, Viega Viptool Engineering, Viessmann Vitodesk 200 SmartPlan etc.) sind vor allem für Fachhandwerker ausgelegt, die Trinkwasseranlagen möglichst rationell planen, per Massenauszug sicher kalkulieren und bestellen müssen. Die Mehrzahl der Lösungen ist produktübergreifend. Dazu gehören numerische, teilweise auf MS Excel basierende Berechnungsprogramme mit grafischer Darstellung, CAD-Programme mit aufgesetzten Berechnungsmodulen sowie CAE-Lösungen mit integrierter Kalkulation. Die meisten Programme sind inzwischen so einfach bedienbar, dass mit möglichst wenigen Eingaben kleine, aber auch große und komplexe Trinkwasseranlagen ausgelegt werden können. Umfassende Lösungen ermöglichen parallel auch die Planung von Abwasser-, Grauwasser- oder Dachentwässerungsanlagen. Das hat den Vorteil, dass Mehrfacheingaben teilweise vermieden werden können. Insbesondere bei der parallelen Abwasserberechnung entfällt eine umständliche erneute Eingabe oder Datenübernahme. Dieser Rationalisierungsvorteil macht sich noch stärker bei nachträglichen Änderungen am Trink- und Abwassersystem bemerkbar. Nicht alle Programme berücksichtigen bei der Berechnung und Trassenführung die nach EnEV erforderliche Dämmung von Trinkwasserleitungen, die gemäß DIN 1988-200 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (Teil 200): Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe“ auch für Kaltwasserleitungen vorgeschrieben ist. Werden auch die anderen haustechnischen Gewerke mit derselben Software eines Herstellers geplant, sind auch gewerkübergreifende Kollisionskontrollen möglich. Auch hier sind Komplettlösungen also im Vorteil.

Fazit

Ohne PC geht es nicht, ohne Fachwissen aber auch nicht!
Die Präzision und Detailtiefe des in der DIN 1988-300 vorgegebenen Berechnungsverfahrens hat zur Folge, dass zahlreiche Daten in die Trinkwassernetz-Dimensionierung einfließen und viele Zusammenhänge und Abhängigkeiten berücksichtigt werden müssen. Das hat dazu geführt, dass eine Berechnung von Hand aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr vertretbar und zu fehleranfällig ist. Trotz zunehmend einfacher und intuitiver Bedienung sollten Anwender jedoch über Fachwissen verfügen, um die Rechenergebnisse einschätzen und kritisch hinterfragen zu können.

Produkte und Anbieter *

AX 3000 Sanitär (www.ax3000-group.de), DDS-CAD SHKL (www.dds-cad.de), Dendrit Studio (www.dendrit.de), Geberit ProPlanner (www.geberit.com), Haustech-CAD Sanitär (www.bausoft.ch), HSE (www.uponor.de), HT2000-CAE Rohrnetz Trinkwasser DIN 1988 (www.willms.de), liNear Analyse Potable Water (www.linear.de), mh-SanCALC (www.mh-software.de), pit-CAD Heizung-Sanitär (www.pit.de), Plancal nova CAD-Software (www.plancal.com), RAUCAD (www.rehau.de), RUCON-HSR (www.tacos-gmbh.de), Sanitär Professional (www.cats-software.com), Trinkwasserinstallation DIN 1988-300 (www.sss2000.de), Trinkwassernetz DIN 1988-300 (www.solar-computer.de), Viptool Engineering (www.viega.de), Wasser 3D Plus (www.hottgenroth.de), ZVPLAN Trinkwasser (www.consoft.de)

* Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit!

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